Im hochbudgetierten Filmbereich kommen Frauen zu wenig zum Zug. Eine Quote soll das nun ändern.

Foto: Marei Jecel

Die Veränderung ist langsam. Wie ein Baum wächst sie von unten nach oben. Wir haben einen langen Weg vor uns." Diese Passage aus einem aktuellen Gespräch mit der US-Feministin Gloria Steinem würde auch auf die heimische Filmförderung gut zutreffen. Veränderung in Sachen Gleichstellung ist dort ein altes Thema, getan hat sich wenig. Mit der Petition "No change without change" gibt es nun aber eine Initiative, die den Wandel zu mehr Egalität bei Filmproduktionen beschleunigen könnte.

Das von den vier Filmschaffenden Elisabeth Scharang, Michael Palm, Katharina Mückstein und Bernadette Weigel verfasste "Grundsatzpapier" plädiert für eine Geschlechterquote in der heimischen Filmförderung, "weil sich in zehn Jahren trotz Bewusstseinsbildung an der faktischen Schlechterstellung von Frauen in unserer Berufswelt nicht genügend verändert hat". Seit der Veröffentlichung wurde die Petition bereits von ca. zwanzig Fachverbänden und Institutionen sowie von über 1300 Personen aus der Branche unterzeichnet – darunter Ruth Beckermann, Sabine Derflinger, Manuel Rubey oder Maria Hofstätter – und soll bald Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) vorgelegt werden.

Best Practice aus Schweden

Worum geht es genau? Das Papier ist eine erweiterte Fassung eines Entwurfes für eine Richtlinienänderung beim Österreichischen Filminstitut (ÖFI), der größten Filmfördereinrichtung des Landes. Statt einer Quote im strengen (und dementsprechend umstrittenen) Sinne handelt es sich um ein sogenanntes Best-Practice-Modell, das ein klares Ziel vorgibt, aber keine Sanktionen beinhaltet, sollte dieses nicht erfüllt werden können.

In allen Projektstufen (Stoff-, Projektentwicklung, Herstellung) gilt es in einem Zeitraum von vier Jahren, schrittweise eine Gleichstellung zu erreichen. Vorbild ist das schwedische Filmfördermodell, das sich nicht allein auf die Regieposition ausrichtet, sondern mit Produktion, Regie und Drehbuch drei Säulen jedes Filmprojekts betrifft. Förderbudgets werden entsprechend gendergerecht – und in den Bereichen jeweils variabel – aufgeteilt. Palm nennt es eine Form von Affirmative Action: Es gehe nicht so sehr um Geschlechterquoten, sondern darum, "Geldflüsse zu regulieren, also ein Werkzeug in eine Struktur zu implementieren, das die drei Schlüsselbereiche gerechter zu besetzen hilft".

Flaschenhals bei der Mittelvergabe

Der Knackpunkt ist der sogenannte Flaschenhals in der Filmförderung, der bereits vom 2018 veröffentlichten Gender-Bericht bestätigt wurde: Je höher die Budgets der Filmprojekte sind, desto weniger oft kommen Frauen zum Zug. Eine wiederkehrende Formel, die sich auch international in stockenden Karrieren von Regisseurinnen abbildet. "Uns ist besonders der Aspekt wichtig, dass die Richtlinien flexibel gedacht sind", betont Mückstein. Die Petition soll helfen, das mit vielen Ängsten besetzte Thema Gleichstellung – Stichwort: Verteilungskampf – differenziert zu betrachten.

"Produktionsfirmen sind aufgefordert, bei der Einreichung ihrer Projekte aktiv auf die Einbindung von Frauen zu achten." Regisseurin Katharina Mückstein
Foto: Elsa Okazaki

Mückstein konstatiert aber auch eine zuletzt stark angewachsene Ungeduld unter den Filmschaffenden, was die Einlösung dieser schon lange erhobenen Forderungen anbelangt. "Es waren auch in den letzten Jahren stets nur rund 30 Prozent des Geldes, die bei der Herstellung der Filme an Frauen geflossen sind. Das Modell fordert Produktionsfirmen nun auf, bei der Einreichung ihrer Projekte aktiv auf die Einbindung von Frauen zu achten." Frauen und Männer nur anteilig an eingereichten Projekten zu fördern, würde nichts verändern. "Da könnte man gleich sagen, der Markt regelt das selbst", sagt Palm. "Solches Vorgehen hat den Nachteil, dass man nur eine Momentaufnahme bekommt. Damit lässt sich nichts steuern."

Regieverband votierte knapp dagegen

Dass das Modell umstritten ist, zumal unter Produzenten und Regieführenden, bildete sich in einer Abstimmung Anfang 2020 im Regieverband ab, in der man mit rund 65 Prozent gegen die erste Fassung der Richtlinien votiert hat. Sollte der jüngst umbesetzte Aufsichtsrat im ÖFI nun dafür stimmen, droht eine mögliche unterlegene Minderheit bereits mit rechtlichen Schritten, sagt ÖFI-Direktor Roland Teichmann. "Denn es ist unklar, ob man dafür nicht das Filmfördergesetz ändern muss."

Teichmann weist auf die erhitzte Stimmung hinter den Kulissen hin: "Ich möchte einen Rechtsstreit unbedingt vermeiden. Über das Ziel einer Gleichstellung gibt es ja Einvernehmen, nur der Weg dorthin ist sehr umstritten." Bedauerlich findet er, dass man nicht stärker auf die Projektkommission seines Hauses vertraut, die über die Fördergelder entscheidet und sich ohnehin mehr weibliche Projekte gewünscht hat.

Für die Sprecher der Petition ist das aber zu wenig. Und dass das Einvernehmen in der Branche vielleicht doch nicht ganz so weit gediehen ist, davon weiß die Schauspielerin Caroline Peters zu erzählen, die auch zu den Unterzeichnerinnen gehört: "Ich erinnere mich, wie mehrere Regisseure zum Dinner eingeladen wurden, um über ein Projekt zu verhandeln. Über die von mir angefragte Regisseurin sagte der Produzent: ,Die seh ich öfter im Supermarkt, da kann sie mich ja mal ansprechen!‘" Fazit: "Die Zusammenarbeit ging da nicht mehr weiter." (Dominik Kamalzadeh, 10.3.2021)