Finanzielle Selbstbestimmtheit können sich viele Frauen in Österreich nach wie vor nicht leisten. Sich über den Partner abzusichern ist ob der hohen Scheidungsrate aber ein finanzielles Wagnis.
Foto: Imago

Die gute Nachricht in der Woche des Weltfrauentags ist, dass statistisch gesehen erkennbar ist, dass Frauen ihre finanzielle Unabhängigkeit in den vergangenen Jahren stark ausbauen konnten. Das hat Intrum, ein Anbieter im Bereich Forderungsmanagement-Dienstleistungen, erhoben. Allerdings – und das ist die schlechte Nachricht – zeigt die Situation am Arbeitsmarkt nach wie vor, dass Frauen im Durchschnitt schlechter verdienen als ihre männlichen Kollegen, die derselben Tätigkeiten nachgehen. Hinzu kommt die Teilzeitarbeit als Belastung für das weibliche Budget.

Doch wie gehen Frauen mit ihren Finanzen um? Intrum hat hierzu zehn Fakten zusammengetragen:

· 48 Prozent der Frauen geben an, dass ihre Rechnungen schneller steigen als ihr Einkommen (im Vergleich dazu geben nur 40 Prozent der Männer das Gleiche an).

· Seit Beginn der Covid-19-Pandemie ist es für die Hälfte aller Frauen (48 Prozent) zur Top-Priorität geworden, ihre finanzielle Sicherheit zu gewährleisten (verglichen mit 39 Prozent der Männer).

· Um sich finanziell weiterzubilden, bevorzugen Frauen Bücher über persönliche Finanzen oder den Finanzteil in Zeitungen.

· Acht von zehn Frauen geben an, dass sie ausreichend finanzielle Bildung erhalten hätten, um alltägliche Finanzen zu verwalten oder auch komplexere finanzielle Angelegenheiten selbstsicher ohne externe Beratung regeln zu können.

Nachhaltigkeit ist wichtig

· Für Frauen spielt das Thema Nachhaltigkeit bei ihren Ausgaben eine höhere Rolle als für Männer.

· Die Hälfte der Frauen in Österreich kauften 2020 weniger Weihnachtsgeschenke, um den Müll, der dadurch entsteht, zu vermeiden.

· 72 Prozent aller Frauen können jeden Monat sparen.

· Neun von zehn Frauen geben an, dass sie versuchen, ihren Kindern den Umgang mit Geld beizubringen.

· 71 Prozent der Frauen sind aufgrund von Covid-19 eher dazu bereit, Geschäfte und Unternehmen vor Ort zu unterstützen.

· Frauen setzen sich finanzielle Unabhängigkeit und Stabilität primär zum Ziel, um das Wohlbefinden und emotionale Gleichgewicht für sich und ihr Umfeld sicherzustellen, weniger aus Machtgründen.

Viel zu wenige Frauen in Österreich verfügen jedoch über eine ausreichende Pensionsvorsorge und sehen daher ihren finanziellen Perspektiven im Alter mit sehr gemischten Gefühlen entgegen. Aktuell investieren laut einer Umfrage der Allianz 48 Prozent der Frauen in eine Altersvorsorge – bei den Männern sind es 58 Prozent. Im Vergleich: Im Jahr 2014 lag der Frauenanteil noch bei 52 Prozent (Männer 55 Prozent).

Verschlechterung in Pension

Mehr als deutlich unterscheidet sich aber die Höhe der investierten Beträge: Jeder fünfte Mann mit privater Pensionsvorsorge legt dafür laut Allianz mehr als 200 Euro monatlich zur Seite, aber nur sechs Prozent der Frauen tun dies. Dementsprechend rechnet ein Viertel der in Österreich lebenden Frauen mit einer massiven finanziellen Verschlechterung in der Pension, aber nur 15 Prozent der Männer.

Die Zuversicht in puncto staatlicher Pension sinkt bei beiden Geschlechtern. 52 Prozent der Frauen rechnen mit einer staatlichen Pension (2014: 57 Prozent), bei den Männern tun das aktuell 57 Prozent – 2014 glaubten noch 71 Prozent der Männer an die staatliche Pension.

Sonja Ebhart-Pfeiffer und Eva-Maria Weidl, Vorstandsmitglieder des Österreichischen Verbands Financial Planners, sehen in der Corona-Krise eine gefühlte Rückkehr zum Rollenbild aus der Biedermeierzeit: "Frauen reduzieren häufiger ihre Arbeitszeit, ihr Anteil an der Sorgearbeit nimmt aber noch weiter zu, und sie leiden unter überdurchschnittlich hohen Mehrbelastungen. Zudem sind frauendominierte Branchen wie der Handel, Tourismus und Kultur sowie Kunst von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit stärker betroffen." Einer OECD-Studie zufolge ist in Österreich die Pension der über 65-jährigen Frauen im Schnitt um 39 Prozent niedriger als bei Männern.

Über Geld reden

Frauen sollten daher viel mehr über Geld reden und sich austauschen, so der Rat der beiden Expertinnen. Auch die rosarote Brille sollte weg: 2019 wurden rund 40 Prozent der Ehen in Österreich geschieden. War der Mann größtenteils für die Versorgung zuständig, kann eine Scheidung zu einer finanziellen Schieflage für Frauen führen. Die beiden Finanzberaterinnen raten, ab dem Moment, in dem Frauen ihrem ersten Vollzeitjob nachgehen, monatlich zehn bis 15 Prozent des Nettoeinkommens langfristig für die Pension auf die Seite zu legen. Auch das Kinderglück wird von Frauen teuer bezahlt. Oft werden bereits in der Schwangerschaft die laufenden Sparpläne für die Altersvorsorge gestoppt. "Ein großer Fehler", so Ebhart-Pfeiffer, die in diesem Zusammenhang auch mehr Solidarität von den Männern einfordert, die hier einspringen sollten.

Dass Frauen ihr Geld überhaupt selbst in die Hand nehmen dürfen, ist übrigens ein feministischer Meilenstein: Erst seit 1957 dürfen Frauen in Österreich ein eigenes Bankkonto eröffnen, ohne ihren Mann um Erlaubnis zu bitten. (Bettina Pfluger, 11.3.2021)