738 Jahre lang, von 1180 bis 1918, regierte in Bayern das Haus Wittelsbach, zunächst als Herzöge und ab 1806 mit Napoleons Hilfe als Könige von Bayern. Der bekannteste unter ihnen war wohl der Schloss-Neuschwanstein-Erbauer, der "Märchenkönig" Ludwig II.. Eine weitere berühmte Wittelsbacherin war Elisabeth von Österreich, Spitzname "Sisi", Ehefrau von Kaiser Franz Joseph I.. Der letzte Wittelsbacher auf dem bayrischen Thron war der Cousin des "Märchenkönigs". Ludwig III. war ein beliebter König, dem Umsicht und Besonnenheit nachgesagt wurden. Sein Interesse galt der Landwirtschaft, und er besaß, unter anderem in Ungarn, einige Mustergüter. Die Novemberrevolution und seinen Sturz am Ende des Ersten Weltkriegs konnte sein volksnahes Wesen jedoch nicht verhindern.

Offizielles Porträt zur Goldenen Hochzeit 1918 von König Ludwig III. und Königin Marie Therese von Bayern.
Foto: Walter Firle

Drei Jahre später, am 18. Oktober 1921, starb Ludwig III. auf Schloss Nádasdy, einer westungarischen Wittelsbacher-Festung, die 1875 durch Erbschaft in den Besitz seiner Frau, Königin Marie Therese von Österreich-Este, gekommen war. Das Regentenpaar hatte mit seinen Söhnen auf dem Gut viel Zeit verbracht und es zum land- und forstwirtschaftlichen Musterhof hochgewirtschaftet.

Käse für die Schweiz

Zu dem stattlichen Anwesen mit viel Familiensilber gehörten rund 9.000 Hektar Land, auf dem unter anderem Rinder- und Schweinewirtschaft, eine Pferdezucht und eine sehr produktive Milchwirtschaft betrieben wurden: Der in Sárvár hergestellte Käse wurde bis in die Schweiz exportiert. Seine Leidenschaft hatte Ludwig III. schon zu Beginn seiner Regentschaft beim bayrischen Volk den Beinamen "Millibauer", also Milchbauer, eingetragen. Im fortgeschrittenen Alter nutzte Ludwig III. das Schloss vor allem als Jagddomizil.

Die Preziosen des königlichen Haushalts verblieben bis kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs auf der ungarischen Burg, die die Familie während dieser Zeit als Rückzugsort nutzte. 1944 mussten die Wittelsbacher das Schloss schließlich aufgeben und ihre Wertgegenstände vor der heranrückenden Roten Armee in Sicherheit bringen. Viele der zurückgelassenen Schätze waren im Schloss versteckt und im Keller eingemauert worden.

Frühbarocker Stuck in einem der Säle von Schloss Nádasdy.
Foto: Auktionshaus Neumeister

Silber und Kunstwerke

Erst in den 1950er-Jahren kam dieser verloren geglaubte "Schatz des letzten bayerischen Königs" wieder ans Licht. Nach dem EU-Beitritt Ungarns 2004 nahmen die rechtmäßigen Erben Restitutionsverhandlungen mit dem ungarischen Staat auf, die im Vorjahr endgültig abgeschlossen werden konnten.

Damit ist dieser Schatz von Sárvár nun frei, und die Erbengemeinschaft hat entschieden, einen Teil der Gegenstände zu veräußern: Am Montag sind die wertvollen Kunstgegenstände aus dem Besitz eines der ältesten deutschen Hochadelsgeschlechter im Münchner Auktionshaus Neumeister unter den Hammer gekommen – und bei vielen Stücken lief es nicht ganz so, wie erhofft.

Diese zwei Girandolen – Tischleuchter mit geschwungenen Armen – wurden 1807/08 vom königlich bayerischen Hofsilberarbeiter Johann Alois Seethaler hergestellt.
Foto: Neumeister/Mitko

Die Geschäftsführerin des Auktionshauses, Katrin Stoll, sprach im Vorfeld der Auktion von "einem seltenen Glücksfall, dass Kunstgegenstände von dermaßen großer historischer Bedeutung, dazu noch in gesicherter Provenienz, in eine Auktion gelangen". 67 Lose, also Verkaufsposten, kamen zum Aufruf, die meisten davon Tafelsilber und Porzellan. Als besondere Highlights galten die zahlreichen alten Gemälde, darunter auch bisher unbekannte Porträts, gemalt von Joseph Stieler, dem Hofmaler von König Ludwig I. von Bayern.

Merkwürdigerweise drohte schlussendlich trotzdem so manches liegen zu bleiben. Abseits der Gustostücke wechselte vor allem einiges von dem Tafelsilber (darunter auch die beiden Tischleuchter oben) unter Schätzpreis und damit unter Vorbehalt den Besitzer. (tberg, red, 15.3.2021)