Schutzmasken werden genau nach EU-Vorgaben überprüft, bevor sie eingesetzt werden dürfen.

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Wien – Das Versprechen "made in Austria" interpretierte der heimische Maskenhersteller Hygiene Austria durchaus kreativ. Wie der Konzern bereits zugegeben hat, ließ er einen Teil seiner FFP2-Masken in China statt in Niederösterreich produzieren. Dass das Tochterunternehmen der Traditionsfirmen Lenzing und Palmers seine Masken in Ungarn zertifizieren ließ, statt eine österreichische Prüfstelle zu beauftragen, sorgte angesichts der vorgeworfenen Vertuschungen rund um die Produktion für Kritik.

Bei Hygiene Austria weist man Bedenken rund um die Zertifizierung zurück: Die Qualität sei "gleichwertig und übererfüllt alle europäischen und österreichischen Schutzanforderungen". Die CE-Zertifizierung sei durch das Schweizer Unternehmen SGS festgestellt worden. Die so überprüften Masken enthalten dennoch die Kennziffer eines Zertifizierers aus Ungarn, und zwar die der Firma Gépteszt. Das Unternehmen mit Sitz in Budapest tritt als notifizierte Prüfstelle auf und bestätigt, dass der Bauplan der Masken EU-Vorschriften entspricht. Zugelassene Labore wie jene der SGS können zuarbeiten.

Harter Test

Eine derartige Prüfung dauert mehrere Wochen. Die Masken werden Temperaturen von 70 Grad bis minus 30 Grad ausgesetzt. Auch der CO2-Rückstau wird genau untersucht. Das Material wird angezündet und mit bestimmtem Staub angeschüttet, um die Durchlässigkeit zu testen. Schließlich laufen Probanden mit den Masken auf Laufbändern, um zu testen, ob Aerosole bei aktiver Atmung und Bewegung durchdringen. Steht eine CE-Nummer drauf, muss all das geschehen sein, egal ob in Österreich oder in einem anderen EU-Land.

Warum ließ Hygiene Austria in Ungarn zertifizieren? Die ungarische Firma Gépteszt wurde laut Hygiene Austria beauftragt, weil kein heimischer Zertifizierer vorhanden war. Ganz so stimmt das nicht: Unmittelbar nach Ausbruch der Pandemie im März 2020 hat das Wiener Institut für Ökologie, Technik und Innovation GmbH (OETI) eine behördliche Akkreditierung beantragt und darf also Zertifizierungen nach dem beschleunigten Verfahren vornehmen. Warum die Hygiene Austria nicht in Österreich eine Zertifizierung beantragt hat, weiß man beim OETI nicht. Eine ungarische Firma zu beauftragen sei aber nicht ungewöhnlich.

Prüfer im Dunklen gelassen

Der Laborchef der in Budapest ansässigen Firma, Daniel Budai, erinnert sich an Hygiene Austria gut, berichtet er. Das Unternehmen habe 50 bis 60 Masken als Muster zur Gépteszt geschickt, anschließend seien sie überprüft worden. Die Ergebnisse hätten gepasst, darum habe man das Testat erteilt. Im Übrigen habe man Kunden aus Österreich wie auch aus Deutschland.

Der Zertifizierungsstelle kommen weitere Kontrollfunktionen zu: Sie muss einmal im Jahr eine Vor-Ort-Prüfung machen, diese hat laut Budai noch nicht stattgefunden. Außerdem muss der Zertifizierer darüber unterrichtet werden, wenn die Produktion verlagert wird, um prüfen zu können, ob weiterhin alle EU-Normen erfüllt sind. Das sei im Fall Hygiene Austria ursprünglich nicht passiert, sagt Budai.

Familiäre Verbindung

Zuletzt traten Palmers und Lenzing in offenen Streit. Lenzing kritisierte mangelnde Einsicht in wichtige Unterlagen der gemeinsamen Gesellschaft. Eine familiäre Verbindung wirft indes Fragen der Vereinbarkeit auf: Die Tochter von Lenzing-Chef Stefan Doboczky arbeitete bei Hygiene Austria, wie der Konzern bestätigt. Deshalb wird Vorstand Stephan Sielaff direkt an den Aufsichtsrat berichten. (Leopold Stefan, András Szigetvari, 10.3.2021)