Früh aufstehen muss Michael Baldauf, CDU-Kandidat in Rheinland-Pfalz, wenn er doch noch Malu Dreyer an der Spitze des Bundeslands ablösen will. Bisher sagen Umfragen der SPD-Ministerpräsidentin eher eine Neuauflage ihrer rot-grün-gelben Koalition voraus.

Für rund ein Fünftel aller Wahlberechtigten in Deutschland bringt der kommende Sonntag etwas Abwechslung in den Corona-Trott. Dann nämlich werden sie das erste Mal in diesem Jahr an die Wahlurnen gerufen. Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bestimmen an diesem Tag ihre neuen Landesregierungen, und im Bundesland Hessen stehen Kommunalwahlen an. Aber auch für die Bundesparteien ist das Wochenende schon mit einiger Spannung verbunden.

Der neue CDU-Chef Armin Laschet muss sich dabei womöglich gleich auf die ersten beiden Niederlagen einstellen. In beiden Bundesländern, einst schwarze Kernländer, stehen laut Umfragen eher keine Siege der CDU an. In Baden-Württemberg wird stattdessen mit einem erneuten Sieg der Grünen unter Ministerpräsident Winfried Kretschmann gerechnet. Und in Rheinland-Pfalz galt es zuletzt wieder als gut möglich, dass Regierungschefin Malu Dreyer von der SPD ihre Arbeit mit Grünen und FDP wird fortsetzen können.

Sieger trotz Verlusten?

Zumindest dann, wenn die Umfragen jeweils stimmen. Bis zu 35 Prozent sagen sie in Baden-Württemberg dem grünen Landesvater Kretschmann voraus, dessen eher bürgerliche Öko-Haltung auch weit bis in konservative Kreise ausstrahlt. Dies sehr zum Schaden der CDU, die in dem Land, in dem sie von 1952 bis 2011 immer den ersten Platz erzielt hatte, nun bei nur noch rund 25 Prozent landen könnte. Geringere Verluste drohen der zweiten Berliner Regierungspartei, der SPD, in Stuttgart – allerdings auf ohnehin schon katastrophalem Niveau. Sie könnte von zwölf auf etwa zehn Prozent fallen.

Das wäre ein kleinerer Prozentverlust als jener, der ihr in Rheinland-Pfalz droht. Ministerpräsidentin Dreyer muss damit rechnen, von 36 auf 30 bis 33 Prozent abzusinken. Weil aber die Grünen auch in Mainz dazugewinnen sollten und auch die FDP vermutlich im Landtag bleibt, kann es gut sein, dass ihre rot-grün-gelbe Koalition Bestand haben wird. Das gilt auch deshalb, weil die CDU ebenfalls eher Stimmen verlieren dürfte.

Die SPD sucht ihre Identität

Für die Sozialdemokraten wäre es ein wichtiges Symbol, den Regierungssitz im nach Bevölkerung sechsgrößten deutschen Bundesland behalten zu können. Bundesweit sind die Umfragen ja weiterhin eher mau, die Sozialdemokraten müssen damit rechnen, bei der Wahl am 26. September noch unter ihren historischen Tiefstand vom letzten Mal (20,5 Prozent) zu fallen und auch von den Grünen überholt zu werden. Eine als Wahlkampfauftakt geplante Veranstaltung in der Vorwoche mit den Parteispitzen Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans sowie Spitzenkandidat Olaf Scholz geriet medial schnell wieder in den Hintergrund.

Stattdessen dominiert zur Unzeit ein Streit über den Wert, den die Sozialdemokraten Minderheitenrechten einräumen, die Schlagzeilen. Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse hatte ihn mit einer Kritik an "linker Identitätspolitik" in der konservativen Zeitschrift "Cicero" und in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" angefacht. Seit einer Replik von Esken und dem ehemaligen Juso-Chef Kevin Kühnert schwelt er erst recht.

Rechts und Linke nicht im Fokus

Wenig Erwartung müssen die verbliebenen beiden Bundestagsparteien den beiden Wahlen zumessen: Linke und AfD dürfen nicht damit rechnen, massiv zu reüssieren. Für die AfD wäre das vor allem in Baden-Württemberg schmerzhaft. Rund elf Prozent sagen die Umfragen der Partei voraus, das wären vier Prozentpunkte weniger als bei der letzten Wahl. Damals hatte die Partei, die dem Verfassungsschutz vorübergehend als Verdachtsfall für Rechtsextremismus galt, mit rund 15 Prozent ihr bestes Ergebnis in einem westdeutschen Bundesland geholt. Auch in Rheinland-Pfalz drohen Verluste. Die Link hingegen war schon bisher in beiden Landesparlamenten nicht vertreten und wird es wohl auch nach dem Sonntag nicht sein.

Für alle jedenfalls ist es eine erste Vorausschau auf ein ungewöhnliches Wahljahr. Aufmerksamkeit gilt dabei natürlich auch der Rolle, die die Pandemie in dem allen spielt, unter deren Vorzeichen erstmals ein wirklich großer Wahlsonntag stattfindet. Danach wird auch geklärt sein, ob die Umfragen in Zeiten eines ungewöhnlich großen Briefwahlanteils mit derselben Verlässlichkeit arbeiten wie sonst meistens in Deutschland. Einen weiteren Vorausblick liefert dann Anfang Juni die Wahl in Sachsen-Anhalt. Auch danach können die Parteien aber noch Lehren ziehen. Denn Superwahlsonntag ist erst am 26. September. Dann wird nicht nur die Bundestagswahl entschieden, sondern auch Landtagswahlen in Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen. (mesc, 8.3.2021)