Ein aktueller Gesetzesentwurf soll Mängel in der 100 Jahre alten Exekutionsordnung beheben und Gläubigern die Eintreibung von Forderungen erleichtern.

Illustration: Davor Markovic

Die Exekutionsordnung ist über 100 Jahre alt – am 1. Juli 2021 soll der vorerst letzte Schritt der Reformbemühungen der letzten 30 Jahre erfolgen. Ziel des als "Gesamtreform des Exekutionsrechts" bezeichneten Gesetzesentwurfs ist die "Steigerung der Effizienz des Exekutionsverfahrens zur Hereinbringung von Forderungen".

Worum geht es? Zweck des Exekutionsverfahrens ist es, Urteilen, Vergleichen und sonstigen "Exekutionstiteln" Zähne zu verleihen, also sicherzustellen, dass deren Ergebnisse, allenfalls unter Zwang, umgesetzt werden.

Ein schlagkräftiges Exekutionsverfahren erhöht auch die Zahlungsmoral von Schuldnern, denn die Vorsprache eines Gerichtsvollziehers oder die Pfändung von Forderungen ist – zumindest – Unternehmern unangenehm.

Gut, aber nicht problemlos

Grundsätzlich funktionieren Exekutionsverfahren in Österreich gut. Zwei Probleme bestehen aber von jeher:

  • Die Pfändung von Forderungen von Unternehmen aus Lieferungen und Leistungen; dies ist aufgrund von formalistischen Vorgaben schwierig.
  • Exekutionen gegen zahlungsunfähige Personen, die nur Kosten verursachen, aber nicht dem Sinn des Exekutionsrechts entsprechen. Zahlungsunfähigkeit ist ein Insolvenzgrund, und ein Insolvenzverfahren schützt vor Exekutionen.

Für beide Probleme enthält der vorliegende Gesetzesentwurf nun Lösungsansätze.

Um die Forderungsbetreibung durch Gläubiger zu erleichtern, werden "Exekutionspakete" geschaffen. Das "normale" Paket umfasst die Exekution auf bewegliche Sachen und Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis.

Man bekommt es dann, wenn man kein erweitertes Paket beantragt. Letzteres erstreckt sich auch auf Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, und es ist zwingend ein Verwalter zu bestellen. Seine Aufgabe ist es, Vermögenswerte ausfindig zu machen, sie zu pfänden und anschließend zu verwerten.

Kosten des Verwalters

Die Position des Verwalters ist ähnlich der eines Insolvenzverwalters, er erhält neben einer Mindestentlohnung von 500 Euro eine vom Erfolg abhängige Vergütung. Die Mindestentlohnung muss der Gläubiger als Kostenvorschuss erlegen.

Es bleibt unklar, wie diese "Privatisierung des Exekutionsverfahrens" in der Praxis ablaufen soll. Wer vermerkt, wo Pfändungen durchgeführt wurden, wie funktioniert das Zusammenspiel mit den nach wie vor tätigen Gerichtsvollziehern und welche Informationen werden wann, wenn überhaupt, an Gläubiger weitergegeben?

Aufgrund der entstehenden Kosten wird der Antrag auf ein erweitertes Exekutionspaket mit Verwalterbestellung nur bei Exekutionsführung gegen Unternehmen mit vielen Kundenforderungen und sonstigen Vermögenswerten (wie Beteiligungen) zu empfehlen sein.

Die angedachte Lösung für die Problematik der Exekutionsführung gegen zahlungsunfähige Personen beinhaltet zwei Teile: Zum einen sollen aussichtslose Exekutionsverfahren gestoppt werden, zum anderen soll daran anknüpfend bei natürlichen Personen das von der Wissenschaft schon lange geforderte Gesamtvollstreckungsverfahren für eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger sorgen.

Wenn festgestellt wird, dass der Schuldner "offenkundig zahlungsunfähig" ist, soll der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit in der Ediktsdatei bekanntgemacht werden. Sämtliche Exekutionsverfahren haben dann zu "ruhen". Weitere Schritte wie beispielsweise ein Insolvenzantrag erfolgen nicht.

Insolvenz aktiv beantragen

Nach der Intention des Gesetzgebers sollen Schuldner und/oder Gläubiger aktiv werden und die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragen. Die Veröffentlichung der offenkundigen Zahlungsunfähigkeit bleibt drei Jahre lang in der Ediktsdatei sichtbar. Sie bedeutet für den Betroffenen den Ausschluss vom Wirtschaftsleben. Diese Auswirkung könnte ein Anreiz für Schuldner sein, doch eine Entschuldung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens anzustreben.

Einen weiteren Anreiz, als Schuldner ein Insolvenzverfahren anzustreben, sieht die geplante Insolvenzrechtsreform vor. Sie macht die Verkürzung der Entschuldungsfrist bei natürlichen Personen von fünf auf drei Jahre von gewissen Verhaltensweisen des Schuldners nach Feststellung der offenkundigen Zahlungsunfähigkeit abhängig.

Betreibt der Schuldner ein Unternehmen, muss er binnen 30 Tagen ein Insolvenzverfahren beantragen. Ist er unselbstständig, darf er keine neuen Schulden eingehen, die er dann wieder nicht bezahlen kann.

Schuldenregulierungsverfahren

Stellt der Gläubiger einen Insolvenzantrag, soll das Exekutionsverfahren als Gesamtvollstreckungsverfahren nach den Bestimmungen der Insolvenzordnung fortgeführt werden. Kostendeckendes Vermögen ist dafür nicht Voraussetzung. Allerdings wird ein Insolvenzverwalter nur bestellt, wenn der Gläubiger einen Kostenvorschuss leistet.

Dem Schuldner steht dann die Möglichkeit offen, durch einen Antrag auf Annahme eines Sanierungsplans, Zahlungsplans oder eines Abschöpfungsverfahrens das Gesamtvollstreckungsverfahren in ein normales Schuldenregulierungsverfahren umzuwandeln und sich dadurch zu entschulden.

Unterlässt er dies, kommt es zu einer Art "ewigem Konkurs". Das Verfahren wird nur dann eingestellt, wenn der Schuldner mehr als fünf Jahre lang keine das Existenzminimum übersteigenden Einkünfte hatte. Eine Entschuldung findet nicht statt.

Anstieg von Privatinsolvenzen

Die geplante Reform wird zu einer effizienteren Vollstreckung von Forderungen gegen Unternehmen führen. Die Schaffung einer Schnittstelle zwischen Exekutions- und Insolvenzrecht durch die Veröffentlichung der "offensichtlichen Zahlungsunfähigkeit" und Einführung eines "Gesamtvollstreckungsverfahrens" wird wohl einen Anstieg der Privatinsolvenzen zur Folge haben.

So weit im Rahmen eines Schuldenregulierungsverfahrens eine Entschuldung erfolgt, ist dies ein durchaus erwünschtes Ergebnis und jedenfalls besser als die Fortsetzung einer sinnlosen Exekutionsführung gegen zahlungsunfähige Personen. Ob die vom Gesetzgeber vorgesehenen Anreize für Schuldner zu einer Eigeninitiative ausreichend sind, wird erst die Praxis zeigen.

Die Reform wird aber auch zu einem Rückgang der Anzahl der Exekutionsverfahren führen. Dies bedeutet geringere Einnahmen des Staates aus Gerichtsgebühren. Um das zu kompensieren, ist eine Erhöhung der Gerichtsgebühren geplant.

Es bleibt abzuwarten, ob der derzeitige Entwurf auch wirklich Gesetz wird oder ob infolge der vielen Stellungnahmen während des Begutachtungsverfahrens noch Änderungen erfolgen. (Susanne Fruhstorfer, Wirtschaft & Recht Magazin, 11.3.2021)

Susanne Fruhstorfer
Foto: Clemens Mayer