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Die US-Wirtschaft erholte sich besser als erwartet. Ist Bidens Mega-Hilfspaket zu viel des Guten?

Foto: AP / Mark Lennihan

Lieber Steuerzahler, hier ist ein Scheck über 1.400 Dollar, bitte rasch ausgeben, und bleiben Sie gesund. Verkürzt formuliert, erwartet diese Nachricht bald jeden US-Bürger in seinem Briefkasten. Denn die Regierung will die Wirtschaft mit 1,9 Billionen Dollar aus der Krise führen. Zusammen mit den beiden Konjunkturpakten aus dem Vorjahr belaufen sich die Hilfsmittel auf fünf Billionen Dollar.

Die vergangenen Zahlungen hätten gewirkt, sagen Befürworter. Die US-Wirtschaft schrumpfte 2020 nur um 3,5 Prozent. In der Eurozone lag das Minus bei 6,8 Prozent, wie jüngste OECD-Daten zeigen. Washington setzt im Gegensatz zu Europa verstärkt auf Direktzahlungen an die Bürger. Haben die USA den besseren Konjunkturhebel erwischt?

Das neue Paket ist vielfältig. Jeder US-Bürger, der weniger als 80.000 Dollar im Jahr verdient, erhält die genannten 1.400 Dollar. Dafür sind insgesamt 400 Milliarden Dollar vorgesehen. Weitere 350 Milliarden Dollar gehen an die Bundesstaaten und Kommunen. 170 Milliarden Dollar sind für Schulen und Universitäten eingeplant. Mit 163 Milliarden Dollar wird das Arbeitslosengeld aufgestockt, und zwar um 300 Dollar pro Woche bis in den September hinein. Miethilfen, Essensausgaben und andere Unterstützungen runden das Paket ab. Auch die Mittel für die Pandemiebekämpfung wurden aufgestockt. Vieles davon beurteilen Ökonomen mit denen der STANDARD gesprochen hat positiv. Knackpunkt sind die Schecks.

Andere Situation

Ökonomen betonen, dass die USA stets rasch reagiert haben. Die Größe des Maßnahmenpakets lässt sich dagegen nicht gut auf Europa übertragen, wie Klaus Weyerstrass vom IHS betont. Zahlungen an Arbeitslose etwa gibt es in hiesigen Sozialstaaten automatisch, dazu braucht es kein Zusatzpaket. Würde man alle Einzelmaßen der EU-Staaten summieren, sei der Unterschied zu den USA nicht so groß, schätzt der Ökonom.

Was in Europa kaum zum Einsatz kommt, sind Direktzahlungen.

In den USA zeigten die Bürgerschecks Wirkung: Im Vorjahr zog der Konsum im Monat, nachdem die staatlichen Hilfen eintrafen, an. Vor allem ärmere Bevölkerungsgruppen gaben mehr Geld aus. Allerdings legten Besserverdiener das geschenkte Geld tendenziell zur Seite.

Reibungsverluste

Bei den Hilfsgeldern gibt es auch andere Reibungsverluste: Erfahrungen hätten gezeigt, dass die Schecks auch von Haushalten mit niedrigen Einkommen zu einem großen Anteil verwendet würden, um Schulden abzutragen statt zu konsumieren, sagt Clemens Fuest, Chef des Ifo-Instituts. Das heiße aber nicht, dass die staatliche Konsumhilfe aufgestockt werden sollte. "In der Krise hat sich Kaufkraft aufgestaut, die sich nach dem Ende der Pandemie entladen wird. Deshalb ist das Programm konjunkturpolitisch unnötig", meint Fuest.

Außerdem stecken manche US-Bürger die Hilfsgelder lieber in die Märkte als einkaufen zu gehen: Eine Umfrage der Deutschen Bank unter 430 Privatanlegern ergab, dass diese im Durchschnitt 37 Prozent der Fördergelder direkt in Aktien investieren wollen. Die Schecks sind auch nicht sozial treffsicher, lautet ein Vorbehalt. Viele Amerikaner, die gar keine Einkommenseinbußen durch die Pandemie erlitten haben, erhalten Geld.

Weniger Spielraum

Direktzahlungen seien nicht generell falsch, meint Philipp Hauber vom Kieler Institut für Weltwirtschaft: "Die US-Wirtschaft hat sich in der zweiten Hälfte des Vorjahres besser erholt als erwartet. Großzügige Schecks für Haushalte waren vor einem Jahr, auf dem Höhepunkt der Krise, die richtige Antwort, heute ist das Programm in diesem Umfang überdosiert."

Besser zu viel als zu wenig, könnte man argumentieren. Man dürfe aber die politische Dimension nicht vergessen. Die Hilfen wurden ohne eine einzige Stimme der Republikaner beschlossen. "So viel Geld für das Konjunkturpaket auszugeben könnte sich für Biden noch rächen. Wenn er Mittel für die Klimapolitik oder Infrastruktur braucht, dürfte im Kongress der Widerstand wachsen, den Staatshaushalt weiter zu belasten", sagt Hauber. Klotzen statt Kleckern war vielleicht die falsche Devise für Joe Biden.

Börsen im Aufwind

Das sich anbahnende Konjunkturpaket hat diese Woche den Börsen Auftrieb verliehen. Nachdem Biden das Gesetz am Donnerstag unterzeichnet hat, haben sogleich die asiatischen Aktien am Freitag kräftig zugelegt. (Leopold Stefan, 12.3.2021)