Mache mögen das Schwingen des Tanzbeins für Energieverschwendung halten, doch Dank einer Entwicklung von Schweizer Wissenschaftern könnte sich dies bald ändern. Die Forscher der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) und der ETH Zürich haben den Grundstein für die Stromerzeugung aus Parkettboden gelegt, indem sie einen Holzwürfel in einen Mini-Generator verwandelt haben. Basis der Technik ist der sogenannte piezoelektrische Effekt im Holz.

Piezoelektrizität beschreibt das Phänomen, bei dem mechanische Energie in elektrische Energie umgewandelt wird. Allerdings ist natürliches Holz zu wenig flexibel, so dass nur eine geringe elektrische Spannung entsteht. Deshalb löste das Team um Ingo Burgert das stabilisierende Lignin, das die Zellen verholzt, heraus. Als Resultat erhielten sie schwammartiges Holz, das sich zusammenpressen lässt und das sich danach wieder ausdehnt.

Elektronenmikroskopie-Aufnahmen von unbehandeltem Balsaholz (links) und delignifiziertem Balsaholz (rechts) zeigen die Veränderungen in der Struktur.
Foto: ACS Nano / Empa

Pilzhilfe bei der Delignifizierung

In einer kürzlich im Fachmagazin "Science Advances" erschienenen Studie berichteten die Forscher von einer Delignifizierung, die ohne schädliche Chemikalien auskommt. Dafür griffen sie auf die Trickkiste der Pilze zurück: Der Flache Lackporling baue das Lignin im Holz besonders schonend ab, wie der Empa-Forscher und Mitautor Javier Ribera erklärte. Dieser Pilz mit dem lateinischen Namen Ganoderma applanatum ruft im Holz von Bäumen die sogenannte Weißfäule hervor.

Der bei diesem Verfahren entstandene weiße Holzschwamm besteht aus übereinanderliegenden, dünnen Zelluloseschichten, die sich einfach zusammenpressen lassen und sich dann wieder in ihre ursprüngliche Form ausdehnen. Das Team unterzog den Testwürfel von 1,5 Zentimeter Seitenlänge einem Belastungstest aus 600 Zyklen. Dabei maßen sie eine maximale Spannung von 0,87 Volt sowie einen Strom von 13,3 Nanoampere, wie sie in der Studie berichten. Das Verfahren erhöhte demnach die piezoelektrische Leistung des Holzes um das 55-Fache.

Schon wenig Druck kann in dem mit Pilzhilfe hergestellten Holzschwamm eine elektrische Spannung erzeugen.
Foto: ACS Nano / Empa

Trittenergie und medizinische Anwendungen

Die Forschenden bauten daraufhin einen Prototyp aus neun solcher "verrotteter" Holzwürfel, mit dem sich eine Leuchtdiode (LED) durch festes Drücken einschalten ließ. Denkbar wäre bei einer weiteren Optimierung des Prozesses auch ein funktionalisierter Parkettboden, der die Trittenergie in Strom umwandelt. Die Tauglichkeit als drucksensitiver Sensor auf der menschlichen Haut testeten die Forscher und zeigten damit, dass auch eine Anwendung im medizinischen Bereich möglich wäre.

Bis zur Nutzung des "Piezo"-Holzes als stromerzeugender Parkettboden sei zwar noch mehr Forschungsarbeit nötig, meinen die Wissenschafter. Um die Technologie für die industrielle Anwendung zu adaptieren, seien sie aber bereits im Gespräch mit möglichen Kooperationspartnern. (red, APA, 16.3.2021)