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Wien – Mehr als 380.000 Menschen haben im Vorjahr das Klimavolksbegehren unterschrieben. Zumindest ein Teil der Forderungen soll nun umgesetzt werden. Die Regierungsparteien, aber auch SPÖ und Neos haben am Dienstag entsprechende Entschließungsanträge im Umweltausschuss eingebracht. Das türkis-grüne Papier ist in vielen Punkten konkreter als das meiste, was die Regierung bisher in Sachen Klimaschutz vorgelegt hat. Für Neos und SPÖ fehlen dennoch konkrete Daten, die FPÖ ist skeptisch. Noch brauchen ÖVP und Grüne die Zustimmung im Parlament.

Die Regierung plant einen wissenschaftlichen Klimabeirat, der auch verfassungsrechtlich verankert werden soll. Dieser soll die Einhaltung des noch verfügbaren Treibhausgasbudgets in Österreich prüfen und bei Verfehlungen konkrete Empfehlungen aussprechen, erklärte der grüne Klimasprecher Lukas Hammer bei einer Pressekonferenz. Welche Folgen etwaige Abweichungen vom Zielpfad haben könnten, ließ Klimaministerin Leonore Gewessler (Grüne) noch offen. Konkrete Pläne dazu sollen im noch säumigen Klimaschutzgesetz ausgearbeitet werden. Dieses solle "so rasch wie möglich" in Begutachtung gehen, hieß es am Dienstag abermals.

Schmuckenschlager, Gewessler und Hammer (v. li.) bei der Präsentation des türkis-grünen Entschließungsantrags.
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Neu ist auf jeden Fall das Vorhaben, dass der Budgetdienst des Parlaments künftig nicht nur für das allgemeine Budget, sondern auch für das Treibhausgasbudget zuständig sein soll. Das aus Sicht der Wissenschaft für Österreich noch übrige Treibhausgasbudget liegt bei rund 700 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Bei einem "Weitertun wie bisher" wäre das Budget laut Klimaökonom Karl Steininger in rund neun Jahren aufgebraucht – eine drastische Reduktion also notwendig.

Geht es nach ÖVP und Grünen, soll der Budgetdienst Analysen, Expertisen und Kurzstudien zu Regierungsvorlagen erstellen und dazu beitragen, dass eine kosteneffiziente Erreichung der Klimaziele sichergestellt wird. Details dazu standen am Dienstag noch aus.

Darüber hinaus soll ein Klima-Bürgerrat eingerichtet werden. Dieser solle "kein Briefkasten" sein, wie ÖVP-Klimasprecher Johannes Schmuckenschlager betonte. Vielmehr sollen sich die rund hundert Beteiligten aktiv einbringen können. Geplant sei, dass der Rat Mitte des Jahres seine Arbeit aufnimmt. Die Mitglieder sollen ein möglichst breites Spektrum der Bevölkerung abdecken – eine Art "Mini-Österreich", wie es hieß.

Klimakabinett geplant

Die Regierung will zudem ein Klimakabinett einrichten, dem Gewessler und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vorsitzen sollen. Das Kabinett soll die Koordination mit Ländern und Gemeinden vereinfachen und unter anderem Vorschläge aus dem Bürgerrat behandeln. Wie oft und in welcher Konstellation man sich treffen will, stand am Dienstag noch nicht fest.

Geht es nach den Wünschen der Regierungsparteien, soll eine längerfristige Klimafinanzierung von je einer Milliarde Euro pro Jahr festgelegt werden. Die Hälfte davon soll in den Mobilitätssektor fließen. Jene Mittel müssten sich im Bundesfinanzrahmengesetz wiederfinden, sagte Schmuckenschlager. Darüber hinaus will die Regierung einen Klimaverantwortlichkeitsfonds einrichten, damit keine CO2-Zertifkate mehr aus dem Ausland zugekauft werden müssen. Sind Bund oder Länder nicht auf Klimakurs, sollen Maßnahmen im Inland zur Zielerreichung finanziert werden, anstatt Zertifikate zuzukaufen. "Es gilt die Chancen für die Wirtschaft im Klimaschutz zu sehen", sagte Schmuckenschlager.

Viele Punkte aus dem Regierungsprogramm

Viele der im Antrag genannten Punkte waren bereits im Regierungsprogramm zu finden: Dazu zählt etwa ein verbindlicher Klimacheck oder das Vorantreiben der Ökosteuerreform. Auch die längst fällige Liste klimaschädlicher Subventionen wurde in den Antrag eingearbeitet. Bis Juli 2021 soll eine Studie zum Abbau jener Subventionen vorgelegt werden. Ebenfalls bis Juli will die Regierung die Möglichkeit von Klimaschutz als Grundrecht in der Verfassung prüfen lassen.

Mehr als 380.000 Menschen haben im Vorjahr das Klimavolksbegehren unterzeichnet.
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Der achtseitige Antrag landete am Dienstag im Umweltausschuss, im Plenum wird er erst Ende März abgestimmt. SPÖ und Neos ließen in einer gemeinsamen Pressekonferenz im Vorfeld bereits wissen, dass sie nicht für den vorliegenden Antrag stimmen würden. Rote und Pinke stellten eine Zustimmung Ende März allerdings in den Raum, sollte der Antrag bis dahin "besser, konkreter und kämpferischer" werden.

Für die beiden Oppositionsparteien gehen die Vorschläge nicht weit genug, sie vermissen zudem konkrete Daten für deren Umsetzung und haben am Dienstag eigene Anträge eingebracht. Dass der türkis-grüne Antrag ihnen erst kurz vor der Abstimmung übermittelt wurde, sieht die Opposition zudem als parlamentarisches Foul. Auch die FPÖ wollten den Antrag nicht mittragen und warnten vor höheren Lebensmittelpreisen und einem fortschreitenden Bauernsterben.

Kein konkreter Zeitplan

Die SPÖ vermisst im Antrag Forderungen zu Arbeitsplätzen in Verbindung mit Klimaschutz; die Neos kritisieren den fehlenden Zeitplan. So sei aus dem Antrag nicht ersichtlich, wann heuer welche Schritte gesetzt werden, damit etwa der geplante CO2-Preis mit 2022 greift. Die Pinken schlagen ihrerseits vor, dass umweltschädliche Subventionen jedes Jahr um zehn Prozent reduziert werden sollen.

Die Initiatoren selbst zeigten sich am Dienstag erfreut über den aus ihrer Sicht "historischen Erfolg". Lob für den Antrag fand auch die Umwelt-NGO Greenpeace. Sie forderte die Regierung aber dazu auf, die Ökosteuerreform endlich voranzutreiben. Der WWF sieht wichtige Forderungen aufgegriffen, vermisst aber einen "großen Wurf". Für sie fehlen Punkte zu Naturverträglichkeit, Bodenschutz und Energiesparen. (Nora Laufer, 9.3.2021)