Wien – In wenigen Tagen jährt sich der Beginn des ersten Lockdowns in Österreich zum ersten Mal. Das Griss um das Klopapier ist lange vorbei, und auch Hobbybäcker kommen längst wieder zu ihrem Germ. Nichtsdestotrotz hätten die Folgen der Hamsterkäufe im Vorjahr gezeigt, wie schnell Supermarktregale leer sein können, warnten ÖVP und Bauernbund am Montag. Aus ihrer Sicht sei die Europäische Union nicht ausreichend auf solche Ereignisse vorbereitet gewesen. Die Bauernvertreter haben daher eigene Forderungen für den EU-Notfallplan für mehr Lebensmittelsicherheit formuliert.

Im März vor einem Jahr waren die Regale in Supermärkten kurzzeitig gut geleert.
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Das vorgeschlagene Zehnpunktepaket ist nicht bescheiden: Landwirtschaft, Saisonarbeiter und Lebensmittelindustrie sollen auch außerhalb von Krisenzeiten als kritische Infrastruktur festgelegt werden. Darüber hinaus sollen kurzfristige Zollerhöhungen oder zeitlich begrenzte Importstopps eine Preisstabilisierung in Krisenzeiten bringen; Lebensmittel Vorrang auf Europas Straßen genießen. Die Bauernvertreter fordern zudem einen Notfallfonds außerhalb des Agrarbudgets und den Ausbau landwirtschaftlicher Versicherungen.

Kritik am Green Deal

"Statt Freihandel um jeden Preis brauchen wir Sicherheit und Freiheit durch die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln", sagte Niederösterreichs Bauernbundobmann Stephan Pernkopf am Montag. Er kritisierte nicht nur das geplante Mercosur-Abkommen mit vier südamerikanischen Staaten, sondern auch den Green Deal der EU. Dieser könne durch eine Reduktion der Anbauflächen dazu führen, dass die Lebensmittelproduktion innerhalb der Union sinkt. Das würde wiederum Tür und Tor für Produkte aus Übersee öffnen, wo ProduktionsStandards und ökologischer Fußabdruck nicht kontrolliert werden könnten, warnte Pernkopf.

Durch den Green Deal soll der Anteil an ökologischer Landwirtschaft innerhalb der Union erhöht werden. Das EU-Klimapaket sieht zudem eine Reduktion von Pestiziden und Düngemitteln vor. Während Grüne und Umweltschützer das Paket vorwiegend begrüßen, stemmen sich Agrarvertreter zunehmend gegen den Deal.

Die Lösung für eine intakte Lebensmittelversorgung liegt aus Sicht von ÖVP und Bauernbund auf der Hand: Ein Rückbesinnen auf heimische Agrarprodukte sei angebracht. Das Bewusstsein für regionale Lebensmittel sei auch bei Konsumenten angekommen, sagte Pernkopf und zitierte Zahlen der Agrarmarkt Austria. Diesen zufolge ist der Ab-Hof-Umsatz im Vorjahr um ein Viertel gestiegen; ein Umsatzplus gab es auch auf Bauernmärkten.

Nur Glyphosat-Teilverbot?

Nicht nur im Palais Niederösterreich ging es am Dienstag um die Landwirtschaft, sondern auch ein paar Meter weiter im Parlament. Dort brachten ÖVP und Grüne einen Antrag auf ein Glyphosat-Teilverbot ein, im Mai soll darüber abgestimmt werden. Statt eines Totalverbots soll die Verwendung des Unkrautvernichtungsmittels nur an sensiblen Orten wie Kinderspielplätzen oder Parks sowie im Privatbereich untersagt werden. Umweltschutzorganisationen orten ein "umweltpolitisches Armutszeugnis". Für den SPÖ-Politiker Jörg Leichtfried sind die Grünen "endgültig vor der ÖVP-Agrarlobby eingeknickt". (lauf, 8.3.2021)