Corona trifft alle hart. Nicht nur Menschen, die auf den Intensivstationen überfüllter Spitäler landen, leiden immens. Nach einem Jahr Pandemie sehnen sich auch jene nach etwas mehr Normalität, die das Homeoffice anfangs vielleicht ganz lustig gefunden oder die Kurzarbeit gern zum Ausräumen von Kellern und Kleiderschränken oder zur Erledigung von sonst lange Aufgeschobenem genutzt haben. Irgendwann reicht es. Dieser Punkt scheint bei vielen überschritten, wie der Sog zeigt, den diverse Anti-Corona-Demonstrationen erzeugen.

Beim Klimaschutz sah es bis kurz vor Corona ähnlich aus. Immer mehr Menschen folgten dem Beispiel Greta Thunbergs und gingen vorzugsweise freitags auf die Straße. Zuerst marschierten Tausende, dann Zehntausende, bald Hunderttausende – nein, nicht gegen etwas, sondern für etwas, für mehr Klimaschutz. Das ist der große Unterschied zu Corona. Auch wenn die Erderhitzung ähnlich hinterhältig ist wie das unsichtbare Virus, das uns so lange schon in Atem hält, bedarf es noch größerer Anstrengungen, sie zu stoppen.

Während bei Corona die Hoffnung auf Impfstoffen und wirksamen Medikamenten ruht, wird die Erderhitzung, so grotesk das klingt, nach Corona erst so richtig Fahrt aufnehmen. Eine Folge von Corona war nämlich der Quasistillstand vieler Produktionen, damit einhergehend auch weniger Verkehr und weniger CO2-Ausstoß. Diese vermeintliche Einsparung wird beim Wiederanspringen der Konjunktur in Nullkommanichts aufgebraucht sein. Umso wichtiger wäre es, jetzt Nägel mit Köpfen zu machen, international, aber auch national. Leider scheint Corona nicht nur Fridays for Future, sondern auch alles andere zu überschatten und einzufrieren.

Am Donnerstag wurde von Türkis-Grün das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) präsentiert.
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Prolongierung des Stillstands

Anders ist nicht zu erklären, dass in der Regierungsriege selbst das diplomatische Fingerspitzengefühl erstarrt ist. Mit großem Trara wurde am Donnerstag von Türkis-Grün die Einigung auf die längst überfällige Nachfolgeregelung für das alte Ökostromregime präsentiert, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG). Das alte, auf fixen Einspeisetarifen statt Marktprämien beruhende Vorgängermodell ist von Brüssel schon lange als nicht mehr zeitgemäß kritisiert worden. Statt dass der Ausbau erneuerbarer Energien nun aber, wie intendiert, rasch in die Gänge kommt, droht eine Prolongierung des Stillstands, weil das Gesetz so rasch wohl nicht verabschiedet wird.

Die Oppositionsparteien fühlen sich übergangen. Die Abgeordneten sind fuchsteufelswild, weil ihnen statt der versprochenen Verhandlungen ein fertiger Gesetzestext vor den Latz geknallt wurde. Friss oder stirb werde es aber nicht spielen, heißt es in ersten Reaktionen von der Opposition. Und die sitzt in diesem Fall am längeren Ast.

Damit das EAG in Kraft treten kann, bedarf es einer Zweidrittelmehrheit im Parlament. Türkis-Grün ist auf Zustimmung aus dem Oppositionslager angewiesen. SPÖ, FPÖ und Neos werden sich nun erst recht teuer verkaufen.

Dabei hätte es für Verhandlungen wahrlich genug Zeit gegeben. Die Regierungsparteien waren sich aber selbst über weite Strecken uneins. Es gab Streit, was alles im Gesetz berücksichtigt werden sollte. Dem Weltklima ist es herzlich egal, wie es um das Klima in der Koalition bestellt ist. Angesichts der fortschreitenden Erderhitzung sind Animositäten zwischen den Parteien wirklich das Letzte, was wir brauchen. (Günther Strobl, 11.3.2021)