TV-Teams vor dem Bundeskanzleramt, das für Medienthemen und damit auch die neue Digitalförderung zuständig ist.

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34 Millionen Euro plant die Republik für eine neue Medienförderung 2021 ein, regulär werden es ab 2022 15 Millionen pro Jahr. Wenn die EU die neue Beihilfe für die "digitale Transformation" klassischer Medien abnickt. Am Freitag endet die Begutachtungsfrist für den Gesetzesentwurf zur Digitalförderung.

Eine Reihe von Stellungnahmen verlangt, die Einnahmen aus der Digitalsteuer auf Werbung bei internationalen Riesen wie Google und Facebook für die neue Digitalförderung zweckzuwidmen. 2020 nahm die Republik mehr als 50 Millionen Euro aus dieser Digitalsteuer ein.

Bisher gibt es öffentliche Bundesmittel für Medien in Österreich im Wesentlichen über:

  • die GIS-Gebühren für den ORF (rund 650 Millionen Euro pro Jahr),
  • die Privatrundfunkförderung (regulär 20 Millionen Euro für kommerzielle und drei für nichtkommerzielle Sender),
  • den TV-Produktionsfonds (13,5 Millionen),
  • die Presseförderung (regulär 8,8 Millionen Euro),
  • die Publizistikförderung (rund 250.000 Euro),
  • reduzierte Mehrwertsteuer auf Zeitungsverkäufe (zehn statt 20 Prozent) und
  • öffentliche Werbebuchungen (170 bis 200 Millionen Euro pro Jahr).

Die Eckpunkte der Digitalförderung

Die neue Digitalförderung soll zu einem Drittel für Tages- und Wochenzeitungen reserviert werden, regulär also fünf Millionen. Sie wird laut einem Richtlinienentwurf der RTR zu 50 Prozent nach Auflage und Reichweite des Printtitels bemessen, zu 40 Prozent nach den Einnahmen mit Digitalabos und -verkäufen sowie zu zehn Prozent nach dem journalistischen Personalstand.

Zwei Drittel werden laut Entwurf für digitale Transformationsprojekte vergeben – etwa Abogewinnung, Redaktionssysteme, Workflows, Ausbildung; zudem für barrierefreie Zugänge und Jugendschutz (vor allem bei Privatsendern).

In ersten Reaktionen auf den Entwurf gegenüber dem STANDARD begrüßte etwa der Zeitungsverband VÖZ die geplante Digitalförderung. Grundsätzlich taten das auch Medienwissenschafter sowie der Presseclub Concordia. Sie kritisierten zugleich wie etwa auch Rechtsexperten, dass rein digitale Medien, Gründungen und Innovationen unabhängig von bestehenden Medienunternehmen nicht gefördert würden.

Rundfunk vs. Print: Die Stellungnahmen

Was kam in der Begutachtung an offiziellen Stellungnahmen? Ein erster Überblick der bis Freitagnachmittag 47 Kommentare:

"Alternativlos" ist für den Zeitungsverband VÖZ dieser Ausbau der Medienförderungen "im Sinne gezielter und wiederkehrender Anschubfinanzierung zu Projekten der digitalen Transformation". Bei aller Unterstützung der Förderung hat der Zeitungsverband einige Forderungen und Kritikpunkte:

  • Die Digitalförderung sollte nach Ansicht des VÖZ von der weisungsfreien Medienbehörde KommAustria vergeben werden und nicht vom weisungsgebundenen Geschäftsführer der Förderstelle RTR.
  • Die Förderrichtlinien – die etwa die Aufteilung auf verschiedene Förderbereiche bestimmen soll und vom Entwurf der RTR überantwortet wird – sollten bei jeder Änderung einem Begutachtungsverfahren unterliegen.
  • 15 Millionen jährliche Förderung sollten als Mindestbetrag definiert werden. Wenn die Einnahmen aus der Digitalsteuer (auf Werbung bei internationalen Onlinekonzernen) eine bestimmte Höhe übersteigen, sollten die Mittel automatisch erhöht werden. Bei mehr als 50 Millionen Einnahmen etwa um 10 Millionen, schlägt der VÖZ vor.
  • Presseförderung (für Kaufzeitungen) solle nicht mit der Basis-Digitalförderung gegengerechnet werden: "Es kann nicht Aufgabe der Digitalförderung sein, diesen gesetzgeberischen Willen in einem anderen Fördertopf zu neutralisieren.
  • Beim Fachbeirat für die Digitalförderung empfiehlt der VÖZ Transparenz über geschäftliche Beziehungen statt deren Ausschluss – sonst könnte es schwierig werden, sachkompetente Mitglieder zu finden. Der VÖZ hätte gerne im Gesetz klargestellt, dass der Beirat beratende Funktion hat und keine Sachverständigen seien – damit "Beiratsmitglieder von Förderwerbern wegen der Ausübung ihrer Tätigkeit nicht persönlich belangt werden können". (Die Mediengruppe Österreich hat gerade für Presseförderung zuständige Beitragsmitglieder geklagt.)

Die Wirtschaftskammer Österreich kritisiert die geplante Aufteilung zwischen Print und TV/Radio: "In der Rundfunkbranche geht man davon aus, dass letztendlich rund drei Viertel der Mittel an Print gehen und somit für den Privatrundfunk (Radio und TV, kommerziell und nichtkommerziell) lediglich ein Viertel des gesamten Fördervolumens verfügbar sein wird." Der Schlüssel verzerre den Wettbewerb. Die Kammer sähe die Mittel lieber 50:50 zwischen Print und Rundfunk aufgeteilt.

Der Privatsenderverband VÖP hat die Schätzung von 75 Prozent für Print geliefert und sieht ebenfalls "Wettbewerbsverzerrungen" zwischen den Gattungen und ist gegen eine fixe Aufteilung im Gesetz. Die bisherige Zuteilung bisheriger Medienförderungen finden Sie weiter oben im Text.

Der Verband der (kostenlosen) Regionalmedien hätte die Digitalförderung lieber ganz für Printmedien. TV und Radio seien ohnehin längst digital. Er regt an, "die Digitalförderung von Hörfunk und Fernsehen im Rahmen des bestehenden Privatrundfunkfonds abzuwickeln und somit inhaltlich und organisatorisch von der Förderung der digitalen Transformation der Zeitungsverlage zu trennen. Es hätte dies auch den Vorteil, dass auf diese Weise Doppelförderungen im Bereich der elektronischen Medien durch den Privatrundfunkfonds und den Digitalisierungsfonds ausgeschlossen werden können."

Der Verband Freier Rundfunk Österreich der nichtkommerziellen Sender verlangt die Zweckbindung der gesamten Einnahmen aus Digitalsteuer für die Förderung. Bei der Digitalförderung könne das Gesetz von nichtkommerziellen Stationen nicht denselben Eigenmittelanteil verlangen wie von kommerziellen, schreibt der Verband. Die nichtkommerziellen Sender kritisieren, dass das Gesetz "wesentliche Parameter unbestimmt lässt und auf die Ebene der nicht zur Begutachtung vorliegenden Förderrichtlinien verlagert", die die Förderstelle RTR erstellt. Zudem vermisst er eine Aufstockung des Privatrundfunkfonds für nichtkommerzielle Medien.

Der Presseclub Concordia sieht "mangelnde Transparenz bei Förderbedingungen und Förderverteilung". Wesentliche Bestimmungen würden der RTR überlassen, lautet der "zentrale Kritikpunkt" der JournalistInnenvereinigung. Die so ausgelagerten Bestimmungen müssten "unbedingt Teil des Gesetzes sein oder ebenfalls zur Begutachtung zur Verfügung gestellt werden. Der vorliegende Entwurf lässt diese ganz zentralen Bestimmungen unbestimmt und lagert damit viele der aus unserer Sicht wesentlichen Regelungen in die nicht zur Begutachtung vorliegende Förderrichtlinie aus. Die Begutachtung durch Expert*innen und die interessierte Öffentlichkeit kann daher derzeit nur unzulänglich sein."

Die Concordia verlangt zudem: "Grundvoraussetzung jeder Medienförderung muss ein klares Bekenntnis zu journalistischen Standards und zur Qualitätssicherung im Sinne der gesellschaftlichen Aufgabe von Journalismus sein. Wir fordern daher ethische Selbstverpflichtung der Förderanwärter durch die Mitgliedschaft im Presserat, öffentlich zugängliche Ethik-Kodizes, transparentes Fehlermanagement, Leseranwaltschaften mit regelmäßigen öffentlichen Leistungsberichten oder gleichwertige Maßnahmen zum Qualitätsmanagement, die transparent sind und regelmäßig extern evaluiert werden, als Voraussetzung für die Gewährung der Förderung."

Die Medienbehörde KommAustria wünscht sich etwa eine Präzisierung der Ausbildungsförderung – die ja auch schon mit Presseförderung unterstützt werde. Genauere Formulierungen könnten eine unerwünschte Doppelförderung vermeiden.

Die für die Vergabe zuständige Förderstelle RTR wünscht sich eine Präzisierung der Ausschlussgründe für die Förderung. Laut Entwurf dürfen Medien nicht gefördert werden, die im Jahr des Ansuchens wiederholt und systematisch zum gewaltsamen Kampf gegen die Demokratie oder den Rechtsstaat aufgerufen haben, Gewalt gegen Menschen als Mittel der Politik befürwortet oder wiederholt zur allgemeinen Missachtung der Rechtsordnung aufgefordert haben. Der Gesetzgeber gehe da "scheinbar" von Verletzungen ohne gerichtliche oder behördliche Verurteilung aus – die wären aber aus der Sicht der RTR ein sinnvoller Parameter. Die RTR wüsste auch gerne, wer um Förderung ansuchen kann, wenn das gedruckte Medium und das Onlinemedium in "unternehmensrechtlich getrennten" Firmen erscheinen.

Das Land Vorarlberg will Förderung auch für reine Onlinemedien: "Eine Projektförderung sollte nicht davon abhängig gemacht werden, ob Inhalte auch auf Papier gedruckt werden." Die Förderkriterien für Wochen- oder Monatszeitungen könnten auch hier angewendet werden. Hohe Mindestprojektkosten und Maximalfördersummen benachteiligten "kleinere, vielleicht sehr innovative Medieninhaber und führen zu einer Konzentration der Fördergelder bei den wenigen großen Medienhäusern, was im Sinne der Medienvielfalt und der Innovation im Digitalbereich nicht sinnvoll ist", heißt es in der Stellungnahme.

Der digitale Branchenverband Interactive Advertising Bureau (IAB) kritisiert den Ausschluss digitaler Medien von der Förderung. Auch er fordert eine Anpassung der Förderung an die Einnahmen aus der Digitalsteuer auf Werbung bei Google, Facebook und anderen internationalen Riesen.

Der ÖGB sähe gerne die Journalistengewerkschaft bei der Besetzung des Fachbeirats einbezogen. Die Einhaltung grundlegender journalistischer Standards solle "als Fördervoraussetzung normiert werden". Die Bestimmungen für Medien mit demokratiefeindlichen Inhalten gehen dem Gewerkschaftsbund nicht weit genug – sie könnten im Jahr darauf ja wieder ansuchen.

Für den Rechtsanwaltskammertag hinterfragt Alfred Noll etwa die Unterstützung für Bezahlinhalte als "innovations- und sozialpolitisch problematisch". Er vermisst Wissenschaft und Forschung im Entwurf. Und er kritisiert die Konzentration auf schon etablierte Medienunternehmen als beihilfen- und europarechtlich problematisch. Sie erschwere den Markteintritt neuer, innovativer Unternehmen.

Die Wiener Ausbildungsinstitution Fjum kritisiert den Ausschluss von Digitalmedien als "innovationshemmend und marktverzerrend". Die Mindest-Projektvolumina benachteiligten kleinere Medien oder schlössen sie von Förderung aus.

Wien begrüßt die Förderung von Jugendschutz und Barrierefreiheit. Die Stadt sähe auch gerne Printmedien in kinder- und jugendgerechter Sprache als Förderkandidaten deklariert. (fid, 12.3.2021)