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Glaubt man "News", bahnen sich in Österreich große Dinge an. Bundeskanzler Sebastian Kurz will seinen Kritikern mit überraschenden Volten den Wind aus den Segeln nehmen. Das wird auch Zeit, denn die letzte überraschende Volte des Bundeskanzlers liegt schon einige Zeit zurück, und sie hat nichts Gutes gebracht. Beschwört man sich, die Hoffnung nicht aufzugeben, erweist sich "News" allerdings als nicht besonders hilfreich.

Es ist zwar von einer Flucht nach vorne des Kanzlers die Rede, aber weder deutet das Magazin auch nur an, wo vorne sein soll, noch scheint jemand zu wissen, wo vorne und hinten ist, heißt es doch zu den überraschenden Volten: Ob das gelingt, ist ebenso ungewiss wie der weitere Verlauf der Pandemie.

Wahlkampflogik in der Pandemie

Sogar den Filzmaier der Nation ließ das Magazin ratlos zurück, denn der Politikwissenschaftler sieht beim Vorstoß von Kanzler Kurz "den Verdacht von Ankündigungspolitik zumindest im Raum stehen". Wenn Kurzens Ankündigungspolitik sogar in der Verdachtsform zumindest nicht mehr leistet, als im Raum zu stehen, statt sich als Politik in der Öffentlichkeit zu bewähren, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Flucht nach vorne nach hinten losgeht. Das räumt auch Kommunikationslogistiker Filzmaier ein.

Aus Kommunikationslogik seien solche Ankündigungen, von denen es in der Kurz-ÖVP schon viele gegeben habe, sinnvoll, kommunikationslogisch aber nur in Situationen wie in einem Wahlkampf. Da gilt es nur, die nächsten vier Wochen zu überstehen. Bei einer Pandemie – oder bei einer Legislaturperiode –, die wohl Jahre dauert, klappt das aber nicht. Ob Kurz in Konsequenz dieser Erkenntnisse in den nächsten vier Wochen einen Wahlkampf vom Zaun brechen wird, verschweigt "News". Schade.

"Werden den Teufel tun"

Besser, er tut’s nicht, denn wer weiß, was demnächst passiert. Eine Seite weiter in derselben Ausgabe kündigte die grüne Fraktionschefin im Ibiza-Untersuchungsausschuss auf der Gedankenflucht nach vorne an: "Wir werden den Teufel tun und auch nur eine Sekunde wegschauen, wenn es Korruptionsvorwürfe gegen die ÖVP gibt." Aus Koalitionsräson weggeschaut wird dabei nicht, sagt sie. Filzmaier würde dazu wohl sagen, dass nach dem bisherigen Verhalten der Grünen als Koalitionspartner bei Nina Tomaselli der Verdacht von Ankündigungspolitik zumindest im Raum steht. Aber Frauen, die mit dem Teufel im Bunde stehen, können kommunikationslogisch viel bewirken.

"Mucha leckt nach Moped-Unfall seine Wunden"

In der Pandemiebekämpfung ist Österreich voriges Wochenende leider ein Stück zurückgefallen, wie "Österreich" zu entnehmen war. Bekanntlich hat der Verleger Christian Mucha in mehreren Medien das kommunikationslogisch gut abgesicherte Versprechen geleistet, Menschen, die 20.000 Euro oder mehr, im Sozialfall auch etwas darunter, aufbringen können, günstig zu Impfreisen in ferne Luxusresorts zu verhelfen.

Doch was musste "Österreich" melden? Christian Mucha schrottet bei Unfall in Nizza seinen Scooter und fast sich selbst. Versorgt wurde der Verleger von Passanten und seiner Juwelierin. "Deppat mit 67 Jahren Scooter fahren! Ich bin in die Straßenbahnschienen gekommen und habe einen echten Salto gemacht."Den Gefahren des öffentlichen Verkehrs entwand sich der Menschenfreund mit einem blauen Auge, Hämatomen an Brust und Händen und einem geschwollenen Gesicht! Die schwere Aufgabe kam danach, hieß es doch: Mucha leckt nach Moped-Unfall in Nizza seine Wunden.

Lecken und löcken

Wunden lecken ist auch ein beliebter Zeitvertreib von FPÖ-Funktionären, wenn sie nicht gerade für das Recht demonstrieren, sich und andere mit dem Virus anzustecken. Sie können es nicht verwinden, aus der Koalition mit Kurz geflogen zu sein. Der Abgeordnete Christian Hafenecker leckte in "Zur Zeit", indem er wider den Stachel in der Hofburg löckte.

Van der Bellen war nicht bloß Beobachter dieses unblutigen Staatsstreichs, sondern tief verstrickt. Was hätte laut Hafenecker der Bundespräsident tun müssen, als er von Strache auf Ibiza erfuhr? Er hätte sofort die gesamte Bundesregierung, insbesondere die beiden betroffenen Personen, informieren und jeden möglichen Versuch unternehmen müssen, die absehbare Regierungskrise zu verhindern. Besser wäre es gewesen, wenn das Strache getan hätte. Daraus, dass der einen unblutigen Staatsstreich auslöste, der nie mehr war als ein weinerliches Abtreten, schloss Hafenecker: Ein Staatsoberhaupt, das in einen Regierungsumsturz verwickelt ist, ist jedenfalls rücktrittsreif! Und Sieg Heil ist das neue Grüß Gott.

(Günter Traxler, 13.3.2021)