Immerhin: Bei der ersten, von der Opposition begehrten, Sondersitzung des Nationalrats zum internationalen Frauentag spielt Sebastian Kurz (ÖVP) nicht ein einziges Mal mit seinem Handy herum. Dennoch braucht es nur wenige Minuten, bis der Kanzler Rot und Blau gegen sich aufbringt. Doch dazu später.

Montagmittag ist im Parlament als erste Rednerin SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner am Wort: Nach einem Jahr Pandemie konstatiert sie, dass das Coronavirus auch "ein Brandbeschleuniger" in Sachen Ungleichheit sei – in gesellschaftlicher, wirtschaftlicher wie sozialer Hinsicht. Zwar seien zwei Drittel aller systemrelevanten Berufe – also in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Supermärkten – von Frauen besetzt, rechnet Rendi-Wagner vor, doch nun seien sie überproportional von Arbeitslosigkeit betroffen, ihre schon davor bestehende Mehrfachbelastung habe sich mit Homeschooling, der Pflege von Angehörigen und Hausarbeit weiter gesteigert – und zu alledem komme ein 40-prozentiger Anstieg der Anrufe bei den Gewalthotlines.

Für die SPÖ-Chefin ist der Frauentag kein Tag der Feierlichkeiten, sondern ein Tag des Kampfes für mehr Gerechtigkeit. Rendi-Wagner & Co fordern daher mit einem dringlichen Antrag ein Konjunkturpaket speziell auch für Arbeitnehmerinnen sowie mehr Geld für Kinderbetreuung und Gewaltschutz.

SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek forderte am Frauentag mehr Engagement von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) – doch der setzte im Nationalrat ein anderes Thema und las den Freiheitlichen – ohne sie zu nennen – die Leviten.
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Kanzler Kurz hält ihr entgegen, dass das Frauenbudget um fast 50 Prozent gesteigert worden sei, dazu gebe es ein Rekordbudget für den Arbeitsmarkt und den Wiedereinstieg – und bei den Hilfen sei Österreich sowieso "Weltspitze". Weil viele Frauen auch in der derzeit geschlossenen Gastronomie und Hotellerie tätig seien, hoffe er auf eine baldige Normalisierung der Corona-Situation.

Hooligan-Mentalität

Zum Abschluss wendet sich der Kanzler mit einer Rüge in Richtung der blauen Ränge, wo FPÖ-Klubchef Herbert Kickl sitzt, der am Wochenende mit einer Rede die Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen der Regierung zusätzlich angeheizt hat: Kurz prangert die "Sieg Heil!"-Rufe im zweiten Wiener Bezirk an und die "Hooligan-Mentalität", die zu einem verletzten Wachmann geführt habe: "Es widert mich an. So etwas sollte in Österreich keinen Platz haben!"

Mehr hat es nicht gebraucht. Im FPÖ-Sektor wird es laut, was das solle. Aber auch SPÖ-Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek macht Kurz Vorhalte: Bei unzähligen Pressekonferenzen hätte er Zeit gehabt, seine Haltung zu diesen Demonstrationen kundzutun – aber nein, nach "sieben Minuten" Redezeit zum Weltfrauentag besinne er sich darauf. "Das ist respektlos!", ruft Heinisch-Hosek in den Saal. Auch für die FPÖ-Abgeordnete Rosa Ecker hat Kurz gezeigt, wie wenig wichtig ihm Frauenanliegen seien.

Türkise Provokationen

Mit Fortschreiten der Debatte wird es noch hässlicher. ÖVP-Mandatarin Elisabeth Pfurtscheller hält der SPÖ vor, dass sich ihr Kanzler Bruno Kreisky "im Grab umdrehen" würde, wenn er sehen könnte, dass die SPÖ nicht klatsche, wenn Kurz gegen Antisemitismus auftrete. Und überhaupt: "Der Bundeskanzler kann sprechen, worüber er will! Dazu hat er das Recht und muss sich nicht von Ihnen kritisieren lassen!"

Auch Grünen-Klubchefin Sigrid Maurer verteidigt Kurz' Abschweifen vom Thema, denn: Überall dort, wo Antisemiten und Neofaschisten aufmarschierten, spiele auch antifeministische Politik eine Rolle, erklärt sie.

Bis Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) am Wort ist, hat sich der Saal einigermaßen beruhigt. Ihre Frohbotschaft zum Tag lautet: Eine Förderinitiative für naturwissenschaftliche Berufe werde nun mit 1,3 Millionen Euro dotiert, denn: Sie möchte, "dass jedes Mädchen in Österreich weiß, dass es werden kann, was es will!". (Nina Weißensteiner, 8.3.2021)