Uiguren demonstrierten am Montag erneut vor dem chinesischen Konsulat in der Türkei gegen den Genozid.

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Zum ersten Mal ist ein unabhängiger Bericht von mehr als 50 weltweiten Experten zu dem Schluss gekommen, dass die chinesische Regierung mit ihrem mutmaßlichen Vorgehen gegen die muslimische Minderheit der Uiguren in Xinjiang jede Klausel der Genozidkonvention der Vereinten Nationen gebrochen hat.

Der Bericht wurde am Montag von dem Thinktank Newlines Institute for Strategy and Policy in Zusammenarbeit mit dem Raoul Wallenberg Centre for Human Rights veröffentlicht. Die Experten aus den Bereichen Menschenrechte, Kriegsverbrechen und internationales Recht kommen darin zu dem Schluss, dass Peking "die staatliche Verantwortung für den anhaltenden Genozid gegen die Uiguren trägt und gegen die Genozidkonvention verstößt".

Zwei Millionen Betroffene

Zitiert werden unter anderem Aussagen von hochrangigen Regierungsmitgliedern wie Staatschef Xi Jinping aus dem Jahr 2014, als Peking den "Volkskrieg gegen Terror" in Xinjiang ausrief. Damals war davon die Rede, "jeden zusammenzutreiben, der zusammengetrieben werden soll", und die Uiguren "vollkommen auszulöschen (...) ihre Wurzeln und Äste zu zerstören". Um das zu erreichen, wurden Han-Chinesen zur Kontrolle von Uiguren in die Region umgesiedelt, Frauen im gebärfähigen Alter sterilisiert und Männer im zeugungsfähigen Alter interniert.

Laut Schätzungen wurden bis zu zwei Millionen Uiguren und Angehörige anderer muslimischer Minderheiten in Internierungslager gebracht. Ehemalige Häftlinge erzählten in mehreren Berichten, dass es dort zu Folter, sexueller Gewalt und Gehirnwäsche kommt.

Für den Bericht untersuchten die Experten alle verfügbaren Dokumente seit dem Jahr 2013, als die autonome Uigurenregion Xinjiang die ersten Berichte veröffentlichte. So wurden öffentliche chinesische Statements, durchgesickerte staatliche Berichte und Aussagen von Augenzeugen analysiert. Zudem bedienten sich die Experten offen zugänglicher Forschungsmethoden wie Satellitenbild-Analysen, Informationen aus dem chinesischen Internet und anderer Quellen.

Verteidigung Pekings

China weist die Vorwürfe zurück und verteidigt die Lager als wichtige Zentren, um religiösen Extremismus und Terrorismus zu bekämpfen. Erst am Sonntag sagte Außenminister Wang Yi, dass die Vorwürfe eines Genozids in Xinjiang "nicht absurder sein könnten". In einer ihrer letzten Amtshandlungen sprach die US-Regierung von Donald Trump noch am 19. Jänner offiziell von Genozid, das niederländische und das kanadische Parlament folgten mit ähnlichen Erklärungen im Februar. (bbl, 9.3.2021)