Der mündliche Antritt bleibt auch dieses Schuljahr freiwillig.

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Es gibt Matura-Neuigkeiten: Die mündliche Reifeprüfung soll auch heuer wieder nur von freiwilligen Kandidatinnen und Kandidaten abgelegt werden. Der schriftliche Antritt muss nur noch in drei statt vier Fächern erfolgen. Dass die Beurteilung der Mathematikaufgaben an den AHS neu gestaltet und die Note des letzten Schuljahres miteinberechnet wird, war schon länger bekannt.

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) spricht von einem "fairen Paket", von einer "humanisierten Matura". Auch wenn er zu einem mündlichen Antritt motivieren will, sei er froh, "dass wir uns zu dieser Lösung haben hinreißen lassen".

Froh ist auch Bundesschulsprecherin Alexandra Bosek. Selbst bei der ÖVP-nahen Schülerunion wurde seit Monaten für Erleichterungen bei der Matura mobilgemacht. Jetzt ist die wesentliche Forderung erfüllt: Der mündliche Antritt bleibt freiwillig – wird aber auch auf den Maturazeugnissen dokumentiert.

Aufsteigen, dableiben

Auch in anderen Schulstufen gibt es ähnliche Regelungen wie im Vorjahr: Mit einem Fünfer im Zeugnis dürfen Schülerinnen und Schüler automatisch aufsteigen – jedenfalls dann, wenn in dem Fach nicht schon zum zweiten Mal mit "nicht genügend" beurteilt wurde. Außerdem wird die gesetzliche Höchstdauer des Schulbesuchs um ein Jahr verlängert. Das bedeutet, dass alle, deren Schulpflicht mit einem negativen Zeugnis endet, freiwillig ein Schuljahr anhängen können.

Knapp vor der Präsentation der Matura-Adaptionen kam in derselben Angelegenheit ein Vorstoß von ungewohnter Seite: Eine Reihe von Medizinerinnen und anderen Wissenschaftern wünscht sich viel weitreichendere Erleichterungen für die jungen Menschen knapp vor dem Schulabschluss als jene, die Faßmann am Freitag angekündigt hat. "Die Matura bereitet vielen Stress und Verzweiflung", glaubt eine der Initiatorinnen, Susanne Greber-Platzer von der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde an der Med-Uni Wien. Jugendliche mit suizidalen Absichten, Depressionen, Opfer psychischer und physischer Gewalt sind die Folgen des Lockdowns, es sei kaum noch bewältigbar. Das müsse bei allem Verständnis für die bestehenden Corona-Maßnahmen berücksichtigt werden, warnt die Ärztin: "Die Jugendlichen bleiben auf der Strecke, immer mehr!"

Halt bieten, Druck senken

Die Juristin Maria Kletecka-Pulker, die das Engagement für eine "Matura Futura" leitet, erklärt den Vorstoß der Nichtbildungsexpertinnen so: "Wir haben ja dann mit den Problemen der Jugendlichen zu tun. Wir sehen, welche massiven Ängste sie haben, dass sie sich nichts mehr zutrauen, teilweise keine Zukunftsperspektive für sich sehen." Was die Jungen jetzt bräuchten, wäre Hilfe beim Wiederaufbau ihres Selbstwertgefühls, Halt bieten, gemeinsames Aufarbeiten des Geschehenen. Stattdessen stehe auch im Corona-Ausnahmejahr die Leistung im Vordergrund: "Es wird wahnsinnig viel Druck ausgeübt", sagt Kletecka-Pulker. Bei der Matura wollen die Initiatorinnen als Erstes ansetzen, weil sie sehen, dass sich da bereits "eine neue Welle" an psychischen Problemen aufbaue. Ihr Vorschlag: Abschaffung der schriftlichen Matura, Konzentration auf die mündliche in zwei Gegenständen der Wahl plus vorwissenschaftliche Arbeit. Realistisch? Es sei jedenfalls notwendig, verzweifelten jungen Menschen ein Sprachrohr zu sein. (Karin Riss, 13.3.2021)