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Der Scheidungsstreit zwischen Helga und Gaston Glock spielte auch in den USA. Jetzt sind österreichische Gerichte mit Causen rund um den Waffenproduzenten beschäftigt.

Foto: APA/AFP/Getty Images/Justin Sull

Der Frust war groß. "Es ist ein Tiefschlag für uns gewesen, es gab Wirbel und berechtige Empörung" – mit diesen Worten gewährte ein Anwalt von Gaston Glock am Freitag Einblick ins Innere des ansonsten so verschwiegenen Waffenproduzenten aus Kärnten. Der Jurist sagte als Zeuge vor dem Handelsgericht Wien aus und beschrieb Vorfälle von Ende 2018. Damals war zunächst der Vorstand der Glock zuzurechnenden Value Privatstiftung vom Gericht abberufen worden – und zwar auf Basis eines Antrags von Glocks Exfrau, Helga.

Teil jenes Rosenkriegs also, den sich der heute 91-Jährige und die Mutter seiner drei erwachsenen Kinder ab 2011 lieferten und in dem es um Einfluss aufs hochprofitable, 1963 vom Eisenbahnarbeitersohn gegründete Unternehmen bzw. die involvierten Stiftungen ging, um Geld und sonstiges Vermögen. Was dem quasi von Helga Glock verursachten Tiefschlag folgte: Die drei abberufenen Vorstandsmitglieder wurden wieder bestellt und drei neue dazu – für den Fall, dass bei der Wiederbestellung von Glocks Vertrauten etwas schiefgehen sollte. Die Altvorstände zahlten sich – wie sie behaupten mit dem Placet des Stifters und Firmengründers – ihre Honorare bis zum Ablauf ihrer bis 2025 verlängerten Funktionsperiode aus – in Summe ging es bei der Value Privatstiftung um rund 18,7 Millionen Euro.

Aus Alt mach Neu

Und warum ist das heute Thema für die Gerichte? Weil Glock ein Jahr später, am 12. Dezember 2019, den gesamten Sechser-Vorstand dann selbst abberief. Mit der Begründung, die "alten" Vorstandsmitglieder hätten sich das Geld gleich nach Wiederbestellung im November 2018 auf einen Ruck überwiesen und ihm die Vereinbarungen, auf die sie sich berufen, quasi untergeschoben. Dass die drei Neuen – sie standen den Altvorständen nahe – auch ein sechsstelliges Jahreshonorar bekamen, sei so auch nicht ausgemacht gewesen. De facto hätte ja der Altvorstand die Stiftungen weiterführen sollen.

Gegen diese Abberufung von Ende 2019 – und damit wären wir wieder am Wiener Handelsgericht – haben vier Exvorstände geklagt. Es liege kein Grund dafür vor, weder eine Pflichtverletzung des Vorstands, noch ein begründeter Vertrauensverlust Glocks. Wobei die Causa etliche Gerichte auf Trab hält, weil die Ex-Glock-Vertrauten in mehreren Privatstiftungen tätig waren.

Strafanzeige bei WKStA

Allerdings kommt es noch dicker. Am 22. Jänner 2020 hat Glock eine 42-seitige Strafanzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) einbringen lassen. Der Verdacht: schwerer Betrug, u.a. wegen der Auszahlung von 18,172 Millionen Euro an den Altvorstand und Urkundenfälschung. Laut WKStA werden vier Personen als Verdächtige geführt, ein Sachverständiger wurde bestellt. Die Verdächtigen weisen die Vorwürfe zurück. Ihr Anwalt, Georg Krakow, will ebenso wenig Stellung nehmen wie Norbert Wess, der Glocks Seite vertritt. Auch den zivilrechtlichen Streit wollte keiner der beteiligten Anwälte kommentieren.

Die Auseinandersetzung ist jedenfalls ein Ausläufer des Familienzwists im Hause Glock. 49 Jahre waren Gaston und Helga Glock verheiratet, die Scheidung 2011 löste einen veritablen Rosenkrieg aus. Zur Erinnerung: 2011 ehelichte der Waffenfabrikant eine um 52 Jahre jüngere Frau; inzwischen ist Kathrin Glock in einigen der Unternehmen aktiv. Für Aufsehen sorgte sie jüngst im Ibiza-U-Ausschuss, bei dem sie (nach Verhängung einer Beugestrafe) aussagte. Grund ihrer Ladung: Heinz-Christian Strache hatte die Unternehmerfamilie im Ibiza-Video als angebliche Parteispenderin genannt hat – was er später widerrief.

Ihr unkonventioneller Auftritt ("Ich mag Ihre Fragestellung nicht, ich lasse mich nicht wie ein Schulmädchen behandeln") führte zum einen dazu, dass sie ihr Aufsichtsratsmandat in der staatlichen Austro Control verlor, zum anderen dazu, dass sie sich beim Verfassungsgerichtshof über "unsachliche und persönliche Angriffe" durch Neos-Mandatarin Stephanie Krisper beschwerte.

Harte Bandagen und Retourkutschen

Im Scheidungsstreit Glock vs. Glock hatte eine Heerschar von Juristen und Beratern alle Register gezogen. Einen Riesenerfolg errang Helga Glock in den USA. Dort gelang ihr (der Oberste Gerichtshof, OGH, gestand ihr einen Unterhaltsanspruch zu) via Rechtshilfeverfahren, Einblick in die Bücher von US-Firmen von Glock zu bekommen – das war wichtig, um Vermögensbewertungen anstellen zu können. Glock hatte ihrem Exmann vorgeworfen, Geld vor ihr zu verstecken.

Als höchst unfreundlichen Akt bewertete die Gegenseite, dass Glocks Exfrau in den USA auch eine Klage nach dem Rico Act eingebracht hatte – ein 1970 erlassenes US-Bundesgesetz, das üblicherweise im Kampf gegen das organisierte Verbrechen Anwendung findet. Mit dieser Klage sollte Helga Glock (anders als hier zunächst berichtet) laut Unternehmenssprechern allerdings später abblitzen.*

Bei der Klage gemäß Rico Act schließt sich der Kreis zum aktuellen Prozess. Die Rico-Klage war nämlich einer von mehreren Gründen der Stiftungsvorstände, Helga Glock als Begünstigte der Stiftungen auszuschließen und die damit verknüpften Zahlungen zu streichen. 2016 aber kippte der OGH diesen Beschluss des Stiftungsvorstands, Helga Glock beantragte dessen Abberufung. Das Gericht gab dem 2018 statt. Mit den oben beschriebenen Folgen. (Renate Graber, 13.3.2021)

*Der Artikel wurde am 13.3.2021 um 17 Uhr geändert.