Der Prozess zur Tötung von George Floyd beginnt am Montag.

Foto: AFP / KEREM YUCEL

Minneapolis – Fast ein Jahr nach der Tötung des unbewaffneten Afroamerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz beginnt in den USA der Prozess gegen den weißen Hauptangeklagten Derek Chauvin. Dem früheren Polizisten wird unter anderem Mord zweiten Grades vorgeworfen, worauf im Bundesstaat Minnesota bis zu 40 Jahre Haft stehen. Das Verfahren beginnt am Montag unter schweren Sicherheitsvorkehrungen in Minneapolis.

Hauptverfahren soll am 29. März beginnen

Der Prozess beginnt am Montag mit der Auswahl der Jury. Allein drei Wochen sind angesetzt, um die zwölf Geschworenen und ihre vier Stellvertreter auszuwählen. Es dürfte schwierig werden, in Minneapolis unvoreingenommene Bürger zu finden, die über einen Fall zu Gericht sitzen sollen, der die ganze Nation erschüttert hat.

Der 46-jährige Floyd war am 25. Mai in Minneapolis bei einer brutalen Festnahme getötet worden. Chauvin drückte sein Knie mehr als acht Minuten lang in Floyds Hals, während dieser flehte, ihn atmen zu lassen. Floyd verlor der Autopsie zufolge das Bewusstsein und starb an Ort und Stelle.

Ungewöhnliche Fragen

Vergangenes Jahr hatte das Gericht möglichen Geschworenen einen ungewöhnlich detaillierten, 16 Seiten starken Fragebogen geschickt. Sie wurden unter anderem gefragt, ob sie das Video von Floyds Tod kennen und was sie von der Black-Lives-Matter-Bewegung halten. Auch ob die potenziellen Geschworenen an den Protesten teilgenommen haben, interessierte das Gericht.

Chauvins Verteidiger können 15 Geschworene ablehnen, die Staatsanwaltschaft neun. Sollte eine Seite den Verdacht hegen, dass die andere Seite einen Kandidaten oder eine Kandidatin aufgrund von Hautfarbe, Ethnie oder Geschlecht infrage stellt, kann sie den Richter auffordern, dies zu überstimmen. Einige Juristen befürchten, dass der Jury keine Schwarzen angehören werden. In der Öffentlichkeit könnte ein unter solchen Voraussetzungen gefälltes Urteil seine Glaubwürdigkeit einbüßen.

Proteste über Landesgrenzen hinaus

Floyds Tod hatte über Monate hinweg zu Massenprotesten gegen Polizeigewalt und Rassismus geführt. Auch in vielen anderen Ländern demonstrierten Menschen. In Wien machen rund 50.000 Menschen einen Black-Lives-Matter-Protest zu einer der größten Demonstrationen seit Jahren.

Der Tod von George Floyd fachte die Debatte über rassistische Polizeigewalt in den USA an.
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Chauvin, der nach dem Vorfall entlassen wurde und später auf Kaution freikam, wird Mord zweiten Grades ohne Vorsatz vorgeworfen. Er muss sich zudem wegen Totschlags zweiten Grades verantworten, was mit zusätzlich zehn Jahren Haft geahndet werden könnte. Die Staatsanwaltschaft will ihn auch wegen Mordes dritten Grades anklagen, worauf nochmals 25 Jahre stehen könnten. Der Richter muss dem noch zustimmen.

Den übrigen drei an dem Einsatz beteiligten Ex-Polizisten wird Beihilfe zur Last gelegt. Sie müssen sich in einem separaten Verfahren ab 23. August vor Gericht verantworten. (APA, red, 8.3.2021)