Der Bursche war sich nicht zu schade, angesichts zahlreich erschienener Influencer und Blogger in fetzigem Outfit den Berufsjugendlichen zu mimen, Anfang 2020 zur Eröffnung des Cupra-Hauptquartiers im Seat-Stammwerk Martorell, unweit von Barcelona. Wayne Griffiths war damals Geschäftsführer der neuen Marke Cupra und überhaupt seit dem Jahr 2016 Vertriebschef bei Seat. Heute leitet er als Seat-Chef den ganzen Laden, hat als solcher mittelbar den heutigen Renault-Chef Luca de Meo beerbt, und er ist schon einmal eines nicht: ein klassischer Anzugtyp, wie sonst in dieser Branche und diesen Managementregionen allgemein üblich. Schlips? Nein danke.

Griffiths ist ein legerer Typ mit Gespür, auch für (Wohn-)Design und junge Mode.
Foto: Seat/Houdek

Mit Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess versteht er sich dem Vernehmen nach trotzdem gut, und der hat da so eine Vorstellung. Cupra, das wär doch was, solle eigentlich, angesichts der Stärken dieser Marke in den Bereichen Innovation und Design, auch zu einem Tesla-Gegner werden. Na ja, nicht ganz alleine, sondern neben Audi.

Vor diesem Hintergrund stellt Griffiths den Laden präziser auf. Seat ist künftig für das Gesamtsortiment zuständig – vom konventionellen verbrennungsmotorischen Antrieb bis zum E-Mobil. Cupra hingegen, zunächst als Perfomance-Label initiiert, wird zum rein elektrifizierten (Plug-in-Hybrid), besonders aber batterieelektrischen Hersteller. Der BEV-Auftakt erfolgt noch heuer mit dem Born, der Prozess soll bis 2025 abgeschlossen sein und die junge Marke sich dann auch, preislich wie im Produktportfolio, zwischen VW und Audi positionieren.

Marken entwickeln

Dass er die Marken entwickeln kann, traut man ihm hausintern und in Expertenkreisen uneingeschränkt zu. Und dass gerade das einstige Dauersorgenkind Seat angesichts des Absatzeinbruchs im wichtigen spanischen Heimatmarkt besonders unter den Corona-Folgen zu leiden hat, sehen Fachleute als vorübergehende Erscheinung.

Übrigens, Audi? Das ist beinahe eine Rückkehr zu den Wurzeln. Der Mittfünfziger hat praktisch die gesamte berufliche Karriere im VW-Konzern verbracht, die meiste Zeit davon bei Audi, wo er im Wendejahr 1989 in Ingolstadt seinen Einstand feierte. Ein kurzes Intermezzo hatte er 1991 bis 1993 bei: richtig geraten, Seat. Danach übernahm er bei Audi diverse Leitungsfunktionen im neu gegründeten Vorstandsbereich Vertrieb und Marketing und arbeitete sich sukzessive weiter hoch.

Ganz wichtig: Griffiths ist ein klassischer Vertriebsmann. Versteht die Sorgen der Importeure und Händler in den diversen nationalen Märkten und weiß ganz genau, wann und wo geflunkert wird oder ob es wirklich drückt.

Das liegt dem Engländer gewissermaßen in den Genen. Geboren 1966 in Dukinfield östlich von Manchester, lernte er das Handwerk im Autohaus der Eltern und studierte dann in Leeds internationales Management und Deutsch. Denn es zog ihn nach Deutschland, ins Zentrum der europäischen Autoindustrie.

Für sein Standing im Konzern kommt ihm auch die persönliche wirtschaftliche Situation zugute. Der elterliche Hintergrund sowie in der Folge diverse Investments in Londoner Immobilien machen ihn von Boni unabhängig, Druck über diese Schiene, kommentieren Vertraute, sei eher schwer auszuüben.

Faible für Gin

Griffiths ist überzeugter Europäer, spricht neben Deutsch fließend Spanisch – und hat vor lauter Grimm über den Brexit seine Staatsbürgerschaft zugunsten der deutschen zurückgelegt. Eine Steilvorlage für österreichische Freunde, die meinten: Jetzt bist du auch ein Piefke. Das quittierte der Neudeutsche, vom ganzen Habitus her so waschecht ein Engländer, mit Heiterkeit. Wie man hört, ist er beim Humor ohnehin ganz auf der süddeutsch-österreichischen Linie, weniger auf der steifen der Niedersachsen.

Griffiths gilt zudem als sattelfest bei (Wohn-)Design und jungen Modelabels, er schätzt beim Essen das Experimentelle, wo ihm die quirlige katalanische Metropole Barcelona entgegenkommt, ist Fan von David Bowie (er mag auch die Kinks), und er pflegt eine gewisse Leidenschaft für Uhren und Oldtimer. Der Vater zweier erwachsener Kinder – seine Frau starb schon früh – ist zudem motorsportaffin und auch selbst ein exzellenter Fahrer. Sonstige sportliche Aktivitäten beschränken sich hauptsächlich auf Stand-up-Paddeln, am Klopeiner See in Kärnten beispielsweise.

Apropos Kärnten: Der Ex-Brite hat ein wenig ein Faible für Gin, arbeitet mit einem Kärntner Schnapsbrenner an einem eigenen, einem Wayne-Gin, und dabei ergab sich ein (inzwischen gelöstes) Problem: Über John Wayne ist der Name eigentlich markenrechtlich geschützt. Griffiths kopfschüttelnder Kommentar: "Ich werde da wohl noch meinen Namen draufschreiben dürfen."

Bei Seat und Cupra darf er den nicht draufschreiben, den Marken aber seinen Stempel aufdrücken. Auf geht’s zum Tesla-Ärgern. (Andreas Stockinger, 17.03.2021)