Bei den zusätzlichen Stromerzeugungskapazitäten will Umweltministerin Gewessler vor allem auf Windkraft und Photovoltaik setzen.

Foto: laggers.at (=Rudolf Skarics)

Wien – Das von der Stromwirtschaft mit Ungeduld erwartete Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG), das als Grundlage für einen forcierten Ausbau der Erneuerbaren-Stromerzeugung bis 2030 dienen soll, ist fertig und soll am Mittwoch kommender Woche in den Ministerrat eingebracht werden. Wenn der parlamentarische Prozess wie geplant abläuft, werde das Paket noch vor dem Sommer in Kraft treten können, sagte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Donnerstag.

Eigentlich hätte das EAG bereits am 1. Jänner 2021 in Kraft treten sollen, der Unmut der Ökostrom-Branche, aber auch der Oppositionsparteien angesichts der Verzögerung war groß. "Wichtig ist, dass es da ist, das EAG", sagte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) bei der Pressekonferenz in Wien. "Wir wissen, es hat eine Spur gedauert, aber es ist ein großer Wurf."

27 Terawattstunden mehr Ökostrom

Ziel des EAG ist es, dass Österreichs Strombedarf bis zum Jahr 2030 zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden kann. Gemeint ist das bilanziell und übers Jahr gerechnet, das heißt nicht, dass gar kein Strom mehr zum Beispiel aus Erdgas erzeugt wird. "Dafür setzen wir auf Investitionen, Bürgerbeteiligung und Innovation", sagte Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP).

Um das Ziel zu erreichen, werden 27 Terawattstunden (TWh) an zusätzlicher Stromerzeugungskapazität notwendig sein. Zum Vergleich: Zwischen 1970 und 1998 wurden 30 TWh an Leistung zugebaut. Die zusätzlichen Kapazitäten sollen sich wie folgt zusammensetzen: elf TWh aus Photovoltaik (PV), zehn TWh Wind, fünf TWh Wasserkraft und ein TWh Biomasse. "Das sind plus 50 Prozent zum heutigen Bestand", sagte Gewessler.

Dafür wird das Fördersystem angepasst. Künftig soll es zwei Arten von Förderungen geben – entweder als einmalige Investitionsförderung oder als laufende Marktprämie für die Stromproduktion. Das Unterstützungsvolumen beträgt eine Milliarde Euro pro Jahr, insgesamt sollen also in den nächsten zehn Jahren zehn Milliarden Euro in den Ausbau der erneuerbaren Energie investiert werden.

Haushalte sollen nicht stärker belastet werden

Die Haushalte sollen nicht wesentlich stärker belastet werden als bisher. "Einkommensschwache Haushalte, definiert über diejenigen, die Anrecht haben auf Befreiung von der GIS-Gebühr, sind von den Ökostrom-Beiträgen befreit", so Gewessler.

Gegenüber dem Begutachtungsentwurf gab es auch einige wesentliche Änderungen. "Wir haben mehr als 2.000 Stellungnahmen bekommen", so die Umweltministerin. Eine wesentliche Änderung betrifft den Wasserstoff: Elektrolyseanlagen werden nun für mindestens 15 Jahre komplett von den Netztarifen ausgenommen – im Begutachtungsentwurf waren 50 Prozent vorgesehen. Darüber hinaus stehen insgesamt 500 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre an Investitionsförderung für Wasserstoff- bzw. Elektrolyseanlagen zur Verfügung.

Beim Biogas soll die Nachfolgeförderung als Marktprämie bis ins 30. Jahr reichen, darüber hinaus stehen ebenfalls 500 Millionen Euro für die nächsten zehn Jahre in Form einer Investitionsförderung für die Umrüstung von Verstromung auf Gaseinspeisung und für Neuanlagen zur Verfügung.

Pumpspeicheranlagen werden zu 100 Prozent von Netztarifen befreit, das gilt nun sowohl für neue als auch für bestehende Anlagen für 15 Jahre.

Energiegemeinschaften möglich

Das EAG ermöglicht auch erstmals Energiegemeinschaften: Bei "Erneuerbaren-Energiegemeinschaften" können Nachbarn oder Betriebe gemeinsam Strom produzieren und teilen. "Bürgerenergiegemeinschaften" erlauben den Tausch von Strom ohne regionale Begrenzung. So soll es beispielsweise möglich sein, dass eine Familie in Oberösterreich PV-Strom auf dem Dach ihres Einfamilienhauses erzeugt und die in Wien studierende Tochter die in Oberösterreich eingespeiste Strommenge verbraucht.

Die Höhe der Förderung von PV-Anlagen steht noch nicht fest, sie soll in Verordnungen festgelegt werden. Insgesamt soll die Förderhöhe steigen, sie sei aber EU-rechtlich begrenzt, erklärte Brunner. Man gehe davon aus, dass sich die Investition innerhalb von zehn Jahren rentiert. Die Lebensdauer solcher Anlagen habe früher etwa 20 Jahre betragen, inzwischen sei man bei 30 Jahren.

Parallel zur Gesetzwerdung in Österreich läuft bereits die Notifizierung bei der EU. "Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, genauso wie die Netzreserve, müssen europarechtlich notifiziert sein", sagte Gewessler. "Final ist das erst möglich, wenn das Gesetz final beschlossen ist." Sie habe sowohl mit Energiekommissarin Kadri Simson als auch mit den beiden Vizepräsidenten Margrethe Vestager und Frans Timmermans bereits Gespräche geführt. "Sie haben mir alle zugesagt, sie werden das rasch prüfen." (APA, 11.3.2021)