SMS von Strache: "Abschaffung der GIS-Gebühren und die Zwangsveröffentlichungen in der Wiener Zeitung! Beides muss abgeschafft werden und so wurde es auch vereinbart! Bis März braucht es hier ein Gesamtpaket! Lg HC"

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Der ORF und ein Ende der GIS-Gebühr war Heinz-Christian Straches Lieblingsthema als Vizekanzler der FPÖ in der Koalition mit Sebastian Kurz' ÖVP. Das bestätigen nun auch die gerade dem Ibiza-Untersuchungsausschuss übermittelten Chat-Protokolle. Ein Leak an den damaligen Krone.at-Chefredakteur Richard Schmitt über einen "Side-Letter" von ÖVP und FPÖ zum ORF nannte Kurz gar "eine Gefahr" nicht alleine für die Koalition, sondern "für jeden einzelnen von uns".

"Wirkliche Grenzüberschreitung" in der "Krone"

Am 20. März 2019 um 20.02 Uhr schreibt Kurz aufgeregt in den Chat mit Strache und den damaligen FPÖ-Ministern Herbert Kickl und Norbert Hofer sowie dem damaligen Medien- und Kanzleramtsminister Gernot Blümel: "Schmid* schreibt in der Krone von einem Side Letter zum ORF. Ich halte das für eine wirkliche Grenzüberschreitung! Wer sowas tut, bringt nicht nur die Koalition, sondern jeden einzelnen von uns in Gefahr!" (*Anm.: Schmitt)

Sechs Minuten später beklagt er sich in der Runde: "HC hebt nicht ab. Norbert, Herbert ihr müsst den bitte anrufen, dass das rauskommt. Wollen wir jetzt Spekulationen, dass es geheime Absprachen gibt???"

Hofer will versuchen, die Parteikollegen zu erreichen. Aber Kurz ist in Sachen "Krone"-Bericht schneller und schreibt um 20.23 Uhr: "Habe noch einmal telefoniert. Ich denke, er nimmt es raus." Danach meldet sich Strache mit: "Von uns hat er es nicht. Aber es ist sehr ärgerlich."

Weitere Beteuerungen des damaligen FPÖ-Chefs will Medienminister Blümel nicht recht glauben. Er schreibt etwas später: "Hiermit stelle ich die Verhandlungen zum ORF-Gesetz ein! Wenn ihr mit der Öffentlichkeit verhandeln wollt, gerne, aber dann nicht mehr mit mir! So etwas habe ich nicht mal mit den Sozialisten erlebt ..."

In diesen März-Tagen 2019 haben auch bürgerlich geführte Bundesländer gegen eine von Strache betriebene Abschaffung der GIS-Gebühren mobilisiert. Der Bundes-ÖVP konnte dieses Ärgernis also durchaus gelegen kommen, um das Thema ORF-Reform zu vertagen – auch wenn Blümel zwischendurch durchklingen ließ, dass er sich eine Budgetfinanzierung des ORF statt der GIS vorstellen könnte.

"Abschaffung der GIS vereinbart"

Strache schrieb davor und danach Nachricht um Nachricht in die Chatgruppe für ein Ende der GIS, über die es jedenfalls nach seiner Wahrnehmung tatsächlich eine Vereinbarung gab (die so aber nicht im offiziellen Regierungsprogramm stand). Etwa am 10. Februar 2019 um 12.24: "Lieber Sebastian, lieber Gernot! Ich muss bei ORF-Reform auf unser Übereinkommen bezüglich Abschaffung der GIS-Gebühren bestehen! Das muss bis März 2019 fixiert werden und auch budgetär fixiert werden! Lg HC"

Nur zwei Minuten später schrieb Strache wieder: "Abschaffung der GIS-Gebühren und die Zwangsveröffentlichungen in der Wiener Zeitung! Beides muss abgeschafft werden und so wurde es auch vereinbart! Bis März braucht es hier ein Gesamtpaket! Lg HC"

Schon im Jänner 2019 "musste" Strache auf "unsere Vereinbarung (Gesetz, GIS)" zum ORF "bestehen". Und er tat es weiterhin bis in den Mai 2019 hinein, bis das Ibiza-Video die Regierung sprengte.

Strache drängte da bei Gesprächen über Budget und Steuererleichterungen mehrfach auf die GIS-Abschaffung, "sonst muss ich medial auf eine budgetäre Vorsorge für die von mir geforderte GIS-Abschaffung öffentlich bestehen!" Oder: "Brauchen rasch eine gemeinsame schriftliche Lösung, sonst muss ich öffentlich in den Interviews Stellung beziehen. Bundesheer, Budget-Steuerreform und ORF!"

Medienminister Blümel, den Strache nach einem etwas ausführlicheren Treffen der Regierungsspitzen als zu "kontrolliert" veralberte, platzte im am 12. Mai 2019 der Kragen über ein "Krone"-Interview Herbert Kickls: "Ganz ehrlich Herbert: Dein Krone-Interview ist eine Frechheit!! Du der große Standhafte der Mitleid mit dem Kanzler hat. Ich bekomme jetzt glaub ich auch öffentlich Mitleid mit dem Vizekanzler, dass er sich bei der Zerstörung des ORF nicht durchsetzen kann ..." (fid, 9.3.2021)