Das "Bundesforstehaus" im Pongauer Schwarzach: Der Mietwohnbau ist ein Betonrecycling-Projekt der Salzburg Wohnbau GmbH.

Foto: Salzburg Wohnbau

Roland Wernik, Geschäftsführer der Salzburg Wohnbau GmbH, ist hocherfreut: "Vergangene Woche war Spatenstich für die neue Volksschule im Salzburger Stadtteil Anif. Damit sind wir mit dem Betonrecycling-Projekt auch im öffentlichen Bereich angekommen."

Der 19 Millionen Euro teure Schulbau ist nach einem Haus in St. Koloman, dem Mietwohnbau "Bundesforstehaus" in Schwarzach und dem Seniorenhaus Golling, wo im Mai mit dem Abbruch des Altbestandes begonnen wird, das vierte Bauvorhaben der Salzburg Wohnbau, bei dem Recycling-Beton zum Einsatz kommt. In drei bis vier Wochen beginne man dann auch ein kombiniertes Gewerbe- und Wohnbauvorhaben im bayerischen Freilassing, berichtet Wernik.

Alle Grundstücke bebaut

Der aktuelle Status quo bei der Wiederverwertung von Beton stellt im Allgemeinen de facto nur eine minderwertige Verwendung des Materials dar. Der nach einem Abriss übrig gebliebene Beton wird als Schüttung oder als Verfüllung verwendet.

Dass die Salzburg Wohnbau sich nun intensiv mit hochwertigem Beton-Recycling im Sinn des Wortes – also aus einem alten Haus entsteht ein neues – beschäftigt, sei fast zwingend vorgegeben, meint Wernik.

Immerhin wären bei neuneinhalb von zehn Bauvorhaben die Grundstücke bereits bebaut. Da es in Salzburg überdies kaum Deponien für Betonstoffrestmassen gibt, können so auch Kosten für den Transport und die Lagerung sowie als Nebeneffekt einiges an CO2 eingespart werden. Die Region Salzburg eigne sich zudem besonders gut, da hier in der Vergangenheit weniger Ziegel verarbeitet worden wären, erläutert Wohnbaumanager Wernik im STANDARD-Gespräch.

Breite Kooperation

Anders als in der Schweiz, wo im Hochbau bereits geschätzte 25 Prozent Recyclingbeton eingesetzt werden, sind die Erfahrungen in Österreich mit der Materie noch eher bescheiden. Somit wird in Salzburg nicht nur in der Praxis geprobt, sondern auch intensiv geforscht. Allein schon die Liste der Kooperationspartner lässt erahnen, wie komplex das Thema ist. Neben der Salzburg Wohnbau GmbH, dem Halleiner Betonerzeuger Deisl und der Radstädter Baufirma Steiner sind die Materialforscher der Uni Salzburg, die Bautechnische Versuchsanstalt, die Fachhochschule Salzburg und das Holztechnikum Kuchl mit an Bord.

Unterstützt und koordiniert wird die Suche nach neuen Betonrezepturen und Aufbereitungstechnologien vom Innovationsservice Salzburg, einer von Land, Stadt und Wirtschaftskammer ins Leben gerufenen Technologiegesellschaft.

Voraussetzung für das Recycling ist eine 3D-Kodierung des alten wie auch des neuen Hauses. Dabei wird jeder Bauteil auf seine Wiederverwendbarkeit überprüft. Dann wird das Haus ausgeräumt und eine genaue Fragmentierung vorgenommen. Die Betonteile werden zuerst direkt auf der Baustelle in einer mobilen Schleuder zerteilt und später in die Aufbereitungsanlage verbracht, wo in verschiedensten Schritten zuerst die Holzspäne alter Verschalungen und andere Störstoffe entfernt, dann unterschiedliche Korngrößen hergestellt werden. Um die Transportwege nicht zu lang werden zu lassen, beschränkt man sich auf einen Radius von 30 bis 40 Kilometern rund um die Aufbereitungsanlage in Hallein.

Kostenvorteil

Bei der oben erwähnten Volksschule Anif beispielsweise werden so 2300 Tonnen Beton zurückgewonnen. Ferner fallen 80 Kubikmeter altes, trockenes Dachstuhlholz an, das sogar für tragende Konstruktionen oder für Sichtverschalungen verwendet werden kann. In Summe handelt es sich also eher um Upcycling als um Recycling.

Wobei nach den derzeit geltenden Normen nur 38 Prozent Recycling-Beton beigemengt werden dürfen, sagt Wernik. Im bewitterten Außenbereich dürfe dieser gar nicht eingesetzt werden, da die Wasseraufnahme beim Recyclat noch höher sei als bei neuem Beton. Wernik geht aber davon aus, dass auch hier bald Lösungen vorliegen und die Normen angepasst werden.

Und die ökonomische Seite? Bei den bisherigen "Prototypen" sei man im Preisvergleich durch das Upcycling "um Nuancen günstiger", sagt Wernik. (Thomas Neuhold, 12.3.2021)