Die Kontrollen in Wiener Neustadt finden zum Teil direkt auf der Straße statt.

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Die Besucher der neuesten Teststraße in Wiener Neustadt werden von nackten Schaufensterpuppen begrüßt. Damit die Zahl der Tests in Niederösterreichs zweitgrößter Stadt innerhalb weniger Tage von 2000 auf 15.000 gesteigert werden kann, hat der Bürgermeister eine dritte fixe Testmöglichkeit in einem leerstehenden Modegeschäft eingerichtet. Im Innenbereich läuft sogar noch die Kaufhausmusik. Wo früher Hosen und Hemden hingen, stehen nun Sanitäter und schieben Menschen Wattestäbchen in die Nase.

Viel los ist noch nicht – seit Freitag werden hier von 7 bis 20 Uhr Abstriche genommen, der Andrang verteilt sich über den Tag. Das könnte sich mit Beginn der kommenden Woche freilich ändern, wenn Auspendler zu ihrem Arbeitsplatz fahren müssen. Denn seit Samstagfrüh gilt: Wer aus Wiener Neustadt hinaus will, braucht einen negativen Coronatest.

"Ich hätte Sie lieber nicht hier"

Das ist in einer Stadt wie Wiener Neustadt, mit intensivem Austausch mit den umliegenden Gemeinden, etlichen Schulen, einem großen Bahnhof und 26 Ausfahrtsstraßen kein einfaches Unterfangen für die Behörden. Nicht umsonst hat sich Bürgermeister Klaus Schneeberger (ÖVP) die längste Zeit mit Händen und Füßen gegen die vom Gesundheitsministerium erlassenen Ausreisekontrollen gewehrt.

Klaus Schneeberger vor Journalistinnen und Journalisten.
Foto: robert newald

"Ich hätte Sie lieber nicht hier", sagt der Stadtchef am Vormittag zu Journalisten, die er zu einer der stichprobenartigen Kontrollen an der Stadtausfahrt Richtung Süden eingeladen hat. "Aber ich bin froh, dass wir Ihnen zeigen: Wir sind bereit." Tatsächlich verlaufen die Kontrollen direkt auf der vierspurigen Straße so reibungslos, wie Kontrollen auf einer vierspurigen Straße eben verlaufen können.

Ein Testlauf am Samstagmorgen

Die meisten Ausreisewilligen haben den negativen Test schon bei der Hand, kaum jemand schimpft über die Kontrollen. "Ich geh' sowieso regelmäßig testen", sagt ein älterer Mann, der sich mit einer Torte Gepäck auf den Weg zur Geburtstagsfeier seines Enkels macht.

Geprüft wird hinter einem Lebensmittelgroßhandel im Industriegebiet, jedenfalls noch im Stadtgebiet – das heißt: Wer keinen aktuellen negativen Test parat hat, kann umdrehen oder zur provisorischen Teststraße fahren, die am Parkplatz des Zollamts neben der Kontrolle eingerichtet wurde. Wer ungetestet die Stadt verlässt, wird angezeigt. Wer nur zum Großhändler Metro will, darf weiterfahren. Es ist so etwas wie ein Testlauf: Das Verkehrsaufkommen am Samstagvormittag hält sich in Grenzen, länger als fünf Minuten muss hier niemand auf seine Ausreise warten.

Kontrollen mit Lücken

Wie das am Montagmorgen ausschauen wird, darauf sind hier alle gespannt. Die Wiener Neustädter Polizei, die jetzt schon von Kollegen aus dem Umland unterstützt wird, wird dann personell noch einmal aufstocken. Spannend wird dann auch die Situation am Hauptbahnhof: Dort steigen täglich hunderte Schüler und Pendler aus dem Umland aus und um, vom Vorplatz führen regionale Buslinien aus der Stadt.

Bei kontrollierten Stadtausfahrten wurden mobile Teststationen eingerichtet.
Foto: robert newald

Am Samstag kontrollierte auch dort die Polizei vor dem Zugang zu den Bahnsteigen – wieder bei deutlich geringerem Aufkommen, als etwa zu den Stoßzeiten unter der Woche zu erwarten sein wird. Und nicht ganz lückenlos: Ein ortskundiger Reporter mit körperlichen Bedürfnissen hat über einen Seiteneingang den Weg zur Toilette gefunden und wäre dort ohne Polizeikontakt auch zu allen Bahnsteigen gelangt.

Wochenlange Kontrollen

Bürgermeister Schneeberger sagt, es mache ihn "betroffen, dass Wiener Neustadt der Hotspot von ganz Österreich ist" und dass man der Bevölkerung die Kontrollen zumuten müsse. Und er habe "kein Verständnis", dass das Gesundheitsministerium keine Extra-Impfdosen für die Stadt zur Verfügung stelle. Der Stadtchef fordert ja seit Tagen, dass man Wiener Neustadt, genauso wie Schwaz in Tirol, durchimpfen solle. Das Ministerium entgegnet dem, dass es sich bei Schwaz um ein von der EU mit zusätzlichem Impfstoff unterstütztes Forschungsprojekt handle.

Die Kontrollen dürften Wiener Neustadt noch länger begleiten.

Wiener Neustadt muss sich jedenfalls darauf einstellen, Ausreisende noch mehrere Wochen zu kontrollieren: Denn gemäß dem Erlass des Gesundheitsministeriums dürfen die Maßnahmen erst wieder aufgehoben werden, sobald die Sieben-Tages-Inzidenz der Stadt zehn Tage lang durchgehend unter 200 liegt. Derzeit beträgt dieser Wert 534,7. (Sebastian Fellner, 13.3.2021)