Es war abzusehen: Die lange Phase intensiver Handhygiene wird nicht ohne Folgen bleiben. Schon zu Beginn des Lockdowns im vergangenen Frühling hatten Dermatologen Befürchtungen geäußert, dass das stark gehäufte Händewaschen und Desinfizieren auf Dauer den Schutzmantel der Haut beschädige und zu unangenehmen Ekzemen führen werde.

"Konkrete Zahlen zu Betroffenen gibt es aus Österreich noch nicht, gefühlt erleben wir aber durchaus ein vermehrtes Auftreten von Handekzemen in den Praxen und Spitälern", sagt Matthias Schmuth von der Österreichischen Gesellschaft für Dermatologie und Leiter der Universitätsklinik für Hauterkrankungen in Innsbruck.

Auch aus anderen Ländern gebe es ähnliche Beobachtungen. Bettina Schlagenhauff, Hautärztin und Vorstandsmitglied der Schweizer Gesellschaft für Dermatologie, berichtet, dass aktuell etwa 50 Prozent mehr Patienten aufgrund von Ekzemen in ihre Sprechstunde kommen als in vorherigen Wintern.

Vor allem Patienten mit Neurodermitis würden öfter unter Handekzemen leiden, sagt der Dermatologe Matthias Schmuth.
Foto: Claudio Scwharz

Schulkinder und Gesundheitspersonal besonders betroffen

Bei einer dänischen Befragung, an der 6.858 Kinder teilnahmen, wiesen 38 Prozent Ekzeme auf, wobei Mädchen etwas häufiger betroffen waren. Bei den Kindern handelte es sich in erster Linie um Schulkinder, die ihre Hände vor Schulbeginn, vor und nach dem Verzehren der Jause und nach jedem Toilettengang 45 bis 60 Sekunden lang waschen mussten.

In einer deutschen Studie wurden 512 erwachsene Probanden befragt, die nicht in Gesundheitsberufen arbeiten. Auch hier gaben rund 30 Prozent an, an Handekzemen zu leiden. "Häufiger betroffen waren unter den Befragten Patienten mit Neurodermitis", sagt Schmuth.

Noch gravierender sind die Auswirkungen bei Personen in Gesundheitsberufen, die besonders stark auf Hygiene achten müssen und eine deutlich höhere Frequenz von Händewaschen oder Desinfizieren haben. Eine englischen Studie befragte 211 Probanden aus Gesundheitsberufen: 75 Prozent von ihnen entwickelten Handekzeme – manchmal so ausgeprägt, dass sie ihren Dienstplan ändern mussten.

Eingangstor für Bakterien

"Der derzeit überhäufige Kontakt mit Wasser und Seife sowie Desinfektionsmitteln schädigt die natürliche Barrierefunktion der Haut", erklärt Schmuth. Dabei handelt es sich um eine Art Fettfilm, der vor allem durch häufiges und langes Waschen fast komplett aus der Haut herausgewaschen wird und ihr den Schutz vor Umwelteinflüssen nimmt. Auch Desinfektionsmittel löst den Fettfilm. Er wird aber nicht abgespült, sondern bleibt immer etwas auf der Haut.

Trockene Luft an kalten Tagen reizt die Haut zusätzlich. In der Folge beginnt sie zu jucken und rötet sich, es kommt zu trockener und schuppiger Haut, manchmal auch schmerzhaften Einrissen – besonders am Handrücken und in den Zwischenräumen der Finger. Wird nicht rechtzeitig oder richtig behandelt, sind die Risse Eingangstor für Bakterien, sodass es zusätzlich zu Entzündungen kommt.

Desinfektionsmittel und Seifen abwechselnd verwenden

Aber auch bei gründlicher Hygiene lassen sich Handekzeme vorbeugen. Die Schweizer Dermatologin Bettina Schlagenhauff empfiehlt, die Hände möglichst mit milden, hautneutralen (ph-Wert 5,5) Reinigungsmitteln zu waschen, die keine reizenden Duft- und Konservierungsstoffe enthalten. Besser sei auch lauwarmes Wasser, da kaltes und heißes Wasser die Haut zusätzlich austrockne. Nach dem Händewaschen die Seife gut abspülen und die Hände komplett trocken tupfen, nicht rubbeln.

"Auf keinen Fall danach noch desinfizieren, diese Kombination schädigt die Haut am meisten", so die Dermatologin. Am besten wechsle man ab zwischen Desinfizieren und Händewaschen. Anschließend die Hände mit einer Urea-haltigen Creme pflegen, diese wirke entzündungshemmend. In der Nacht könne die Haut mit einer fetthaltigen Salbe zur Ruhe kommen und regenerieren. Werden Arbeiten verrichtet, die Schutzhandschuhe erforderlich machen, sollten darunter Baumwollhandschuhe getragen werden, damit sich nicht ein dauerfeuchtes Klima bildet, das Ekzeme fördert.

Ist das Handekzem jedoch schon zu ausgeprägt, bekommt man es mit diesen Mitteln der Basispflege allein nicht mehr hin. "Der Haus- oder Hautarzt verschreiben dann zur kurzzeitigen Anwendung eine Salbe mit entzündungshemmenden Zusätzen wie Kortison oder Calcineurininhibitoren", sagt Schmuth. Das bringt meist schon nach einigen Tagen deutliche Linderung. Danach sollte die Basispflege wieder fortgesetzt werden. (Andreas Grote, 9.4.2021 )