Verkehrsbeeinflussungsanlagen auf ostösterreichischen Autobahnen spielen im Betrugsprozess gegen den ehemaligen FPÖ-Politiker Thomas Schellenbacher und zwei weitere Angeklagte eine wichtige Rolle.

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Wien – Tüchtig und fleißig wird Thomas Schellenbacher zwischen 2007 und 2014 mit seinen Firmen vielleicht gewesen sein. Aus Sicht von Oberstaatsanwalt Marcus Schmitt waren die Geschäfte halt zum Teil illegal – der 56-jährige Schellenbacher und zwei ehemalige Geschäftsführer aus dem Unternehmenskonglomerat sollen den Autobahnbetreiber Asfinag, Versicherungen und Banken um mehrere Millionen Euro betrogen haben. Der von 2013 bis 2017 für die FPÖ im Nationalrat gesessene Schellenbacher bekennt sich vor dem Schöffengericht unter Vorsitz von Thomas Spreitzer ebenso wie der Drittangeklagte dazu schuldig.

Der Elefant im Raum, besser, im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen Wien ist Schellenbachers Verbindung zu einem anderen Kriminalfall. Der Arbeitslose wird aus der Untersuchungshaft vorgeführt, in der er seit Jänner ist, da er dem ehemaligen Wirecard-Manager Jan Marsalek bei dessen Flucht nach Belarus geholfen haben soll. Einen Antrag auf Entlassung aus der U-Haft in den elektronisch überwachten Hausarrest zieht Schellenbachers Verteidiger Farid Rifaat während der Verhandlung bei Spreitzer zurück.

Wirecard spielt im aktuellen Betrugsprozess aber ebenso wenig eine Rolle wie der Verdacht, dass Ukrainer zehn Millionen Euro an die FPÖ gezahlt haben, um Schellenbacher, der in dem osteuropäischen Land Geschäftsverbindungen hatte, einen Platz im Nationalrat zu sichern.

Irreparabler Wasserschaden

Stattdessen geht es zum Beispiel um LED-Hinweisschilder, wie sie auf Autobahnen zur Absicherung von Baustellen verwendet werden. Sechs Stück davon wurden bei einer Asfinag-Tochter durch einen Wasserschaden irreparabel beschädigt, Schellenbacher trat damals als Sachverständiger auf, eine Versicherung ersetzte den Schaden.

Dann entwickelten die Tafeln aber laut Anklage ein seltsames Eigenleben. Die Versicherung überließ die Tafeln, die nur noch Schrott waren, Schellenbacher, der brachte sie in eine seiner Firmen in Rumänien ein. Es folgten Geschäfte mit mehreren Banken, mit denen Sale-and-lease-back-Verträge um jeweils mehrere hunderttausend Euro geschlossen wurden. "Keine Leasinggesellschaft hat diese Tafeln je überprüft", prangert Verteidiger Rifaat in seinem Eröffnungsplädoyer an und sieht "große Fahrlässigkeit" aufseiten der Geschädigten.

428.000 Euro kassiert für Schaden von 5.800 Euro

Um Verkehrsbeeinflussungsanlagen auf Autobahnen im Raum Wien und Niederösterreich geht es bei einem weiteren Faktenkomplex. Da sollen jeweils Gesellschaften, bei denen Schellenbacher der wahre Drahtzieher war, wechselseitig zu Unrecht Forderungen gestellt haben, die von den jeweiligen Haftpflichtversicherungen gezahlt wurden. In einem Fall kassierten die Firmen 428.000 Euro, obwohl später in einem Zivilverfahren festgestellt wurde, dass lediglich 5.800 Euro Schaden entstanden waren.

Und schließlich soll auch versucht worden sein, die Asfinag nach einem umfangreichen Auftrag um mindestens 1,8 Millionen Euro zu betrügen. Diese angebliche Forderung wurde wiederum an die Meinl-Bank verkauft, die dafür einen Kredit über 900.000 Euro gab. Der Drittangeklagte, dem betrügerische Krida vorgeworfen wird, soll von diesen 900.000 Euro dann 40.000 Euro in bar an Schellenbacher übergeben haben.

"Firmen aus den Augen verloren"

Erstangeklagter Schellenbacher bekennt sich schuldig und nimmt die beiden Mitangeklagten in Schutz. "Ich war in meinen ehemaligen Firmen auch Machthaber", erklärt er, die Geschäftsführer seien also mehr oder weniger Strohmänner gewesen. Er, Schellenbacher, "habe Firmen und Beteiligungen aus den Augen verloren", bedauert er.

Auch sein Verteidiger Rifaat sieht nur einen bedingten Vorsatz, zumindest im Fall des Asfinag-Geldes. "Es war ein mehrjähriges Projekt, bei dem es immer wieder zu Redimensionierungen kam." Das sei in der Baubranche aber nicht unüblich, es würden Teilrechnungen gestellt, dann wieder umgeplant und gegenverrechnet. Schellenbacher habe den Überblick verloren und Doppelbezahlung verlangt, "die die Asfinag geschluckt hat".

Zweitangeklagter bestreitet E-Mail

Nur der Zweitangeklagte, der an einem Versicherungsbetrug beteiligt gewesen sein soll, bekennt sich entgegen seinen Aussagen bei der Polizei nicht schuldig. Er behauptet, dass eine belastende E-Mail zwar von seinem Firmenkonto versendet, aber nicht von ihm verfasst wurde. Zugang zu seinem Konto hätten aber nur er selbst und seine Assistentin gehabt. Die 39-Jährige bestreitet das als Zeugin aber und ist amüsiert über die Vorstellung, sie solle im Namen des Geschäftsführers Mails geschrieben haben.

Der Prozess ist für drei Tage bis zum 19. März anberaumt, angesichts der geständigen Verantwortung zweier Angeklagter ist aber nicht ausgeschlossen, dass bereits früher Urteile fallen. Für den Drittangeklagten ist der Prozess bereits vorbei: Aufgrund des geringen Schuldgehalts wurde sein Verfahren gegen Entrichtung einer Buße von 3000 Euro eingestellt. Er gilt damit weiterhin als unbescholten. (Michael Möseneder, 12.3.2021)