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Carles Puigdemont, EU-Abgeordneter und früherer Regionalpräsident von Katalonien, blickt in eine ungewisse Zukunft.

Foto: AP / Olivier Matthys

Brüssel – Der ehemalige Regionalpräsident Kataloniens, Carles Puigdemont, und zwei seiner Mitstreiter für die Unabhängigkeit der Region von Spanien verlieren ihre Immunität als EU-Abgeordnete. Das EU-Parlament stimmte am Montagabend für den Immunitätsentzug, wie am Dienstagmorgen bekanntgegeben wurde. Den Katalanen droht nun die Auslieferung an die spanischen Behörden.

Puigdemont und sein ehemaliger Gesundheitsminister Toni Comín hatten sich nach dem von Madrid unterbundenen katalanischen Unabhängigkeitsprozess im Oktober 2017 nach Belgien abgesetzt, um der Strafverfolgung zu entgehen. Kataloniens Ex-Kulturministerin Clara Ponsatí floh nach Schottland. 2019 wurden alle drei ins EU-Parlament gewählt.

EU-Parlament: Sache der nationalen Justiz

Die spanische Außenministerin Arancha González Laya erklärte, die Entscheidung des EU-Parlaments sei ein "Zeichen des Respekts für das spanische Justizsystem". Ein EU-Abgeordneter könne nicht seine Funktion nutzen, um sich davor zu schützen, vor einem Gericht in seiner Heimat zu erscheinen. "Die Probleme in Katalonien werden in Spanien gelöst, nicht in Europa", sagte die Ministerin. Die Lösung solle durch Dialog gefunden werden.

Das Europäische Parlament erklärte, es sei Sache der jeweiligen nationalen Justiz, über Strafverfahren zu entscheiden. Belgien hat bisher die Forderung Spaniens nach Auslieferung zurückgewiesen. Im Jänner verweigerte ein belgisches Gericht die Auslieferung von Lluís Puig, der ebenfalls als Separatist der katalanischen Regierung angehört hatte. Ihm war – wie auch Puigdemont – Missbrauch öffentlicher Mittel vorgeworfen worden.

"Wir werden nicht aufgeben", erklärte Puigdemonts Partei Junts nach dem Votum der EU-Abgeordneten per Twitter. "Der politische Konflikt zwischen Katalonien und Spanien ist keine interne Angelegenheit mehr. Wir haben ihn ins Herz Europas gebracht, um die Unterdrückung und die politische Verfolgung des spanischen Staates weiterhin anzuprangern."

Grüne und Linke gegen Aufhebung der Immunität

Ponsatí schrieb nach Bekanntgabe des Abstimmungsergebnisses auf Twitter, dieses gebe ihr Hoffnung und Kraft für den nächsten Kampf. Das Parlament hatte zwar mit einer Mehrheit von jeweils etwa 400 Abgeordneten für die Aufhebung der Immunität der drei Unabhängigkeitsbefürworter gestimmt, doch knapp 250 Abgeordnete stimmten dagegen, mehr als 40 enthielten sich. Bei zwei weiteren Abstimmungen im Parlament über die Aufhebung der Immunität von Abgeordneten fiel die Mehrheit am Dienstag deutlich größer aus.

Konservative, Sozialdemokraten und Liberale im EU-Parlament hatten ihre Abgeordneten aufgerufen, bei der geheimen Abstimmung für eine Aufhebung der Immunität zu stimmen. Die Fraktionen der Grünen und der Linken waren dagegen.

Langjährige Haftstrafen drohen

Spanien bemühte sich seit Jahren vergeblich um die Auslieferungen. Mehrere Versuche schlugen bereits fehl. Wegen ihrer Abgeordnetenimmunität konnten die belgischen und schottischen Behörden zuletzt über die aktuellen Gesuche noch nicht befinden.

In Spanien drohen den Politikern harte Strafen. Dort gebliebene Mitstreiter für die Unabhängigkeit Kataloniens wurden bereits zu teils langjährigen Haftstrafen verurteilt. Der frühere katalanische Vizepräsident Oriol Junqueras etwa erhielt eine 13-jährige Gefängnisstrafe. Auch er war ins EU-Parlament gewählt worden, konnte sein Mandat wegen der Verurteilung aber nicht antreten. Ob die Behörden die Politiker tatsächlich ausliefern, ist allerdings nach wie vor ungewiss. (APA, 9.3.2021)