Weltweit dürften 650 Millionen Frauen und Mädchen im Kindesalter verheiratet sein. In Österreich sind jährlich 200 von Zwangsehen gefährdet oder betroffen.

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In den vergangenen zehn Jahren sank die Zahl der Kinderehen um etwa 15 Prozent.

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New York / Wien – Am Internationalen Frauentag warnt Unicef, dass eine Errungenschaft des letzten Jahrzehnts – die Verhinderung von 25 Millionen Kinderehen – durch Corona ernsthaft bedroht sei. Zehn Millionen zusätzliche Kinderehen könnten bis zum Ende des Jahrzehnts geschlossen werden, so eine Analyse, die Unicef laut Aussendung am Montag veröffentlicht. In Österreich sind laut Regierung jährlich 200 Kinder von Zwangsehe betroffen.

"Covid-19 hat eine bereits schwierige Situation für Millionen von Mädchen noch schlimmer gemacht", betonte Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. "Geschlossene Schulen, Isolation von Freundinnen und Freunden und Unterstützungsnetzwerken sowie steigende Armut haben Öl in ein Feuer gegossen, das die Welt ohnehin bereits kaum löschen konnte. Aber wir können und wir müssen die Kinderheirat vollständig abschaffen", so Fore.

Geschlossene Schulen als Problem

Covid-19 hat gemäß dem Uno-Kinderhilfswerk tiefgreifende Auswirkungen auf das Leben von Mädchen. Pandemiebedingte Reisebeschränkungen und räumliche Distanz erschwerten Mädchen den Zugang zu medizinischer Versorgung, sozialen Dienstleistungen und gemeinschaftlicher Unterstützung, die sie vor Kinderehen, ungewollter Schwangerschaft und geschlechtsspezifischer Gewalt schützen. Da die Schulen geschlossen bleiben, sei es wahrscheinlicher, dass Mädchen ihre Ausbildung abbrechen und nicht zum Unterricht zurückkehren werden. Arbeitsplatzverluste und erhöhte wirtschaftliche Unsicherheit könnten Familien auch dazu zwingen, ihre Töchter zu verheiraten, um die finanzielle Belastung zu verringern.

Fore forderte sofortige Maßnahmen, um das Risiko von Zwangsheiraten zu verringern. "Durch die Wiedereröffnung von Schulen, die Umsetzung wirksamer Gesetze und Politiken, die Sicherstellung des Zugangs zu Gesundheits- und Sozialdiensten – einschließlich geschlechtsspezifischer und fortpflanzungsmedizinischer Gesundheitsdienste – und die Bereitstellung umfassender sozialer Schutzmaßnahmen für Familien können wir das Risiko eines Mädchens, dass ihr ihre Kindheit durch Kinderheirat gestohlen wird, deutlich verringern", so Fore.

200 Betroffene in Österreich

Weltweit wurden schätzungsweise 650 Millionen heute lebende Mädchen und Frauen im Kindesalter verheiratet, etwa die Hälfte davon in Bangladesch, Brasilien, Äthiopien, Indien und Nigeria. In den letzten zehn Jahren war der Anteil junger Frauen, die als Kinder verheiratet wurden, weltweit um 15 Prozent gesunken. Das entspricht etwa 25 Millionen Ehen, die verhindert werden konnten, so Unicef.

Laut Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) gibt es in Österreich jährlich 200 von Zwangsehe gefährdete oder betroffene Mädchen und Frauen. Die Dunkelziffer dürfte laut Experten jedoch weitaus höher sein, so Raab am Freitag in einer Aussendung. (APA, 8.3.2021)