Die Hefe soll als Ersatz für herkömmliche Futtermittel wie Sojamehl oder Fischmehl positioniert werden.

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Wien – Das Privileg, sich von Kohlendioxid zu ernähren, hat die Natur den Pflanzen und manchen Bakterien vorbehalten. Im Rahmen des Projekts Carbofeed ist es Wissenschaftern an der Universität für Bodenkultur allerdings gelungen, einem Hefestamm diese Ernährungsart "beizubringen".

Die speziell designte Hefe befindet sich dazu in gläsernen, mit einem flüssigen Nährmedium gefüllten Bioreaktoren, in denen exakt definierte Bedingungen herrschen. In diese Reaktoren wird Kohlendioxid und Luft eingeblasen. Die Hefe kann den Kohlenstoff in ihre Biomasse einbauen und wächst somit. Als Energiequelle, die den Prozess am Laufen hält, wird Methanol verwendet. Es übernimmt damit jene Rolle, die bei der Photosynthese der Pflanzen dem Sonnenlicht zukommt.

Hefe statt Sojamehl

Die Glasreaktoren haben ein Volumen von bis zu 1,5 Litern. In industriellem Maßstab sollen später Edelstahlreaktoren mit mehreren Tausend Litern Füllvermögen eingesetzt werden. In den vergangenen zwei Jahren optimierten die Mitarbeiter von Carbofeed den Prozess im Rahmen eines von der Förderagentur FFG finanzierten Spin-off-Fellowships. Jetzt ist die Entwicklung so weit, dass eine Firmenausgründung in Planung ist.

Doch was tut man eigentlich mit so viel Hefe? Die Grundidee von Carbofeed ist es, Hefe als Ersatz für herkömmliche Futtermittel wie Sojamehl oder Fischmehl zu positionieren. Im Vergleich zu Sojamehl könnte auf der gleichen Grundfläche die tausend- bis zehntausendfache Menge produziert werden.

"Der Vorteil eines Mikroorganismus ist immer, dass er viel schneller wächst und viel weniger Platz braucht als Pflanzen", sagt Michael Egermeier von Carbofeed. "Deshalb können Mikrobiologie und Biotechnologie uns dabei helfen, Prozesse wie die Eiweißproduktion für Futtermittel oder auch direkt für die menschliche Ernährung nachhaltiger zu machen."

Vier Preisträger

Dass die Entwicklung Zukunftspotenzial hat, erkannten auch die Juroren des vergangene Woche bereits zum siebten Mal vergebenen Phönix-Gründerpreises. Carbofeed wurde dabei in der Kategorie "Prototyp" ausgezeichnet. Der Preis wird von Wissenschafts- und Wirtschaftsministerium vergeben. Die Durchführung erfolgt durch das Austria Wirtschaftsservice (AWS) in Kooperation mit der FFG.

Neben Carbofeed wurden noch drei weitere Preisträger ausgezeichnet. In der Kategorie "Start-up" gewann das Wiener Unternehmen Markta, das regionale Biolebensmittel über nachhaltige Transportwege an die Endkonsumenten bringt. Über den Preis in der Kategorie "Spin-off" kann sich die Firma Parity Quantum Computing aus Innsbruck freuen, die Hardware und Software für die Lösung von Optimierungsproblemen mittels Quantencomputern entwickelt.

Die Oberösterreicherin Evelyn Haslinger – bzw. das von ihr gegründete Unternehmen Symflower – gewann in der Kategorie "Frauen". Symflower bietet ein System an, das unter Einsatz mathematischer Modellierung und künstlicher Intelligenz vollautomatisch Software testet. (Raimund Lang, 13.3.2021)