Bild nicht mehr verfügbar.

Mit der Verhängung des Kriegsrechts in einigen Teilen Myanmars dürfen Sicherheitskräfte ohne Befehl schießen.

Foto: REUTERS / STRINGER

Yangon (Rangun)/Naypyidaw – Die Militärgewalt in Myanmar eskaliert sechs Wochen nach dem Putsch gegen die Regierung von Aung San Suu Kyi immer mehr. Allein am Sonntag sollen Polizisten und Soldaten in dem südostasiatischen Land Dutzende Menschen erschossen haben. Es war somit der bisher blutigste Tag seit dem Umsturz. Das Nachrichtenportal Myanmar Now berichtete unter Berufung auf drei Krankenhäuser von 59 Toten und 129 Verletzten allein in der ehemaligen Hauptstadt Yangon (früher Rangun).

Trotz des brutalen Durchgreifens der Einsatzkräfte gingen auch am Montag wieder landesweit Tausende Menschen auf die Straßen. Die Zeitung "The Irrawaddy" berichtete, dass dabei in Myingyan und in Mandalay im Norden mindestens vier Demonstranten erschossen wurden, in Yangon im Süden mindestens zwei. In Teilen der Millionenstadt verhängte das Militär das Kriegsrecht, so das staatliche Fernsehen. Damit werden diese Viertel nun komplett von der Armee verwaltet, die dort Menschen etwa vor ein Kriegsgericht stellen kann.

Brandanschläge auf chinesische Fabriken

Vorausgegangen waren Brandanschläge auf mehrere chinesische Textilfabriken in Yangon. Zahlreiche chinesische Arbeiter seien dabei am Sonntag verletzt worden, teilte die chinesische Botschaft auf Facebook mit. Sie forderte die Behörden auf, chinesische Geschäfte und chinesische Staatsbürger zu beschützen. Wer die Feuer gelegt hatte, ist unklar. "Das Militär hat Angst vor der chinesischen Regierung, deshalb will es Eigentum Chinas beschützen, nicht aber die Leben von uns Zivilisten", sagte Nay Min Khant, ein Bürger aus Yangon, der Deutschen Presse-Agentur.

Im früheren Burma hatte sich das Militär am 1. Februar an die Macht geputscht. Seitdem gibt es immer wieder neue Massenproteste. Die Demonstranten fordern die Rückkehr zu demokratischen Reformen und die Wiedereinsetzung der Regierung Suu Kyis. Die 75-Jährige hatte die Parlamentswahl im November klar gewonnen. Sie sitzt im Hausarrest und muss sich wegen verschiedener Vorwürfe vor Gericht verantworten.

Uno bestürzt

Die UN-Sondergesandte für Myanmar, Christine Schraner Burgener, zeigte sich bestürzt über die Tötung von immer mehr Demonstranten und forderte internationale Solidarität mit ihnen. Sie habe persönlich von Kontakten in Myanmar "herzzerreißende Berichte über Morde, Misshandlungen von Demonstranten und Folterungen von Gefangenen" gehört, hieß es in einer Mitteilung. Zahlreiche Fotos in sozialen Netzwerken zeigten trauernde und verzweifelte Bürger, die sich über die Leichen ihrer Angehörigen beugen.

Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Tom Andrews, schrieb auf Twitter: "Junta-Führer gehören nicht an die Macht, sie gehören hinter Gitter." Die Generäle müssten von Finanzmitteln und dem Zugriff auf Waffen abgeschnitten werden. "Ich appelliere an die UN-Mitgliedstaaten, meinem Aufruf zum Handeln zu folgen", so Andrews.

Eine für Montag geplante neue Anhörung Suu Kyis musste unterdessen wegen fehlenden Internetzugangs auf den 24. März verschoben werden, wie das Portal Eleven Myanmar unter Berufung auf ihren Anwalt Khin Maung Zaw schrieb. Suu Kyi wird bei ihren Anhörungen jeweils per Video dem Gericht zugeschaltet.

Das Militär hatte das Internet zu Wochenbeginn in weiten Landesteilen sperren lassen, das Netz funktionierte etwa in Yangon nur sporadisch. Es war das erste Mal, dass das Internet auch tagsüber blockiert wurde, nachdem es bereits seit Wochen jede Nacht gesperrt wird.

Suu Kyi werden mehrere Vergehen zur Last gelegt, darunter vor allem Anstiftung zum Aufruhr sowie Verstöße gegen die Außenhandelsgesetze und das Katastrophenschutzgesetz des Landes. Bei den ersten beiden Justizterminen durfte sie sich nicht von einem Anwalt vertreten lassen. Suu Kyi hatte in der Vergangenheit bereits insgesamt 15 Jahre im Hausarrest gesessen.(APA, 15.3.2021)