Überraschend ist es nicht, dass Peking seinen Verteidigungshaushalt auch dieses Jahr wieder um 6,8 Prozent erhöhen wird. Jedes Jahr führt diese Meldung zu Schlagzeilen. Jedes Jahr wird dies relativiert durch die Tatsache, dass der chinesische Verteidigungshaushalt ja klein im Vergleich zum amerikanischen sei. Tatsächlich betragen die chinesischen Ausgaben für Verteidigung etwa ein Drittel der amerikanischen. Das Friedensforschungsinstitut Sipri aus Schweden schätzt das chinesische Budget allerdings als fast doppelt so hoch wie offiziell angegeben. Überraschend ist dagegen die Rhetorik, die unter Xi Jinping immer aggressiver geworden ist. "Die aktuelle Situation unseres Landes ist instabil und unsicher", sagte Xi am Montag gegenüber hochrangigen Militärs der Volksbefreiungsarmee.

Bild nicht mehr verfügbar.

China gibt für seine Armee reichlich Geld aus.
Foto: AP/Schiefelbein

Das gesamte Militär müsse deswegen jederzeit kampfbereit sein, um nationale Souveränität zu gewährleisten. Immer deutlicher richtet sich die Rhetorik auch gegen die USA. Man müsse sich aus dem "technologischen Würgegriff" befreien, sagte Vize-Admiral Shen Jinlong bei dem Treffen. Um einen Krieg gegen die USA zu gewinnen, müsse sich Chinas Militär mehr auf innovative Technologien konzentrieren. Dafür sei die Hilfe des Staats nötig. Der neue Fünfjahresplan von 2021 bis 2025 sei ein guter Anfang, um die nationale Verteidigung und die Streitkräfte zu stärken, sagte Xi Jinping. Das Treffen zwischen Xi und der Armee fand im Rahmen der vierten Sitzung des 13. Nationalen Volkskongresses statt, der seit Anfang März in Peking tagt.

Taiwan-Frage

Der Konflikt mit den USA könnte sich vor allem um Taiwan entzünden. Peking betrachtet die Insel als eine seit 1949 abtrünnige Provinz. Die meisten Einwohner aber wünschen sich die Unabhängigkeit von Peking und hoffen auf militärischen Schutz durch Washington. Der Umgang mit Oppositionellen in Hongkong und die Beendigung der Autonomie durch das "Nationale Sicherheitsgesetz" im vergangenen Jahr haben viele Taiwaner abgeschreckt. In den vergangenen Monaten hatte sich die Situation immer wieder zugespitzt: Chinesische Kampfflieger waren in den taiwanesischen Luftraum eingedrungen, die USA hatten einen Flugzeugträger in das Südchinesische Meer entsandt.

In den USA ist man ähnlich angespannt: "Ich fürchte, dass China seine Ambitionen verstärken wird, die Führungsrolle der USA in der internationalen Ordnung zu übernehmen", sagte Admiral Philip Davidson, der ranghöchste Militär für die Region Asien-Pazifik am Dienstag. Davidson bat den Senat, auch für die weiter östlich gelegene Insel Guam ein Raketenabwehrsystem zu installieren. Demnächst sollen die Chefdiplomaten beider Länder in Alaska zusammentreffen und über einen "Reset" der Beziehungen beraten. Einen genauen Zeitpunkt aber gibt es noch nicht.

Aufrüstung seit Jahren

Pekings strategisches Langfristziel ist die Kontrolle der "First-Island-Chain", eine Linie von Inseln, die sich von Japan über Taiwan und die Philippinen nach Borneo zieht. Dafür baut China seit Jahren sein Arsenal an Raketen und Bombern mit entsprechender Reichweite aus. Eine weitere Linie bildet die weiter östlich gelegene "Second Island Chain", auf der die amerikanische Militärbasis Guam liegt.

Der Konflikt um Taiwan ist der explosivste Brennpunkt, aber nicht der einzige. Im Sommer lieferte sich Peking Scharmützel mit Indien. In einem hochgelegenen Tal des Himalaja-Gebirges waren indische und chinesische Soldaten mit Stöcken und Steinen aufeinander losgegangen. Der Grenzverlauf ist seit Jahrzehnten umstritten. Mit Japan gibt es Territorialstreitigkeiten um eine unbewohnte Inselgruppe im Gelben Meer, im Südchinesischen Meer mit Vietnam, den Philippinen und Malaysia. (Philipp Mattheis aus Schanghai, 10.3.2021)