Generaldirektorin des KHM: Sabine Haag.

APA/Fohringer

Hinter den Kulissen des Kunsthistorischen Museums (KHM) herrscht dieser Tage Unmut. Anlass gibt freilich nicht die am Freitag verlautbarte Nachbesetzung der seit Jahresbeginn vakanten Stelle des Direktors der Gemäldegalerie – mit Peter Kerber, der am 1. Juli seinen Dienst antreten wird –, sondern die Ausschreibung einer neuen Funktion, die auch für Außenstehende einige Fragen aufwirft.

Flapsig formuliert etwa, ob sich die bis 2025 amtierende Generaldirektorin Sabine Haag selbst abschaffen will, oder auch, ob damit etwaige Führungsmängel ausgeglichen werden sollen.

Völlig neue Position

Konkret geht es um die völlig neue Position "Leiter/in der Sammlungen und Forschung", deren Aufgabenbereich weitestgehend jenen der wissenschaftlichen Geschäftsführung des KHM-Museumsverbands abdeckt und dieser direkt unterstellt ist. Eine neue hierarchische Ebene also, die im Detail auch eine Entmachtung der Direktoren der KHM-Sammlungen, wozu auch die Wagenburg oder Schloss Ambras gehören, zur Folge hat. Auch die enge Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Direktionen des Weltmuseums und des Theatermuseums fällt in den Aufgabenbereich.

Fürstlich dotiert

Dotiert ist der Job mit einem Bruttojahresgehalt von zumindest 90.000 Euro, die Überzahlung wird von konkreter Qualifikation und adäquater Berufserfahrung abhängig sein. Zusammen mit den Gehältern der KHM-Geschäftsführung von 470.000 Euro, inklusive Sonderprämie, nähert sich das Volumen somit etwa 600.000 Euro.

Ein Kostenfaktor, der manche Experten im Haus, die seit Jahren vergeblich um Praktikantenplätze kämpfen, ratlos hinterlässt. Hinzu kommt der Zeitpunkt mitten in ökonomisch schwierigen Zeiten: Dem KHM brach, wie allen anderen Museen auch, durch die Pandemie und das Ausbleiben der Touristen "ein Großteil der Erlösgrundlagen" weg, wie man jüngst in einem Schreiben argumentierte, das zu Spenden motivieren will. Kurzarbeit und kleinere Einsparungen konnten die wirtschaftlichen Auswirkungen des Lockdowns nicht kompensieren.

Seltsames grünes Licht

Zur Sicherung der Liquidität und zur Erhaltung der Arbeitsplätze steuerte der Bund – zusätzlich zur jährlichen Basisabgeltung von 23,84 Millionen Euro – aus dem Covid-19-Krisenbewältigungsfonds einen weiteren Zuschuss in der Höhe von 6,4 Millionen Euro bei. Insofern mag es verwundern, dass es für den Kostenfaktor dieser neuen Funktion vom Kuratorium als Aufsichtsrat und auch aus dem Kulturstaatssekretariat grünes Licht gab.

Letzteres ist, da es den operativen Bereich betrifft, tatsächlich eher formeller Natur. Sobald mit einem Mehrwert argumentiert werden kann, winkt schon der Segen.

Der Unmut unter ihren Sammlungsleitern ist Sabine Haag teils bekannt, nehmen könnte sie ihnen diesen nur bedingt. "Wenn jemand unmutig sein will, dann kann ich das nicht ändern", sagt Haag zum STANDARD. Aber sie sei zuversichtlich, dass die Zusammenarbeit mit den Fachbereichen am Ende so sinnstiftend sein wird, dass man sich die neue Position rückblickend früher gewünscht hätte.

Unterstützende Funktion

Die Frage, ob sie sich selbst abschaffen will, beantwortet Sabine Haag mit einem klaren Nein, vielmehr "will ich meine Führungsspanne verkleinern". Die Schnittmenge der neuen Position mit ihren Agenden sei selbstverständlich gegeben. Eine Funktion, die sie sowohl unterstützt als auch zeitlich entlastet. Davon soll der Forschungsbereich in der bestmöglichen Entwicklung und in der Umsetzung profitieren.

Gerade die aktuelle wirtschaftliche Situation zeige, wie wichtig das "Einwerben von Drittmitteln" insgesamt sei, eine Aufgabe, der sich Haag in ihrer regulären Arbeitszeit bisher nicht ausreichend hätte widmen können. Den Kontakt zu potenziellen Sponsoren will sie nun gezielt verstärken. (Olga Kronsteiner,12.3.2021)