Leidenschaftlicher Impresario: 1989 gründete Piero Bordin das Festival "Art Carnuntum".

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Wohnadressen der Kindheit können entscheidend sein. Bei Piero Bordin war das Kilometer 36 auf der Marathonstrecke kurz vor Athen. Hier hat der Sohn einer Griechin und eines Venezianers seine Anfangsjahre verbracht und sich als Bub bei den Läufern als Wasserbringer engagiert.

Mit der Antike vor der Nase und dem Mythos in der Luft wuchs bei dem 1947 in Wien geborenen und später wieder hierher übersiedelten studierten Medienkünstler das Interesse für das immense kulturelle Erbe seiner Heimat. Dass er einmal ein Festival für antike Theaterkunst gründen würde, war zwar nicht ausgemacht. Doch wer Piero Bordin bei den Theatervorstellungen seines Festivals Art Carnuntum nahe Wien begegnete und dabei seiner alles überragenden Hingabe an die Freilufttradition gewahr wurde, sah den leidenschaftlichsten Theaterimpresario vor sich, der sich denken lässt.

Wilson, Stein, Globe

Nach einem Studium bei Peter Weibel an der Universität für angewandte Kunst und aktivistischen Jahren u. a. in Deutschland legte Bordin 1989 im Amphitheater von Petronell den Grundstein für das österreichische Welttheaterfestival. Es gelang ihm, die Crème de la Crème der internationalen Theaterkunst in die pannonische Weite zu locken. Robert Wilson, Heiner Müller, Sir Peter Hall, Tony Harrison, Peter Stein, Tadashi Suzuki oder das New Yorker Theater La MaMa zählten zu seinen Acts. Auch das Londoner Globe Theatre war in den letzten Jahren oft zu Gast.

Bordin, der auch übersetzte, mit Vorliebe die Komödien des Aristophanes, war ein kämpferischer Künstler mit enormer Kenntnis der Antike. Seine mit Verve erstrittene, gelebte Hinwendung an die Geschichte ist in zunehmend geschichtslosen Zeiten durchaus singulär. Nicht zuletzt hat Bordin die von Diokletian geleitete Kaiserkonferenz in Carnuntum aus dem Jahr 308 wieder ins Gedächtnis gerufen, deren Beschlüsse Voraussetzung für die Religionstoleranz waren.

Theater des Ursprungs

Es ging Bordin denn auch im Theater nie um das folkloristische Bewahren alter Formen, sondern um das Austesten und Weiterentwickeln einer ursprünglichen Theaterpraxis – überall auf der Welt.

Wie seine Witwe der APA gegenüber bestätigte, ist Piero Bordin am Freitag beim Begräbnis seiner Schwiegermutter am Zentralfriedhof Wien zusammengebrochen und an den Folgen eines Herzinfarkts gestorben. Er wurde 73 Jahre alt. (Margarete Affenzeller, 14.3.2021)