John Magufuli dürfte schwer krank sein.

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Womöglich ist Tansanias Präsident John Magufuli derzeit dringender auf seinen unerschütterlichen Glauben angewiesen als jemals zuvor. Wenn die Berichte der Opposition des ostafrikanischen Staates sowie der kenianischen Presse stimmen, dann liegt der 61-jährige Staatschef gegenwärtig in einer Privatklinik in Nairobi – mit dem Coronavirus infiziert und an ein Beatmungsgerät angeschlossen.

Ausgerechnet der Politiker, der seit Monaten behauptet, das Virus in seiner Heimat durch Gebete bezwungen zu haben: Wiederholt hatte sich Magufuli über das Tragen von Gesichtsmasken und importierte Covid-Tests lustig gemacht. Den Ärzten des Landes wurde verboten, Corona-Diagnosen zu stellen, seit Mai 2020 meldet das Gesundheitsministerium keine Neuinfektionen mehr zur Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach Genf, als einer von ganz wenigen Staaten der Welt bemühte sich Tansania bislang um keine Impfstoffe.

Gebetsmarathon gegen das Virus

Nun ist der im Volksmund als "Dampfwalze" bekannte Präsident seit zwei Wochen nicht mehr an die Öffentlichkeit getreten. Ein virtuelles Gipfeltreffen der ostafrikanischen Staatschefs fand ohne ihn statt, an den letzten beiden Sonntagen präsentierte sich der gläubige Christ nicht wie sonst üblich nach dem Gottesdienst der heimischen Presse, um seine Einsichten – auch über die Pandemie – zum Besten zu geben. Bei diesem Anlass hatte Magufuli seine Landsleute einst zu einem dreitägigen Gebetsmarathon aufgerufen, um das Virus zu verjagen, das "im Leib Christi nicht überleben" könne. Danach war Tansania zumindest seiner Auffassung nach "virenfrei".

Unterdessen kommen jedoch immer neue Gerüchte über die ungehinderte Ausbreitung des Erregers im Land auf. Zudem sollen mehrere hohe Amtsträger bereits an Covid erkrankt sein. Im Februar starb der Vizepräsident des Teilstaats Sansibar, Seif Sharif Hamad, nachdem er zuvor Covid-positiv getestet worden war. Als Magufuli westliche Impfstoffe als "nutzlos" und "gefährlich" abtat, sah sich schließlich WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus zur Intervention gezwungen: Tansania solle sich endlich mit "umfassenden Aktionen" um den Schutz der eigenen und der Bevölkerung der Nachbarstaaten kümmern, forderte der WHO-Generaldirektor.

Masken "made in Tanzania"

Womöglich als Reaktion auf die Schelte korrigierte Magufuli kürzlich den Kurs seines Alleingangs ein wenig, indem er zumindest einräumte, dass einige seiner Verwandten womöglich an Covid erkrankt seien. Dann riet er sogar zum Tragen von Masken – allerdings nur der in Tansania hergestellten. Ausländischer Mundschutz seien "nicht vertrauenswürdig", fügte der Präsident in einem seiner Auftritte vor der Presse nach dem Gottesdienst hinzu. "Bitte benutzt nur die von unserem Gesundheitsministerium produzierten Masken. Wenn ihre Hersteller bisher nicht gestorben sind, dann müssen sie gut für uns sein."

Der Rat kam für den reuigen Ratgeber selbst womöglich zu spät. Oppositionschef Tundu Lissu, der Ende vergangenen Jahres ins belgische Exil fliehen musste, forderte jetzt die Regierung auf, der Bevölkerung reinen Wein einzuschenken. "Wenn der Staatschef ins Krankenhaus eingeliefert wird, dann müssen wir das wissen", sagt Lissu. Seinen Informationen zufolge sei der Präsident nicht mehr bei Bewusstsein und solle von Nairobi aus in ein Krankenhaus in Indien geflogen werden.

Die Regierung dementierte inzwischen alle Berichte über Magufulis Erkrankung. Der Präsident sei "kein TV-Moderator, der für sein Programm nicht aufgetaucht ist", und "kein Fitnesstrainer, der sich täglich im Stadtteil blicken lassen sollte", teilte Justizminister Mwigulu Nchemba auf Twitter mit. Informationsminister Innocent Bashungwa warnte die Medien, dass die Verbreitung von Gerüchten als "offizieller Information" die Gesetze des Landes verletze. (Johannes Dieterich, 11.3.2021)