Die Oppositionsparteien SPÖ, FPÖ und Neos sehen in der Causa um die FFP2-Maskenproduktion von Hygiene Austria nur die "Spitze des Eisbergs" zweifelhafter Beschaffungen der türkis-grünen Regierung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Daher wollen sie diesen Vorgängen im "kleinen Untersuchungsausschuss", dem "ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses", auf den Zahn fühlen.

Greiner: "Nur die Spitze des Eisbergs"

Am Dienstag präsentierten die drei Fraktionen ihre Ladungsliste dafür. Der Ausschuss sollte eigentlich am Nachmittag mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) als Auskunftsperson zu seiner ersten Sitzung zusammenkommen. Anschober musste aber absagen, weil er erkrankt ist, wie in der Früh bekannt wurde.

Laut SPÖ-Fraktionsführerin Karin Greiner würden "zumindest zehn bis 15 weitere Termine nötig sein", wenn sich die Dinge "in dieser Dynamik" weiterentwickeln. Mehrere parlamentarische Anfragen, die Licht ins Dunkel hätten bringen sollen, blieben mehr oder weniger unbeantwortet. Auffällig sei jedenfalls, dass oft Firmen in Beschaffungsvorgängen zum Zug gekommen seien, die eine "Nähe" zu Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) aufwiesen.

Wolfgang Zanger (FPÖ), Karin Greiner (SPÖ) und Douglas Hoyos (Neos) bei einer Pressekonferenz mit dem Titel "Start des kleinen Untersuchungsausschusses zu den Corona-Beschaffungen".
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Hoyos: "Pleiten-, Pech- und Pannenserie"

Auch Neos-Fraktionsführer Douglas Hoyos meinte, dass sich die "Pleiten-, Pech- und Pannenserie" der Regierung in der Corona-Krise mittlerweile zu einem "handfesten Skandal" ausgeweitet habe. Für den FPÖ-Abgeordneten Wolfgang Zanger geht es darum, die "Korruptionspartei ÖVP" unter die Lupe zu nehmen. Denn offenbar habe das Virus vielen mit einer Nähe zur Volkspartei als Grundlage dafür gedient, "in die eigenen Taschen zu wirtschaften".

Zu bedenken gab Zanger aber, dass die Möglichkeiten des "kleinen Untersuchungsausschusses" beschränkt seien. Etwa gebe es keine Minderheitsrechte, keine Wahrheitspflicht, und dessen Ende stehe mit Juni fest. "Daher braucht es einen echten U-Ausschuss", verlangte Zanger. Dieser Forderung zeigten sich auch Greiner und Hoyos nicht gänzlich abgeneigt, sie verwiesen aber darauf, dass zunächst der "kleine U-Ausschuss" die Vorarbeit leisten solle.

Auf der am Dienstag präsentierten Ladungsliste finden sich neben den verantwortlichen Ministern unter anderen Vertreter der Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) sowie Generalsekretäre und Sektionschefs der zuständigen Ministerien. Darüber hinaus wollen die Fraktionen den Sonderbeauftragten im Gesundheitsministeriums, Clemens Martin Auer, den Einsatzleiter des Corona-Krisenstabs, Gerald Schimpf, den Bundesrettungskommandanten des Roten Kreuzes, Gerald Foitik, und Gerald Fleischmann als Verantwortlichen für Inserate und Öffentlichkeitsarbeit im Bundeskanzleramt hören. Die SPÖ will auch den verbliebenen Hygiene Austria-Geschäftsführer Tino Wieser vom Minderheitsgesellschafter Palmers laden.

Wieser weist Vorwürfe zurück

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen Hygiene Austria, die einen Teil der Corona-Schutzmasken in China fertigen ließ. Neben dem Verdacht des schweren gewerbsmäßigen Betrugs geht die Staatsanwaltschaft auch dem Verdacht der organisierten Schwarzarbeit nach. Vor einer Woche gab es bei Palmers in Wien sowie am Produktionsstandort in Wiener Neudorf Hausdurchsuchungen. Die Händler nahmen die Masken daraufhin aus dem Verkauf.

Wieser wies in einer Aussendung "jeden Betrugsvorwurf auf das Schärfste zurück". In der "ZiB 2" am Montag sagte er: "Ich bin bis zum heutigen Tag davon ausgegangen, dass unser Anteil an Baumuster und Know-how dafür ausreicht, 'Made in Austria' draufzuschreiben."

Tino Wieser, Geschäftsführer der Hygiene Austria und Vorstand von Palmers, nahm im ORF zu diversen Vorwürfen Stellung.
ORF

Kurzarbeitsgeld für Leihfirma

Am Dienstag kam ein weiterer Vorwurf hinzu. Eine der Leiharbeitsfirmen, mit denen Hygiene Austria zusammenarbeitet, hat Kurzarbeitsgeld bezogen. "Bei meinen Erhebungen hat sich hier mir schon massiv der Eindruck aufgedrängt, dass eben hier Kurzarbeitsgeld möglicherweise zu Unrecht bezogen wurde", sagte die Anwältin Ulla Reisch, die den Konkurs der AD Job Assist GmbH abwickelt, im ORF-Radio.

Die AD Job Assist GmbH ist seit Ende 2020 pleite. Laut "Wirtschaftscompass" wurde der Konkurs Mitte Dezember eröffnet. Wie es in dem Firmenregister heißt, handelt es sich bei der AD Job Assist GmbH laut einer Mitteilung der Finanzbehörde vom 21. Jänner 2021 um ein Scheinunternehmen gemäß Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz.

Auch ein weiterer Partner von Hygiene Austria, Steady Global Partners GmbH, wurde laut "Wirtschaftscompass" vom Finanzministerium als Scheinfirma gemäß Paragraf 8 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz identifiziert. Wie der STANDARD bereits berichtete, gibt es insgesamt vier Personaldienstleister, die für das Gemeinschaftsunternehmen von Lenzing und Palmers gearbeitet haben, teilweise mit schlechter Bonität und zum Teil ohne Gewerbeberechtigung für die Arbeitskräfteüberlassung.

Auch die AK forscht nach

Die Arbeiterkammer hat mit Beginn der Medienberichte über den Maskenproduzenten begonnen, Recherchen anzustellen. Inzwischen habe man ein paar Mitarbeiter gefunden, die bei der Hygiene Austria als Leiharbeitskräfte tätig gewesen seien, erklärte AK-Direktor Christoph Klein am Rande einer Pressekonferenz. Diese Leiharbeitskräfte haben am Mittwoch einen Termin mit der AK, sie wirkten "verängstigt", meinte Klein. Man stehe auch in Kontakt mit der Gewerkschaft, die ebenfalls recherchiere. Einen Betriebsrat gebe es trotz der Betriebsgröße nicht, kritisierte Klein. Nach den Recherchen sei man hoffentlich in ein paar Tagen in der Lage, "Tacheles zu reden".

Wieser weist Vorwürfe zurück, dass die Hygiene Austria nichtangemeldete Leiharbeiter beschäftigt habe. Man habe sich dreier Personalbereitstellungsfirmen bedient und sich jeden Monat Auszüge der Sozialversicherung und des Finanzamts vorlegen lassen, um zu überprüfen, ob alle Mitarbeiter korrekt angemeldet sind. Für die Bezahlung der Leiharbeiter seien ausschließlich die beauftragten Leiharbeitsunternehmen verantwortlich. (red, APA, 9.3.2021)