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"Weil sie unser Land gut regiert", will Maly Dreyer (SPD) in Rheinland-Pfalz an den Hebeln der Macht bleiben. Es könnte gelingen.

Foto: Reuters / Wolfgang Rattay

Corona – was sonst. Auch im "lieblichen Taubertal", wie der Moderator die Region preist, gibt es in diesem Wahlkampf vor allem das eine Thema. War es richtig, dass Deutschland sich im Rahmen der EU Impfstoff beschafft hat – zumal jetzt ja so wenig da sei?

Das will ein Fragesteller gleich von Susanne Eisenmann wissen – natürlich bei einem digitalen Wahlauftritt im Norden von Baden-Württemberg. Im "Grundsatz" sei das schon richtig gewesen, antwortet die CDU-Spitzenkandidatin, nachdem sie zwei Flaschen Fruchtsaft vom Pult geräumt hat.

Über eine so harmlose Frage kann sie eigentlich ganz froh sein. Auf den letzten Metern vor dem Wahlsonntag muss Eisenmann oft zu einem unangenehmen Thema Stellung nehmen: der "Maskenaffäre" in der Union.

Zwei Bundestagsabgeordnete – Nikolas Löbel aus Baden-Württemberg und Georg Nüßlein aus Bayern – haben mit Maskendeals prächtig Provision verdient und für riesengroße Empörung gesorgt. "Es ist inakzeptabel, wenn sich Parlamentarier in dieser schweren Krise mit der Maskenbeschaffung bereichern", sagt Eisenmann.

Mittlerweile haben sowohl Löbel als auch Nüßlein die CDU beziehungsweise die CSU verlassen, Löbel hat auch sein Mandat niedergelegt. Doch der Schaden ist immens. "Man muss die Auswirkungen auf die Wahlen am Sonntag nicht befürchten, sie sind offensichtlich", räumt einer aus der CDU-Spitze ein.

Fukushima half Grünen

Und so wird es mit dem von der CDU ersehnten Regierungswechsel im Südwesten Deutschlands zum Auftakt des Superwahljahres (sechs Landtagswahlen, eine Bundestagswahl) wohl wieder nichts werden.

Jahrzehntelang hat in Baden-Württemberg die CDU den Ministerpräsidenten gestellt. Doch dann, im Jahr 2011, kam zuerst im März die Atomkatastrophe im japanischen Fukushima, drei Wochen später die Landtagswahl in "Ba-Wü".

Die CDU, eine Befürworterin der Kernkraft, musste die Staatskanzlei räumen. Einziehen konnte dort der erste grüne Ministerpräsident Deutschlands, Winfried Kretschmann. Er sitzt bis heute dort und hat mittlerweile eine Art präsidialen Status erreicht. Grün ist er, aber auch konservativ und daher für viele ehemalige CDU-Anhängerinnen und Anhänger wählbar.

Laut Forschungsgruppe Wahlen wollen 65 Prozent der CDU-Anhänger Kretschmann als Ministerpräsidenten, nur 22 Prozent ihre eigene Spitzenkandidatin Eisenmann, die im grün-schwarzen Kabinett den Posten der Kultusministerin (Unterrichtsministerin) bekleidet.

"Er denkt ans Ganze", plakatieren die Grünen, und wer darin einen Hinweis sieht, dass auch ein Grüner Ministerpräsident das Wohl der Automobilindustrie – Daimler in Stuttgart – im Auge hat, liegt nicht falsch.

Auch Kretschmann ist vor allem digital unterwegs. Wie es denn so sei, einen Wahlkampf ohne Menschen zu führen, wurde er bei einer Veranstaltung gefragt. "Von Kampf ist nicht viel zu spüren", lautete seine frustrierte Antwort. Man rede in eine Kamera, "man wartet auf Applaus, und dann kommt da nichts."

In jüngsten Umfragen werden den Grünen Zugewinne vorausgesagt, der CDU Verluste. Kretschmann würde eigentlich gern mit der SPD regieren, es ist aber nicht absehbar, dass es dafür reicht.

Ampel in Mainz

Doch die Grünen haben nebst dem Weiter-So mit der CDU als Juniorpartnerin noch eine weitere Option: eine Ampelkoalition aus Grünen, SPD und FDP.

Ein solches Bündnis regiert in Rheinland-Pfalz, dem zweiten Bundesland, in dem am Sonntag gewählt wird. Auch dort greift die CDU an, jedoch aus einer bequemeren Position als die CDU in Baden-Württemberg. Sie ist dort in Opposition. Allerdings hat auch Spitzenkandidat Christian Baldauf mit der Maskenaffäre zu kämpfen. In Umfragen lag die CDU eine Zeit lang vor der SPD, nun hat die SPD mit ihrer beliebten Ministerpräsidentin Malu Dreyer wieder die Nase vorn.

"Wir mit ihr – weil sie unser Land gut regiert", steht auf Dreyers Plakaten. Auf ihren Namen hat die Ministerpräsidentin verzichtet, es kennt sie ohnehin jeder. Nach dem Rücktritt von Andrea Nahles als SPD-Bundeschefin im Juni 2019 hätten viele gerne Dreyer in Berlin an der Parteispitze gesehen. Doch sie wollte im Land bleiben.

Wenn auch Baldauf keinen Sieg schafft, färbt das auch auf den neuen CDU-Chef Laschet ab. Er ist seit Jänner an der CDU-Spitze, es sind die ersten beiden Landtagswahlen unter seine Ägide. "Für ihn ist es keine einfache Lage", sagt der Berliner Politologe Thorsten Faas, "denn Laschet ist neu im Amt, da wird natürlich geschaut, ob er liefert." (Birgit Baumann aus Berlin, 12.3.2021)