Clemens Martin Auer ist nicht mehr für die Impfstoffbeschaffungen zuständig.

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Clemens Martin Auer zieht sich aus dem Impfprogramm im Gesundheitsministerium zurück. Das habe der Beamte, der für die Beschaffung der Impfstoffe federführend zuständig war, am Sonntag von selbst angeboten. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kam diesem Wunsch nach und zog Auer aus dem Impfprogramm ab, wie Anschober am Montag im Ö1-"Morgenjournal" bekanntgab. "Das tritt sofort in Kraft", so der Minister.

Auer bleibt Sonderbeauftragter für internationale Angelegenheiten. Seine nationalen wie internationalen Aufgaben im Impfprogramm übernimmt Katharina Reich, Direktorin für öffentliche Gesundheit im Ministerium.

Auer hat Anschober nicht informiert

Als Grund für die Absetzung Auers nannte Anschober, dass er von Auer nicht informiert worden sei, dass der Erwerb zusätzlicher Impfdosen möglich gewesen sei. Auer habe entschieden, dass 31 Millionen Dosen für ganz Österreich genug seien. "Da sind Entscheidungen eigenmächtig getroffen worden", so Anschober.

Ursprünglich habe Österreich 24 Millionen Impfdosen erworben, was bereits eine Überbestellung ist. Im Jänner habe man dann nachgelegt und Zusatzverträge abgeschlossen, als sich gezeigt habe, dass Biontech/Pfizer einen zuverlässigen Impfstoff entwickelt habe, und sei auf 31 Millionen Dosen gekommen.

100.000 Impfdosen nicht gezogen

"Ich habe aber auch Fehler gesehen", sagt Anschober. Im Zuweisungsverfahren seien nicht verteilte Impfstoffdosen in einem Topf verblieben. "Darüber wurde ich nicht informiert", so der Minister. Österreich habe daher den Kauf dieser Dosen nicht veranlasst. Wie viele Dosen das gewesen seien, sei im Nachhinein schwer zu sagen, heißt es auf Nachfrage im Gesundheitsministerium. Man gehe von circa 100.000 Impfdosen aus, sagt eine Sprecherin zum STANDARD. Zur Einordnung: Derzeit werden maximal 50.000 Dosen pro Tag verimpft. Durch Auers Fehltritt fällt man rund zwei Tage hinter den Impfplan zurück.

Die ÖVP bezeichnete am Montag die Ablöse Auers als "die richtige Lösung". Man habe "seit Tagen den Rücktritt des Verantwortlichen für die zu wenig bestellten Impfdosen gefordert", sagte Gaby Schwarz, die Gesundheitssprecherin der ÖVP, in einer Aussendung.

Ministerrat kannte Beschaffungspläne

Anschober rückte aber das Bild zurecht, das von der ÖVP derzeit gezeichnet wird. Die gesamte Regierung sei über den Beschaffungsplan informiert gewesen. Es habe seitens des Finanzministeriums bei der Impfstoffbeschaffung eine Deckelung von 200 Millionen Euro gegeben, die es nicht zu überschreiten galt.

Neben der Absetzung Auers hatte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auch die der Beamtin Ines Stilling gefordert. Anschober missfällt hier vor allem der Zeitpunkt. "Da stellen sich auch Fragen", so der Gesundheitsminister, der aber dennoch zur Tagesordnung übergehen will.

Anschober hatte Kreislaufkollaps

Anschober war letzte Woche nach einem Kreislaufkollaps aufgrund von Überarbeitung im Krankenhaus und ist durchgecheckt worden. Es seien keine organischen Ursachen diagnostiziert worden. Nun sei er wieder voller Tatendrang, so der Minister.

Im Bundeskanzleramt treffen am Montag Experten, Ländervertreter und die Bundesregierung zusammen, um über die weiteren Schritte zur Öffnung und zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zu diskutieren.

"Ich sehe den Beginn einer dritten Welle", so Anschober. Man müsse jetzt alles unternehmen, "damit es nicht so eine Situation mit exponentiellem Wachstum wie im Herbst gibt". Anschober hob die Ausreisebestimmung in einzelnen Regionen hervor, die "gut funktionieren". Die Modellregion Vorarlberg werde man sich "gut anschauen", um für weitere Öffnungsschritte zu lernen.

Finanzministerium weist Obergrenze zurück

Das Finanzministerium reagierte am Montag via Aussendung auf die von Anschober genannten 200 Millionen Euro Budgetobergrenze. Es wurde festgehalten, dass bisher Anfragen für Budgetfreigaben des Gesundheitsressorts für Impfstoffe "innerhalb weniger Tage" erfolgten. Bei der Planung im Jahr 2020 ging man von 200 Millionen Euro Gesamtvorhaben für die Impfungen aus, wovon 80 Millionen Euro 2020 hätten gezahlt werden sollen, 120 Millionen Euro dann 2021. Bis Ende 2020 hat das Ressort aber nur rund 22 Millionen Euro ausgezahlt. Insgesamt seien bisher 53 Millionen Euro für Corona-Impfstoffe freigegeben worden, im laufenden Jahr bis dato also 30,9 Millionen Euro. (rwh, 15.3.2021)