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Sein "Skalp" ist noch immer dran am Dienstagabend im ORF-Radiocafé, er ist elegant gefönt und Alexander Wrabetz auch noch Generaldirektor des ORF.

Wenige Stunden zuvor sind über den Ibiza-Untersuchungsausschuss Chatnachrichten zwischen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und seinem damaligen Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) aus dem ersten Halbjahr 2019 an die Öffentlichkeit gelangt. Und Wrabetz erinnert sich an diesem Abend vor Journalisten, wie er den blauen Skalpjägern – laut Wrabetz war der "Skalp" damals FPÖ-Jargon – 2019 entging. Er blieb, wieder einmal, was er nun auch nach der nächsten Generalswahl ab 2022 noch sein will: ORF-Chef.

Geheime Absprachen

In den Chats forderte Strache – wie berichtet – wieder und wieder die mit der ÖVP O-Ton "vereinbarte" Abschaffung der GIS. Die Krone veröffentlichte einen Sideletter der damaligen Koalitionäre, wie sie sich den ORF herrichten wollten; zerschlagen, erinnert sich Wrabetz. Kanzler Kurz regte die Veröffentlichung in den Chats nachlesbar auf: "Wollen wir jetzt Spekulationen, dass es geheime Absprachen gibt???" Die ÖVP brach die Gespräche über ein ORF-Gesetz nach dem Leak vorerst ab, Ibiza beendete dann im Mai 2019 die Koalition.

Nun regiert die ÖVP mit den Grünen, und seither haben ÖVP-nahe Mitglieder alleine die Mehrheit im ORF-Stiftungsrat. Mit der bestimmen sie die nächste Führung von Österreichs größtem Medienkonzern, dessen "Personen und Organe" laut Verfassungsgesetz unabhängig sind. Dafür braucht die ÖVP nun keine Sideletter (die ORF-Führung soll mit den Grünen als ÖVP-Thema definiert sein).

Neuorganisation

Wrabetz ging es im Radiocafé um die Zukunft seines Skalps in dieser Konstellation: Zukunftsvorhaben und Innovationsprojekte, die weit über seine aktuelle Amtszeit bis Ende 2021 reichen sollen. Und vor allem: die größte Neuorganisation der ORF-Information seit Jahrzehnten mit einer neuen Chefredaktion und neuen Ressortchefs über TV, Radio und Online insbesondere Innen- und Außenpolitik, Wirtschaft, Chronik. Im Herbst, wenn der General bestellt ist, sollen sie ausgeschrieben werden.

Das bietet reichlich Stoff für neue Chatprotokolle. (Harald Fidler, 10.3.2021)