Wer tritt die Löw-Nachfolge an?

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Berlin – Angela Merkel ist die deutsche Bundeskanzlerin und Joachim Löw der deutsche Teamchef – "seit ihr denken könnt, ist das so", sagte die Sprecherin der ZDF-Kinder-Nachrichtensendung "Logo!", "aber auch diese Dinge können sich ändern." Nicht nur für Kinder ist es noch schwer vorstellbar, dass demnächst ein anderer bei der Fußballnationalmannschaft das Sagen haben wird. Die Suche nach Mister X läuft, vieles spricht für Bayern-Coach Hansi Flick – die vermeintlich heiße Spur Jürgen Klopp dagegen führt in die Sackgasse.

Jürgen Klopp

"Es funktioniert einfach nicht", sagte der Teammanager des FC Liverpool im Sky-Interview, nachdem er schon am Dienstag öffentlich abgesagt hatte. Nun wurde der 53-Jährige noch deutlicher: "Selbst wenn Liverpool mich jetzt rausschmeißen würde, dann werde ich ganz sicher ein Jahr Pause machen."

Klopp gilt als absoluter Wunschkandidat für die Nachfolge Löws, der überraschend seinen Rücktritt nach der EM angekündigt hat, aber seine Karriere noch nicht beenden will. "Jetzt wird ein neuer Trainer kommen, und wenn der 2022 und 2024 erfolgreich ist, dann wird nach mir kein Hahn krähen", ergänzte Klopp: "Und das ist dann auch gut so."

Hansi Flick

Somit gilt Flick als heißester Anwärter. Der 56-Jährige assistierte Löw beim WM-Triumph 2014, er kennt die Strukturen im DFB auch als früherer Sportdirektor, durch seine Erfolge als Chefcoach beim FC Bayern hat er enorm an Reputation gewonnen. Zwar besitzt Flick beim Rekordmeister einen Vertrag bis 2023, doch zwischen ihm und Sportvorstand Hasan Salihamidzic soll es in Sachen Kaderplanung kriseln.

DFB-Direktor Oliver Bierhoff "flirtete" schon vor Wochen öffentlich mit Flick ("Ich wäre verrückt, wenn ich das ausschließen würde") – vergeblich, wie Karl-Heinz Rummenigge glaubt. "Wäre ich Trainer und sollte vom Arbeitgeber FC Bayern zum Arbeitgeber DFB wechseln, würde mir das lediglich ein Schmunzeln entlocken", sagte Bayerns Vorstandsboss bei Sport 1.

Es heißt, Flick wolle seine Situation in München nach der Saison neu bewerten. Dann könnte es aber zu spät sein, dem Vernehmen nach möchte der DFB die Löw-Nachfolge vor dem EM-Start am 11. Juni geregelt haben. In diesem Fall würden andere Kandidaten nach oben rücken.

Ralf Rangnick

Der vereinslose Ralf Rangnick stünde sofort parat. "Es ist eine Stelle, die einen nicht kalt lässt. Ich kann mir grundsätzlich alles vorstellen. Es ist eine Frage des Timings. Im Moment bin ich frei", sagte Rangnick bei Sky. Das Fachwissen des früheren Erfolgsarchitekten von RB Leipzig ist unbestritten, Zweifel dürften jedoch an seiner nicht selten pedantischen Art bestehen.

Stefan Kuntz

Das Gegenteil verkörpert Stefan Kuntz. Der U21-Trainer genießt aufgrund seines loyalen und kumpelhaften Auftretens großes Ansehen im DFB. Er könnte auch als Übergangslösung installiert werden, bis der Wunschkandidat (Klopp oder Flick) zur Verfügung steht. Für diese Theorie spricht, dass die WM 2022 in Katar erst im Winter stattfindet. Man nehme sich "die nötige Zeit, mit Ruhe und Augenmaß einen Nachfolger zu benennen", sagte DFB-Präsident Fritz Keller. Julian Nagelsmann (RB Leipzig) hat bereits abgewunken. Marcus Sorg wäre als interne Lösung eine Überraschung.

Löw will weiterhin Trainer bleiben

Die Spekulation kann Löw herzlich egal sein. Der Bundestrainer hat sich von Fesseln befreit, die Dauerdiskussion um seine Zukunft und der Druck, den Umbruch fortzusetzen, sind weg. Für ihn zählt nur noch der Erfolg bei der EM, für den er die aussortierten Weltmeister Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng zurückholen könnte, ohne sein Gesicht zu verlieren.

Danach werde seine "Trainerlaufbahn nicht vorbei sein", sagte Löw bei Sport 1. "Denn ich liebe die tägliche Arbeit auf dem Platz und das individuelle Training mit den Spielern." Er könne sich vorstellen, einen Topverein zu übernehmen.

Der Zeitpunkt der Rücktrittsankündigung sei "sehr klug" gewählt, sagte Ex-Nationalspieler Bastian Schweinsteiger der ARD. Vielleicht könne Löw "Energien bei den Spielern freisetzen". Bei Kapitän Manuel Neuer ist das der Fall. "Nun gibt es einen Grund mehr, dass wir alles versuchen, die Europameisterschaft erfolgreich zu bestreiten", schrieb der Nationaltorhüter bei Instagram: "Danach geht eine Ära zu Ende." (sid, 10.3.2021)