Photovoltaik und Wind sollen den Löwenanteil des Stroms liefern, der 2030 benötigt wird.

Foto: imago

Es war eine Schwergeburt. Noch ist es alles andere als fix, dass das Erneuerbaren-Ausbau- Gesetz (EAG) so rasch die nötige Zweidrittelmehrheit im Parlament schafft, wie sich das die Regierung wünscht. SPÖ, FPÖ und Neos zeigten sich am Donnerstag in seltener Einigkeit erbost über das Vorgehen von Türkis-Grün, ohne auch nur den Versuch einer Verhandlung mit der Opposition einen Gesetzestext als fertiges Konvolut zu präsentieren.

Dieses Gesetzespaket wird freilich von vielen in der Strombranche sehnlichst erwartet. Schließlich soll das EAG das alte, nicht mehr zeitgemäße Ökostromgesetz ersetzen und den Stillstand beim Ökostromausbau beenden, den es wegen der Rechtsunsicherheit zuletzt gab.

"Historischer Auftrag"

Vizekanzler Werner Kogler und Energieministerin Leonore Gewessler (beide Grüne) sprachen bei der Präsentation des Gesetzespakets am Donnerstag von einem "historischen Auftrag" und meinten das Einbremsen der Erderhitzung. Österreich setze sich mit dem Vorhaben auf die Überholspur beim Klimaschutz. Mehr als 2000 Seiten Stellungnahmen seien eingeflossen in den Gesetzestext. Staatssekretär Magnus Brunner (ÖVP) strich zudem die gewaltigen Investitionen hervor, die das EAG mit sich bringe.

Allerdings fehlen entscheidende Forderungen der SPÖ in der Regierungsvorlage, etwa einen Belastungsdeckel. Arbeiterkammer und SPÖ wollen, dass die Haushalte nicht mehr als 100 Euro pro Jahr an Ökostromumlage zahlen müssen.

Kein Deckel für Haushalte

Weil die Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien auf eine Milliarde Euro pro Jahr steigen sollen, geht Gewessler von Maximalkosten in Höhe von 120 Euro pro Jahr und Haushalt aus. Mit einer Milliarde pro Jahr sollte es gelingen, die Stromproduktion aus sauberen Quellen bis 2030 um 27 Terawattstunden (TWh) zu steigern. Das sind 50 Prozent mehr als die bestehende Ökostromleistung (55,6 TWh). Davon sollen elf TWh von der Photovoltaik kommen, zehn von der Windkraft, fünf von der Wasserkraft, eine TWh von der Biomasse.

Ärmere Haushalte, die von der Rundfunkgebühr (GIS) befreit sind, müssten auch keine Ökostromumlage zahlen, sagte Gewessler zum sozialen Argument. Das sei allemal treffsicherer, als einen Deckel bei 100 Euro einzuziehen.

Kosteneffizienter Ausbau

Statt fixer Einspeisetarife, wie es sie seit Beginn der Ökostromförderung vor nunmehr fast 20 Jahren gibt, sollen ab Beschlussfassung im Parlament vermehrt marktwirtschaftliche Elemente zum Tragen kommen. Damit soll gewährleistet sein, dass das anvisierte Ziel von 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Quellen im Jahr 2030 möglichst kosteneffizient erreicht wird.

Bei Photovoltaik, die die Hauptlast im notwendigen Zubau trägt, wird künftig nach Klassen unterschieden. Bis zehn Kilowatt (kW; entspricht einer herkömmlichen Anlage am Dach), gibt es eine Investitionsförderung, deren Höhe noch festzulegen ist. Für Anlagen mit höherer Leistung sind gestaffelte Marktprämien vorgesehen, die ebenfalls noch festzusetzen sind.

500 Millionen für grünen Wasserstoff

Förderungen gibt es künftig auch für Elektrolyseanlagen zur Produktion von grünem Wasserstoff zum Einsatz in der Industrie. Insgesamt werden für den Zeitraum bis 2030 dafür 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Nutznießer dürften Unternehmen wie Voestalpine sein, die in der Stahlerzeugung Kohle durch Wasserstoff ersetzen will sowie die OMV, die Österreichs größte Elektrolyse in der Raffinerie Schwechat bauen will.

Bei der Windkraft soll bis 2024 geprüft werden, ob Auktionen möglich sind. Bis dorthin gibt es administrativ festgelegte Prämien.

Viel verspricht sich die Regierung auch von Bürgerenergie- und Erneuerbare Energiegemeinschaften mit der Möglichkeit, selbst produzierten Strom überregional auszutauschen.

Am kommenden Mittwoch wird das EAG im Ministerrat beschlossen, anschließend soll der parlamentarische Prozess starten. Gewessler geht davon aus, dass das Gesetz noch vor dem Sommer beschlossen wird und dann in Kraft treten kann. Für grünes Gas, das die ÖVP ursprünglich auch im EAG geregelt wissen wollte, wird es ein eigenes Paket geben. Die Eckpunkte seien außer Streit, hießt es. (Günther Strobl, 12.3.2021)