Michael Tojner beschreibt die Vorgänge rund um die Wohnungsgenossenschaften als "hochkomplex". Die WKStA hat die Bilanzen studiert und wirft Tojner auch Insichgeschäfte vor.

Foto: Regine Hendrich

39 Beschuldigte, davon 13 Verbände (also Unternehmen): Die Causa Tojner rund um Immobiliengeschäfte mit den Wohnbaugenossenschaften Gesfö, Riedenhof, Pannonia weitet sich immer noch aus. Zuletzt ist wieder ein Anwalt Tojners auf die Beschuldigtenliste gekommen, auch ihm wirft die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Beihilfe zum schweren Betrug vor.

Bei ihm sind die Ermittler im Februar zur Hausdurchsuchung aufgetaucht, ebenso wie bei der Varta Micro Innovation GmbH, die zu Tojners Unternehmensreich ressortiert. Auch die VGG GmbH zählt zu den beschuldigten Verbänden. Sie gehört der Montana Tech und hält rund 57 Prozent am börsennotierten deutschen Batteriekonzern Varta AG.

Ermittlungen gegen Brandstetter

Seit neuestem ermittelt die Staatsanwaltschaft (StA) Wien auch gegen Tojners Rechtsberater und langjährigen Freund, Wolfgang Brandstetter, und gegen den früheren Strafsektionschef im Justizministerium, Christian Pilnacek. Über ihn soll Brandstetter seinem Mandanten den Termin einer Hausdurchsuchung verraten haben; ihnen wird Bruch der Amtsverschwiegenheit vorgeworfen; für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Die Ermittlungen der StA Wien in dieser Causa sorgten für großes Aufsehen: Die Staatsanwältin kam an den Verfassungsgerichtshof, um einen Laptop von VfGH-Mitglied Brandstetter abzuholen, zudem wurde Amtshilfe vom VfGH in Anspruch genommen – so etwas hatte es noch nie gegeben. Und: Pilnaceks Handy wurde von den Ermittlern abgeholt und der Legistik-Sektionschef selbst vorübergehend suspendiert.

Blick zurück

Doch zurück zur Causa Tojner – und zu einem kurzen Rückblick auf die Angelegenheit: Das Burgenland hat vor rund zwei Jahren Anzeige erstattet, weil es sich bei den Abschlagszahlungen für die genannten ehedem gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften über den Tisch gezogen fühlt. Wird einer Genossenschaft die Gemeinnützigkeit aberkannt, so sind Abschlagszahlungen (für die Förderungen) ans Land fällig – und die richten sich nach dem Immobilienwert. Genau da setzt der Vorwurf des Landes und der Ermittler an: Die Immobilien seien um Millionen zu niedrig bewertet worden, Tojner und Co hätten das Land daher betrogen.

Die Ermittler werfen ihm unter anderem vor, er habe sich die Wohnbaugesellschaften mit ihren Immobilien angeeignet – sei dabei aber nicht nach außen hin aufgetreten, weil er Treuhänder eingesetzt habe. Tojner argumentiert bisher, er habe zwar "wirtschaftliches Interesse" an den Transaktionen gehabt, sei aber nicht wirtschaftlicher Berechtigter der in die Deals involvierten Gesellschaften gewesen.

"Bitte aufpassen"

Ein Mitarbeiters Tojners schrieb 2009 freilich Folgendes: "Bitte (...) darauf achten, dass Michael in keinem Fall als wirtschaftlicher Eigentümer der MVP GmbH (Käuferin von drei City-Immobilien von Buntes Wohnen, Anm.) genannt wird, auch nicht gegenüber den Banken. Wir müssen hier wirklich aufpassen, dass hier nichts herauskommt. Wenn herauskommt, dass wirtschaftlicher Eigentümer identisch ist mit jenem der BW (Buntes Wohnen; ihr gehörte einst der Heumarkt), dann kann das das gesamte Genossenschaftsgeschäft (inkl. Austria Tabak und Göd) gefährden."

Aus der Anordnung zur jüngsten Hausdurchsuchung erschließt sich, was die Ermittler im Zusammenhang mit den in ihren Augen zu niedrigen Bewertungen den Beschuldigten konkret vorwerfen. Für Riedenhof seien 2015 etwa "Scheinaufwendungen" bilanziert worden, in Form von nicht existenten Vermittlungsleistungen. Zudem seien "unberechtigte Rückstellungen" ausgewiesen worden, für "Projektverzögerungen" (2,3 Millionen Euro) oder, bei Gesfö, "Prozessrisiken aus nicht realisierten Projekten" (drei Millionen Euro).

Forderungsankauf im Fokus

Dieser Rückstellung seien aber "fingierte Sachverhalte" zugrunde gelegen, "untermauert" durch eine "zum Schein eingebrachte Klage" samt rechtlicher Stellungnahme eines (inzwischen beschuldigten) Anwalts. Für die Klage sei nachträglich Korrespondenz erstellt worden, der Autorin sogar das Briefpapier einer der vermeintlichen Streitparteien zur Verfügung gestellt worden. Die Ermittler orten darin "äußerste Akribie".

Auch einen Forderungsankauf von Riedenhof und Gesfö sehen die Ermittler sehr kritisch. Vereinfacht nacherzählt kauften sie der VGG GmbH 2015 je zur Hälfte eine offene Forderung (6,9 Millionen Euro Nominale) gegen die Varta Micro Innovation GmbH (VMI) ab, um je zwei Millionen Euro. VGG hätte die Forderung damals aber schon wertberichtigt gehabt. Gesfö und Riedenhof schrieben 2015 insgesamt 800.000 Euro ab. Schlussfolgerung der WKStA: Ein "inszenierter Forderungsankauf" und "Insichgeschäft", mit dem die Beschuldigten "wahrheitswidrig vorgaben, die Erfordernis der Wertberichtigung sei erst nach dem Forderungskauf eingetreten".

Tojner: Land hat Fehler gemacht

Tojner weist die Vorwürfe als "aus dem Zusammenhang gerissen" zurück, ebenso "voreilige Schlüsse und die sich daraus ergebende Vorverurteilung". Das Burgenland habe selbst "grobe Fehler" gemacht, so Tojners Anwälte unter Bezug auf den Landesrechnungshof. Zudem liege bis heute kein Liegenschaftsgutachten durch Sachverständige der ermittelnden Behörden vor. Es gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, 10.3.2021)