Ein in Österreich altbekannter Spruch lautet: "Wenn du nicht mehr weiter weißt, bilde einen Arbeitskreis." Natürlich hat es auch am Dienstag, nachdem die Regierungsparteien ihre Pläne für drei neue Klimagremien vorgestellt hatten, nicht lange dauert, bis der zynische Beamtenwitz die Runde in sozialen Medien machte. Doch ist der Spott gerechtfertigt?

Fest steht, dass die Gremien – geplant sind ein Klimakabinett, ein wissenschaftlicher Klimabeirat und ein Klimabürgerrat – keine Emissionen senken werden. Dennoch sind die Vorhaben nicht belanglos, denn Klimapolitik fand bisher hinter verschlossenen Türen statt. Was in der vor einem Jahr eingerichteten "Taskforce Ökosteuerreform" passiert, ist nicht bekannt. Wie weit die Verhandlungen zur CO2-Steuer fortgeschritten sind, ist unklar. Hier wäre die Einbindung der Bevölkerung und vor allem auch der Wissenschaft transparenter.

Die grüne Ministerin Leonore Gewessler soll zusammen mit Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) den Vorsitz des Klimakabinetts übernehmen.
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Wie genau der Bürgerrat aussehen könnte, ist noch nicht fixiert. Bekannt ist bisher, dass sich die rund hundert Teilnehmer aus allen Bevölkerungsschichten, Altersklassen und Wohnorten zusammensetzen sollen. Für die repräsentative Auswahl wird ein Sozialforschungsinstitut engagiert. Auf jeden Fall soll aktiv nach Teilnehmern gesucht werden, damit nicht nur Menschen in dem Gremium sitzen, die sich freiwillig gemeldet haben.

Das ist keine schlechte Idee, in der Praxis aber womöglich nicht so einfach umsetzbar: Dass jemand, der für den Klimaschutz brennt, Feierabende oder ganze Tage dem Thema widmen möchte, ist durchaus wahrscheinlich. Ob jemand, dem das Klima egal ist, Gleiches tun wird, ist fraglich. Zwar sehen einer aktuellen Gallup-Umfrage zufolge 43 Prozent der Österreicher sofortigen Handlungsbedarf im Klimaschutz, viele sind aber nach wie vor skeptisch.

Ein Stimmungsbarometer

Jene Skeptiker an Bord zu holen wird für die Regierung wichtig sein. Klimaneutralität bis 2040 wird bedeuten, dass sich vieles im Land ändert. Insofern kann ein Bürgerrat durchaus als wichtiges Stimmungsbarometer fungieren. Das ist aber nur sinnvoll, wenn die Regierungsparteien die erarbeiteten Ergebnisse nicht gleich in die Tonne treten.

Ähnliches hat sich auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gedacht. Nach den Gelbwesten-Protesten richtete er einen Klimabürgerkonvent ein. Rund 150 zufällig ausgewählte Menschen beteiligten sich daran und legten 149 Vorschläge auf den Tisch. Im Jänner, ein halbes Jahr später, präsentierte die Regierung das neue Klimaschutzgesetz. Viele Teilnehmer zeigten sich über das Ergebnis enttäuscht: Letztlich seien nur 40 Prozent der Ideen in das Paket eingeflossen, viele davon wurden verwässert.

Die drei Klimagremien sparen keine Treibhausgase ein, könnten aber für mehr Transparenz sorgen.
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Bei der Ausarbeitung der Forderungen wurden die Teilnehmer von Klimaexperten begleitet. Auch in Österreich ist ein wissenschaftlicher Klimabeirat geplant. Dieser soll die Einhaltung des noch verfügbaren Treibhausgasbudgets prüfen und bei Verfehlungen Empfehlungen aussprechen. Generell sei es sinnvoll, wenn die Wissenschaft stärker eingebunden wird, meint der Klimaforscher Reinhard Steurer von der Boku Wien. "Es wird nicht schaden, aber auch nicht viel bewirken können." Das hätten Beispiele in anderen Ländern gezeigt, sagt der Experte mit Verweis auf Großbritannien: Dort wurde vor gut zehn Jahren ein ähnlicher Beirat eingestampft, nachdem er die Regierung wiederholt kritische ermahnt hatte.

Kein CO2 eingespart

Insgesamt zeigt sich Steurer von den Ankündigungen nur mäßig begeistert. Die Gremien seien sinnvoll, "es fehlt aber die Substanz". Er vermisst seit einem Jahr türkis-grüner Koalition die großen Meilensteine im Klimaschutz. Ankündigungen wie jene am Dienstag würden nichts kosten, "aber damit wird noch keine Tonne CO2 eingespart".

Positiv bewertet Steurer hingegen das Vorhaben, einen Klimafonds einzurichten, anstatt CO2-Zertifikate im Ausland zuzukaufen. Geplant ist, dass Bund und Länder bei Klimakursabweichungen in den Fonds einzahlen sollen, anstatt Zertifikate zuzukaufen. Darüber sollen Klimaschutzmaßnahmen in Österreich finanziert werden. Zwar sei der Klimaschutz im Inland teurer, "aber auch verlässlicher".

Unter dem Strich sind die geplanten Gremien durchaus eine Möglichkeit, Klimapolitik im Land breiter aufzustellen. Sie dürfen aber kein Feigenblatt dafür sein, dass die längst fälligen Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion prioritär umgesetzt werden müssen. (Nora Laufer, 11.3.2021)