Benjamin Netanjahu, genannt Bibi, stellt sich den vierten Wahlen in zwei Jahren. Ein Foto mit dem Kronprinzen von Abu Dhabi würde sich gut machen.

Foto: EPA / Emir Sultan

Da steckt der Wurm drin. Am Donnerstag musste der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erneut seinen ersten offiziellen Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) absagen, laut israelischen Medien zum vierten Mal. Netanjahus geplanter Kurztrip nach Abu Dhabi, wo Israel vor kurzem eine Botschaft eröffnet hatte, wurde eigentlich erst durch die Absage definitiv bestätigt: Während am Vormittag noch spekuliert wurde, Netanjahu werde wegen der Blinddarmerkrankung seiner Frau Sara nicht reisen, bestätigte das Büro Netanjahus später, dass Jordanien Probleme bei der Überfluggenehmigung gemacht habe und der Besuch deshalb ausfalle.

Amman öffnete zwar später seinen Luftraum, aber da hatten sich Netanjahu und der Kronprinz von Abu Dhabi, Mohammed bin Zayed Al Nahyan – der am Donnerstag seinen 60. Geburtstag feierte –, bereits auf eine Verschiebung verständigt. Die Schwierigkeiten mit Jordanien wurden auf einen Vorfall am Mittwoch zurückgeführt: Der jordanische Kronprinz Hussein bin Abdullah hatte am Mittwoch geplant, die islamischen Städten auf dem Tempelberg in Jerusalem zu besuchen – und war abgewiesen worden, weil er von mehr Sicherheitsleuten als in den Sicherheitsprotokollen mit Israel festgelegt begleitet wurde. Der 26-jährige Sohn König Abdullahs brach den Besuch daraufhin ab. Es wäre sein erster gewesen.

Sensible Jerusalem-Frage

Die jordanisch-israelischen Beziehungen befinden sich seit längerer Zeit in einem tiefen Tal. Alles, was mit dem von Muslimen so bezeichneten Haram al-Sharif in Jerusalem zusammenhängt, wo sich der Felsendom und die Al-Aqsa-Moschee befinden, ist für Jordanien dabei besonders sensibel. Das haschemitische jordanische Königshaus hat die Verwaltung der heiligen Stätten inne, und je besser die Beziehungen zwischen Israel und Saudi-Arabien werden, desto mehr fürchtet man in Amman, in Jerusalem zugunsten der Saudis an Einfluss zu verlieren. Zum historischen Kontext gehört, dass die Haschemiten nach jahrhundertelanger Kontrolle 1924/1925 Mekka und Medina an die Familie Saud verloren hatten, die 1932 ihr Königreich gründeten.

Jordanien hat mit Israel seit mehr als 26 Jahren einen Friedensvertrag – die "Abraham Accords", die zu den beiderseitigen Botschaftseröffnungen in Abu Dhabi beziehungsweise Tel Aviv führten, sind hingegen erst ein gutes halbes Jahr alt. Mohammed bin Zayed, der starke Mann der VAE, der für seinen kranken Bruder regiert, war nicht bei der Unterzeichnung im September in Washington. Im Dezember plante Netanjahu einen Besuch sowohl in den VAE als auch in Bahrain, das sich ebenfalls den Abraham Accords angeschlossen hatte. Dieser und nächste geplante Termine fielen der Corona-Krise zum Opfer.

Israel plant, in Abu Dhabi eine große Botschaft zu etablieren, mit einer substanziellen Handelsdelegation, sowie ein Konsulat in Dubai. Auch die VAE haben einen Botschafter, Mohammed Mahmud al-Khaja, ernannt, der bereits in Israel akkreditiert ist, aber noch nicht dort residiert. Den Abraham Accords haben sich seitdem auch der Sudan und Marokko angeschlossen. Bei Rabat handelte es sich, so wie bei Abu Dhabi und Manama, im Grunde darum, bereits bestehende gute Beziehungen öffentlich zu machen.

Keine Sideshow mit MbS

Komplizierter ist die Sache mit Saudi-Arabien. Am Mittwoch hatten israelische Medien gemeldet, dass sich der saudische Kronprinz, Mohammed bin Salman, eventuell dem Treffen mit Netanjahu und Mohammed bin Zayed in Abu Dhabi anschließen könnte. Laut Haaretz sei das vor allem von Mossad-Chef Yossi Cohen betrieben worden. Die Saudis dementierten: MbS, wie der saudische Kronprinz oft genannt wird, habe nicht vor, Netanjahu in den VAE zu treffen.

Die Saudis reagierten pikiert, als Ende November in Israel geleakt wurde, dass Netanjahu und Cohen den Kronprinzen getroffen hätten, und zwar sogar in Saudi-Arabien, in der in Bau befindlichen futuristischen Stadt Neom.

Saudi-Arabien hat zwar Israels Normalisierung mit arabischen Ländern begrüßt, den Schritt selbst jedoch nicht getan. Auch hier spielen die heiligen islamischen Stätten eine Rolle: Jene in Saudi-Arabien verwaltet das Königshaus im Namen aller Muslime, der Status von Jerusalem gilt als "besetzt".

Der 35-jährige MbS soll für Normalisierungspläne leichter ansprechbar sein als sein Vater, König Salman bin Abdulaziz (85). Der Kronprinz musste allerdings jüngst die Veröffentlichung des CIA-Berichts hinnehmen, der zur Einschätzung kommt, er sei für die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul im Oktober 2018 direkt verantwortlich. Israel scheint das nicht weiter zu stören – was nebenbei ein klares Signal an US-Präsident Joe Biden ist. (Gudrun Harrer, 11.3.2021)