"Österreich" sei bei der Vergabe der Presseförderung unabhängig vom kostenlosen "Oe24" zu bewerten, argumentiert die Mediengruppe Österreich und klagte die Republik.

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Steht der Kaufzeitung "Österreich" eine Presseförderung für 2020 zu? Oder ist ihr die ebenfalls von der Mediengruppe Österreich parallel herausgegebene Gratiszeitung "Oe24" zuzurechnen, die viele Inhalte von ihr übernimmt? Die Mediengruppe der Familie Fellner hat die Republik geklagt, weil die Medienbehörde ihr keine – für überwiegend verkaufte Zeitungen vorgesehene – Presseförderung zuerkannte. Montag verhandelte Richterin Maria Elisabeth Schrey erstmals darüber am Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen.

Schadenersatz hinterfragt

Streitwert ist gut eine Million Euro, die Mediengruppe Österreich hat auch auf Schadenersatz geklagt. Den erkennt Richterin Schrey vorerst nicht: "Für Schadenersatzanspruch sehe ich keinen Raum. Entweder bekommen Sie die Förderung, wenn Sie die Kriterien erfüllt haben und sie Ihnen willkürlich versagt worden ist, oder Sie erfüllen die Förderkriterien nicht."

Die zuständige Medienbehörde Komm Austria sah die Förderkriterien nicht erfüllt und argumentierte: "Österreich" und "Oe24" seien über weiteste Teile bis auf wenige Ausnahmen und Beilagen inhaltlich ident und daher nicht getrennt voneinander zu bewerten. "Oe24" habe nach Angaben der Mediengruppe ein äußerst kleines eigenes Team, betonte die Behörde. Bis Mitte 2018 hießen beide Zeitungen "Österreich", seither erscheint die Gratisvariante unter "Oe24", sie trug aber noch eine Weile auch das "Österreich"-Logo im Titel. Auf Entnahmeboxen kleben weiterhin beide Zeitungslogos.

Die Mediengruppe Österreich wiederum argumentiert, ebenfalls grob zusammengefasst: Die beiden Zeitungen würden von unterschiedlichen Firmen betrieben und unabhängig voneinander geführt – und seien also auch bei der Förderentscheidung getrennt voneinander zu beurteilen.

"Alle Argumente haben etwas für sich"

"Alle Argumente haben etwas für sich", sagt Richterin Schrey, "nichts ist per se rechtlich nicht haltbar." Sie lädt dazu für Mitte Juni Zeugen: Wolfgang Zekert, Geschäftsführer der Mediengruppe Österreich, soll dann etwa erklären, wie die "tatsächliche Verknüpfung" von "Österreich" und "Oe24" redaktionell wie finanziell aussieht. Da geht es laut Richterin um das "Kernthema", "ob der ausgegliederte Teil der Zeitung – 'Oe24' – 'Österreich' zuzurechnen ist".

Die Anwälte der Mediengruppe Österreich schlagen am Montag auch Helmuth Fellner als Zeugen vor, der die "strategischen Überlegungen" hinter den beiden Zeitungsmarken am besten erklären könnte. Helmuth Fellner ist der wirtschaftliche Kopf der Fellner-Medienaktivitäten, sein Bruder Wolfgang insbesondere Herausgeber.

Als Zeuginnen werden jedenfalls auch Martina Hohensinn, zuständiges Mitglied der Medienbehörde, und die langjährige administrative Expertin der Medienbehörde für Presseförderung, Brigitte Zauner-Jelemensky, geladen.

"Ich traue mir zu, dass ich das schaffe"

Sachverständige, nach denen die Anwälte der Mediengruppe Österreich fragten, werde man nicht brauchen, sagt Richterin Schrey: "Ich wüsste nicht, wozu. Es ist der Sachverhalt zu erheben, die Förderrichtlinien drüberzulegen und zu entscheiden. Ich traue mir zu, dass ich das schaffe."

Das Verfahren selbst werde nicht aufwendig, erwartet Schrey: "In Wirklichkeit geht es um die reduzierte Frage: Wie ist zusammenzurechnen, ab welchem Kriterium rechnet man nicht mehr zusammen." Und: "Kann man einem Unternehmen verbieten, eine bestimmte Struktur zu schaffen, um in den Genuss von Fördermitteln zu kommen. Und ist die veränderte Struktur tatsächlich eine Veränderung oder nur pro forma" so organisiert.

Würde es nur "Österreich" geben, würden die Förderkriterien erfüllt, "darüber sind wir alle einig", sagt die Richterin noch: "Wenn die Mediengruppe Österreich die Gratiszeitung aufgegeben hätte, würden wir wahrscheinlich nicht hier sitzen."

Nächste Instanz erwartet

Eine Wette getraut sich Schrey aber schon – rhetorisch – anzubieten: "Ich werde das nicht abschließend beurteilen, das wird bekämpft werden." Wie immer sie entscheide, das Verfahren werde wohl in die nächste Instanz gehen.

Die Verhandlung wird nach aktueller Planung Mitte Juni mit Zeugenbefragungen fortgesetzt.

Kommissionsmitglieder geklagt

Parallel hat die Mediengruppe Österreich – über eine andere Anwaltskanzlei (Böhmdorfer & Schender) vier Mitglieder des Beirats der Medienbehörde für die Presseförderung persönlich geklagt. Diese Presseförderungskommission spricht nicht bindende Empfehlungen an die Komm Austria aus. Die vier Mitglieder haben, wie berichtet, ebenfalls empfohlen, keine Presseförderung an "Österreich" auszuschütten. (fid, 15.3.2021)