China oder nicht China?

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Dem STANDARD wird von einem Insider berichtet, dass Hygiene Austria nicht nur bei FFP-Masken chinesische Ware als österreichische ausgegeben haben soll. Von Unterlagen, die belegen sollen, dass wohl auch beim Mund-Nasen-Schutz geschwindelt wurde, berichtete nun das Ö1-Morgenjournal am Donnerstag. Ermittler bestätigen dem STANDARD, dass ein entsprechender Verdacht vorliege. Die Ware habe sich perfekt zum Umpacken geeignet, weil die Beipackzettel lose im Karton beigefügt worden seien. Insgesamt habe es zwei Lieferungen gegeben, eine mit elf und eine mit neun Millionen MNS-Masken. Die Masken sollen im Oktober an das 2020 von Palmers und Lenzing gegründete Unternehmen geliefert worden sein.

Palmers- und Hygiene-Austria-Chef Tino Wieser bestritt bisher in Interviews, auch MNS-Masken aus China zugekauft zu haben. Wie Ö1 berichtet, seien die Masken nicht an die Hygiene Austria, sondern an Palmers geliefert worden. Laut Unterlagen soll eine Rechnung zunächst nach Liechtenstein geschickt worden sein, und zwar nicht an die Stiftung des Palmers-Miteigentümers Matvei Hutman, sondern an eine Aktiengesellschaft namens CFA. Die Rechnung soll auch bezahlt worden sein.

Laut dem Ö1-Informanten waren die Masken für die Ukraine bestimmt, zumindest sei den Lieferanten das osteuropäische Land als Zielland genannt worden. Dass chinesische Masken über Deutschland und Österreich in die Ukraine gelangt seien, sei unüblich, zitiert Ö1 den Informanten.

"Made in Austria" sagt noch nichts über die Qualität von Masken aus. Wir zeigen euch den Sicherheitstest mit Licht, Wasser und Feuer.
DER STANDARD

Stoffmasken aus Bulgarien

Ein Insider berichtete dem STANDARD bereits vor Tagen, dass auch chinesische MNS-Masken von Hygiene Austria in Österreich verkauft worden seien. Anders hätte man die Nachfrage gar nicht decken können, sagte er. Es wurde in drei Schichten gearbeitet, rund um die Uhr. Nicht einmal am Wochenende standen die Maschinen still. Es sei denn, es gab technische Probleme – was nicht selten vorkam. Dokumente aus dem Sommer, die dem STANDARD vorliegen, zeigen, dass es immer wieder zu Stehzeiten kam. Maschine 1 hatte immer wieder "Probleme mit dem Draht", teilweise fiel sie stundenlang aus. Auch die anderen Maschinen liefen nicht immer wie geschmiert, wie Dokumente belegen.

Aus dem Ausland zugekauft hat Hygiene Austria jedenfalls auch Stoffmasken, wie Informationen des STANDARD belegen. Laut Palmers-Chef Wieser hat man vom bulgarischen Sportartikelgeschäft Bapa Sport bedruckte Stoffmasken gekauft. Geliefert wurden diese Anfang November an die Hygiene Austria, wie Fotos belegen. Gedacht gewesen seien sie aber für die Palmers-Mitarbeiter, sagte Wieser dem STANDARD. Der Auftragswert sei bei maximal 12.000 Euro gelegen, Stoffmasken seien kein Geschäft, so Wieser. Viele Bapa-Masken würden noch im Keller der Hygiene Austria herumliegen. Die Ermittler sehen hier auch keinen Verdacht auf Betrug.

Nie im Onlineshop

Ein Nullgeschäft waren Stoffmasken für die Hygiene Austria freilich nicht. Laut der Plattform offenevergaben.at verkaufte die Hygiene Austria mindestens einmal bedruckte Stoffmasken für fast 100.000 Euro an die Gesundheitskasse (ÖGK) – eine Herkunftsbezeichnung fehlte, sie waren jedenfalls nicht fälschlich als "made in Austria" deklariert.

Laut den Insider-Informationen des STANDARD sollen Stoffmasken manchmal nie in den Onlineshop der Hygiene Austria gelangt sein, damit gehandelt habe das Unternehmen aber sehr wohl. Sie seien stets direkt weiterverkauft worden, heißt es.

"Gewaltiges Imageproblem"

Lenzing sieht in dem Skandal ein "gewaltiges Imageproblem" und will wesentlich zur Aufarbeitung beitragen. "Das Bild, das sich in den letzten Tagen in Sachen Hygiene Austria gezeigt hat, empfinde ich als zutiefst verstörend", sagte Lenzing-Chef Stefan Doboczky am Donnerstag. "Dieses Bild muss korrigiert werden." Über die Vorgänge bei dem Maskenhersteller sei der Manager nicht im Bilde gewesen.

Die Corona-Krise hat dem oberösterreichischen Faserhersteller einen kräftigen Umsatzeinbruch sowie Verlust eingebrockt. Unter dem Strich erzielte Lenzing im Vorjahr einen Verlust von 10,6 Millionen Euro nach einem Gewinn von 114,9 Millionen im Jahr davor. Die Umsatzerlöse brachen um mehr als ein Fünftel auf 1,63 Milliarden Euro ein. Auch wenn sich der Fasermarkt im zweiten Halbjahr 2020 wieder erholte, konnten die Verluste nicht ausgeglichen werden. (luis, jan, 11.3.2021)