"Mit einer peinlichen Begebenheit am Bildschirm kann ich leider nicht dienen, weder mit einem Nackedei noch mit einem bellenden Hund." Karola Kraus

Foto: Katharina Gossow

"Während des ersten Lockdowns waren lediglich die systemrelevanten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz, also jene, die für die Sicherheit und den eigentlichen Betrieb zuständig sind. Bei den nachfolgenden Lockdowns waren nur noch jene des Besucherservice in Kurzarbeit. Alle anderen haben auf Hochtouren im Homeoffice gearbeitet. Die Büros sind, wenn überhaupt, nur mit einer Person besetzt. Man wechselt sich einfach ab, was sehr gut funktioniert.

Ich war nie im klassischen Homeoffice, wenn man davon absieht, dass ich sowieso immer arbeite, also im Büro und zu Hause. Für mich ist es sehr wichtig, im Museum zu sein und die Stellung zu halten. Ich sehe mich als eine Art Kapitänin eines Schiffes. Außerdem würde mir zu Hause die Decke auf den Kopf fallen.

Strukturiert

Mein Büro im Museum ist ein idealer Arbeitsplatz. Es ist lichtdurchströmt, verfügt über viele Fenster. Auf meinem Schreibtisch steht ein sehr großer Bildschirm. Es gehört zu meiner Arbeitsphilosophie, alles vom Tisch wegzuräumen, wenn ich das Büro verlasse. Nur der Bildschirm sowie meine Blumen und mein Telefon dürfen bleiben.

Dadurch kann ich mich jeden Morgen aufs Neue strukturieren. Da ich abgesehen von Schlafen, Spazieren und ein bisschen Sport so gut wie immer arbeite, ist natürlich auch meine Wohnung, die übrigens nur fünf Gehminuten vom Museum entfernt liegt, ein idealer Arbeitsplatz. Das heißt, sie birgt gleich mehrere Arbeitsplätze.

Ich arbeite sehr gern an meinem Esstisch, an meinem Schreibtisch in der Bibliothek, oder ich recherchiere auf der Couch. Aufgrund der digitalen Möglichkeiten ist das ja alles wunderbar möglich.

Apropos digital: Zwei Tage in der Woche sind fix für Videositzungen mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eingeplant. Diese dauern von morgens bis abends. Hinzu kommen Jurysitzungen, Bundesmuseenkonferenzen oder Gespräche mit Künstlerinnen und Künstlern sowie Zoom-Zusammenkünfte mit unseren Board-Mitgliedern etc. Es gibt durchaus Tage, an denen ich nur am Bildschirm sitze. Ich würde meinen, das Virtuelle macht momentan circa 70 Prozent meiner Arbeitszeit aus.

Gestylt

Mit einer peinlichen Begebenheit am Bildschirm kann ich leider nicht dienen, weder mit einem Nackedei noch mit einem bellenden Hund. Wäre doch schön, wenn mal so was passiert wäre. Aber das kann ja noch werden. Meine Gegenüber sind immer sehr gesittet. Dazu fällt mir ein, dass es mir ein Bedürfnis ist, jederzeit angemessen gestylt in eine Sitzung zu gehen. Das gilt auch für meine Freizeit. In einer Jogginghose werden Sie mich nicht erwischen. Auch nicht im Homeoffice.

Aufgrund der Krise haben wir sehr viele Online-Formate entwickelt. Um gerade in diesen schwierigen Zeiten ein Zeichen zu setzen und allen Interessierten freien Zugang zu unseren Inhalten zu ermöglichen, steht unser digitales Kunstvermittlungsprogramm bis auf weiteres kostenfrei zur Verfügung. Wir bemühen uns, hier möglichst divers aufzutreten, und adressieren über unterschiedliche Formate auf verschiedenen Kanälen sehr unterschiedliche Zielgruppen.

Seit der Wiederöffnung des Museums konnten wir feststellen, dass sich unser Publikum unglaublich verjüngt hat. Das ist fantastisch. Als ich mich am vergangenen Wochenende im Museum aufhielt, um zu beobachten, wie der Besucherbetrieb funktioniert, war ich über das extrem junge und disziplinierte Publikum erstaunt. Ich kann Ihnen sagen, so ein leeres Museum, wie ich es während der Lockdowns mehrfach erlebt habe, erzeugt ein sehr befremdendes Gefühl. Und Traurigkeit." (Michael Hausenblas, RONDO, 15.3.2021)