Whitney Wolfe Herd (31) hat 2014 die Dating-App Bumble gegründet. Vor wenigen Wochen hat sie ihr Unternehmen an die Börse gebracht – und zwar fulminant. Ausgegeben wurden die Aktien zu 43 US-Dollar je Stück, danach ging es steil bergauf bis auf 78 US-Dollar (gemessen am Schlusskurs), aktuell pendelt die Aktie bei 60 US-Dollar je Stück.

Wolfe Herd ist damit etwas gelungen, was vor ihr nur wenige Frauen geschafft haben. Sie hat ein Unternehmen gegründet, leitet selbiges und hat es erfolgreich an die Börse gebracht. "Seit der Gründung der New York Stock Exchange im Jahr 1817 gab es nur 20 Börsengänge von Unternehmen, die von Frauen gegründet und geleitet wurden", sagt Monika Rosen-Philipp, Chefanalystin im Private Banking der Unicredit Bank Austria.

20 sozusagen weibliche Börsengänge in 204 Jahren Nyse-Geschichte sind wahrlich keine gute Bilanz. Vor allem, wenn man bedenkt, dass in all diesen Jahren hunderte Unternehmen an die Börse gebracht wurden.

Marry Barra leitet den Autokonzern General Motors.

Im breiter gefassten Index S&P 500 gibt es lediglich 30 Unternehmen, die eine Frau an der Spitze haben. Ausgerechnet der Rüstungskonzern Northrop Grumman geht hier mit gutem Beispiel voran: Geleitet wird der Milliardenkonzern von Kathy J. Warden. Auch General Motors (Mary Barra), Oracle (Safra A. Catz) und Ultra Beauty (Mary Dillon) werden von Frauen geleitet. Obwohl die Zahl weiblicher CEOs sich laut dem Pew Reseach Center zwischen 2007 und 2017 verdoppelt hat, sind Frauen in den Führungsetagen doch noch eher eine Seltenheit.

Gläserne Decke

Doch es tut sich was in Sachen weibliche Chefs. Am 1. März wurde Jane Fraser zum CEO der Citigroup ernannt. Sie ist damit die erste Chefin einer großen Wall-Street-Bank. "Damit durchbricht Fraser eine riesige gläserne Decke", sagt Rosen-Philipp.

Mit dem Kosmetikunternehmen The Honest Company könnte auch bald der nächste Börsengang eines Unternehmens erfolgen, bei dem eine Frau Mitgründerin ist. Die US-Schauspielerin Jessica Alba hat 2011 gemeinsam mit Brian Lee, Christopher Gavigan und Sean Kane das Unternehmen gegründet, das vor allem biologische Produkte für Kinder im Sortiment hat. In mehr als 32.000 Geschäften können laut Honest-Homepage die Produkte bereits gekauft werden. In Österreich sind Honest-Produkte unter anderem bei Douglas und DM erhältlich.

Jessica Alba könnte mit The Honest Company demnächst einen Börsengang anstreben.

Ein Börsengang liegt also in der Luft, das hat Alba zu Jahresbeginn gesagt. Ein konkretes Datum gibt es noch nicht. Aber eine konkrete Idee: Bei einem Gang an die Börse wird eine Bewertung von bis zu zwei Milliarden US-Dollar angestrebt. Honest wird von der Private-Equity-Gesellschaft L-Catterton unterstützt, die kürzlich eine Mehrheitsbeteiligung an Birkenstock übernommen hat.

Doch woran liegt es, dass Frauen weniger oft ein Unternehmen gründen als Männer? "Um mehr Gründerinnen bis zu einem Börsengang zu begleiten, braucht man mehr Frauen im Bereich Venture Capital", sagt Rosen-Philipp. Die Fakten zeigen, dass weniger als 13 Prozent aller Venture-Capital-Entscheidungsträger weiblich sind, und weniger als drei Prozent aller Venture-Capital-Dollar fließen in Unternehmen, die nur von Frauen geführt werden.

Den Dollar besser genutzt

Das ist auch insofern erstaunlich, als laut Crunchbase, einem US-Datenanbieter für Unternehmens- und Wirtschaftsinformationen mit Schwerpunkt auf Technologieunternehmen und -investoren, von Frauen gegründete und mitbegründete Start-ups für jeden investierten Dollar 78 Cent erwirtschafteten, während von Männern gegründete Start-ups nur 31 Cent für jeden investierten Dollar erwirtschafteten.

Im Jahr 2020 stieg die globale Risikofinanzierung im Vergleich zum Jahr davor zwar um 13 Prozent, doch Investitionen in Frauenunternehmen gingen im selben Zeitraum um 27 Prozent zurück. Der Anteil an Dollars, der nur weiblichen Gründern zugeteilt wurde, sank in der Zwischenzeit von 2,8 Prozent auf 2,3 Prozent. Laut Crunchbase ist das auch darauf zurückzuführen, weil Frauen innerhalb der Familien oft mit Betreuung von Kindern oder Familienangehörigen betraut sind und im Zuge der Corona-Pandemie in Summe stärker getroffen wurden als Männer.

Rund um den Frauentag wurde auch wieder die Debatte um verpflichtende Frauenquoten in Aufsichtsräten und Führungsetagen geführt. In diesem Zusammenhang hat die US-Investmentbank Goldman Sachs vor wenigen Tagen aufhorchen lassen, die hier noch einen Schritt weitergehen will. Angekündigt wurde, dass die Bank künftig kein Unternehmen mehr an die Börse begleiten wird, wenn es im Vorstand nicht zumindest ein diverses Mitglied gibt. (Bettina Pfluger, 11.3.2021)