Die von Maurice Höfgen eingeforderte Jobgarantie ist mit der Möglichkeit, sich selbstständig zu machen, bereits umgesetzt. Was fehlt, ist eine Existenzsicherung als Grundrecht, sagt Grundeinkommensaktivist Helmo Pape im Gastkommentar.

Schon Maurice Höfgens Eingangsbemerkung im Gastkommentar Auf einem Auge blind, das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) sei ein "Konsumscheck", trifft daneben. Wer im BGE nur Geld sieht, erkennt in einer Stradivari nur Brennholz. Wer das Recht auf ein BGE auf die Konsumlogik hin verkürzt, ignoriert, wie liberale Bürgerrechte in modernen Demokratien zu denken wären. Auch Pressefreiheit ist mehr als die Erlaubnis, Papier mit Buchstaben zu bedrucken.

Die Fehleinschätzung steckt in der Annahme, das BGE diene nur dem Konsum, trage aber zur Humanisierung der Arbeitswelt nichts bei. Das scheint abwegig. Was, wenn Amazon plötzlich auf mit Grundeinkommen abgesicherte Angestellte trifft? Verschlechtern würden sich deren Arbeitsbedingungen kaum. Niemand hört zu arbeiten auf, bloß weil man fair behandelt wird.

Sinn für Gemeinwohl

Natürlich billigt das BGE das Recht zu, sich jedem Arbeitszwang zu entziehen. Doch das ist weniger von Relevanz, als viele befürchten. Menschen wollen für andere Menschen nützlich sein, egal wie, wenn sie nur irgendwie dazu in der Lage sind. Man denke nur an die Milliarden Stunden unbezahlter Arbeit, die jene Arbeitsstunden, welche bezahlt werden, bei weitem in Sinn und Volumen übersteigen. Diesen Sachverhalt zeigt die Arbeitsverwendungsstatistik für Deutschland, die Höfgen in seinem Buch anführt.

Heute noch erkennen wir Arbeit nicht als Arbeit, wenn dafür kein Geld fließt.
Foto: Imago / Thomas Trutschel / photothek

"Arbeitet dein Mann eigentlich schon wieder, oder ist er noch daheim bei den Kindern?" Was irritiert uns an diesem Zitat mehr, die Rollenzuschreibung oder der Arbeitsbegriff? Heute noch erkennen wir Arbeit nicht als Arbeit, wenn dafür kein Geld fließt. Wir attestieren all diesen Tätigkeiten keine ökonomische Wertschöpfung. Statt des BGE eine Jobgarantie zu verlangen, analysiert verkürzt, dass Erwerbslose keine Arbeit verrichten. Erweitern wir unseren Arbeitsbegriff, dann müssen wir anerkennen, dass permanent Arbeit geleistet wird: a) an sich selbst in der Verbesserung oder Wiedererlangung eigener Fähigkeiten, auch Pausen sind dafür absolut notwendig; b) für die Betreuung von Kindern, Verwandten, ja allen Lebewesen auch Tieren und Pflanzen für die man Verantwortung trägt; c) für Organisationen, die freiwillige Mitarbeit erfordern – von der Kirche bis zur Feuerwehr, von der Klimagruppe bis zur Initiative für Medienunabhängigkeit; d) und die Erwerbstätigkeit, also die Umsetzung des Ziels, mit dem, was man gerne tut, Geld zu verdienen.

Umweg Jobgarantie

Wir versäumen heute, auf individueller Basis eine materielle Grundlage zu schaffen, die es ermöglichen würde, sinnstiftenden Aufgaben sorgenfrei nachzukommen. Warum hier den Umweg über eine Jobgarantie gehen? Das Recht auf Erwerbsarbeit ist mit der Möglichkeit, sich selbstständig zu machen, bereits umgesetzt. Was es jetzt braucht, ist eine bedingungslose – und damit die Eigenverantwortung betonende – Existenzgrundlage, diese Freiheit auch nutzbar machen zu können. Hier setzt das BGE an, doch es geht noch mehr.

Man sollte die Jobgarantie nicht als das bessere Grundeinkommen positionieren, sondern als staatliche Umsetzungsgarantie für gemeinwohlorientierte Projekte. Wer, unterstützt durch das BGE, noch am Gemeinwohl weiterbauen will, soll dies entlang einer staatlichen Zukunftsagenda tun können. Man stelle sich die Entfesselung der Zivilgesellschaft vor! Dieser Vorschlag wäre liberal, gemeinwohlorientiert, keinesfalls teurer und vom Engagement aktiver Menschen vor Ort getragen. Also: Was halten Sie von einer Einkommensgarantie? (Helmo Pape, 12.3.2021)