Drei Jugendliche tauchen nach dem Brand bei einem Rave nicht mehr auf: "Katakomben".

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MünchenUnterföhring/Wien (APA/dpa) – Reich ist München – auch – an Klischees: Oktoberfest, Gemütlichkeit, die Schönen und die Reichen. Doch es gibt auch in der bayerischen Landeshauptstadt Menschen, die in bitterer Armut leben. Die Serie "Katakomben" des österreichischen Regisseurs Jakob M. Erwa mit seiner Landsfrau Aglaia Szyszkowitz bringt beide Welten zusammen. In sechs Folgen entfaltet sich das Coming-of-Age-Drama nun beim Streaminganbieter Joyn Plus+.

Brand beim Rave

Für eine illegale Rave-Party steigen verwöhnte Rich Kids in die unterirdischen Gänge unter dem Münchner Hauptbahnhof hinab. Wo sonst Obdachlose und Gestrandete Unterschlupf finden, feiern sie, trinken, nehmen Drogen. Plötzlich bricht ein Brand aus, und die Teenager fliehen ins Freie. Nur drei Jugendliche tauchen nicht wieder auf.

Bei den Ermittlungen wird ein Netz aus Geheimnissen offenbar, in das auch Stadtbaurätin Anna Mahler (Szyszkowitz) verwickelt ist. Seltsam verhalten sich auch die Bundespolizistin Magdalena (Sabine Timoteo) und Lisa (Marleen Lohse), die ein riesiges Bauprojekt am Hauptbahnhof betreut.

Regisseur Erwa ("Die Mitte der Welt") inszeniert intensiv, rasant und schnörkellos. Schon die ersten Momente fesseln, auch dank der großartigen Bilder von Kameramann Julian Krubasik. Jugendliche in Glitzeroutfit und Feierstimmung laufen durch den menschenleeren Hauptbahnhof, vorbei an einer Obdachlosen, die sich zum Schutz vor Kälte in ihren Schlafsack eingewickelt hat. Was die Partygänger nicht wissen: Für einige von ihnen wird der Abend zum Horror.

Unbekannte Welt

Schlimm ist es vor allem für Nellie. Ihr Bruder Max zählt zu den Verschwundenen. Mit ihrem besten Freund Janosch (Yasin Boynuince) macht sich Nellie auf die Suche und taucht ab in eine Welt, von deren Existenz sie bisher nichts wusste.

Geschickt vermeidet Erwa Klischees und setzt auf Szenen, die auch mal an die Schmerzgrenze gehen, weil sie so ehrlich sind. Das ist auch das Verdienst der Schauspieler, allen voran Lilly Charlotte Dreesen als Nellie. Verzweifelt sucht sie nach Max (Nick Romeo Reimann). Für das Mädchen ist es ein Schock, als sie mit der anderen Seite Münchens jenseits von Champagner, Architektenhaus und Edelmarken konfrontiert wird. Stattdessen sieht sie Menschen, die verzweifelt um Existenz und Würde kämpfen.

Szyszkowicz hatte auf die Rolle der Stadtbaurätin große Lust, auch weil die gebürtige Grazerin selbst in München wohnt und sich dort auskennt. "Es gibt einen großen Reichtum und bittere Armut", sagt die 53-Jährige und warnt: Solche Gegensätze könnten eine sprengstoffhafte Wirkung entfalten. Deshalb sei es wichtig, aufeinander zuzugehen: "Zuhören, nachfragen, verstehen... und helfen. Wo man kann." (APA, dpa, 12.3.2021)