Die SPÖ brachte am Mittwoch eine parlamentarische Anfrage zum neuen Onlinemedium "Exxpress" ein. Im Bild: Herausgeberin Eva Schütz und Chefredakteur Richard Schmitt.

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Am Dienstag veröffentlichte das neue Onlinemedium "Exxpress" die angeblich ungeschnittene Tonspur des Ibiza-Videos. Dies spiegle die Redaktionslinie wider, so Chefredakteur Richard Schmitt und Herausgeberin Eva Schütz zum Start des Mediums: Man wolle zeigen, was ist, und keine Vorverurteilungen verbreiten.

In der Vergangenheit scheint Schmitt diesen Grundsatz in der Berichterstattung über die "Ibiza-Affäre" mehrmals ignoriert zu haben. Dies geht aus zwei Urteilen hervor, die dem STANDARD vorliegen. Eines ist rechtskräftig, das andere nicht. Beide Urteile finden jedoch deutliche Worte über die inkriminierten Artikel, die zum Teil vom damaligen Oe24.at-Chefredakteur Schmitt selbst verfasst wurden.

Auf der Suche nach den Hintermännern

Nach dem Ibiza-Skandal drehte sich der mediale Diskurs stark um jene Personengruppe, die für die Videofalle in der Finca auf Ibiza und die Verbreitung des Videos verantwortlich gemacht wird. Mit Artikel über die mutmaßliche "Tätergruppe" lieferte auch Schmitt damals laufend weitere Details. Einige beschäftigten die Gerichte: Der ehemalige hochrangige Kriminalbeamte Ernst Geiger und die Krone-Journalistin Katia Wagner sahen sich in den Veröffentlichungen zu Unrecht in ein kriminelles Licht gerückt. Beide klagten die Mediengruppe "Österreich" und "Oe24" mithilfe des Medienanwalts Michael Rami wegen übler Nachrede, beide bekamen recht. Das Verfahren von Geiger ist rechtskräftig, jenes von Wagner noch nicht.

Laut dem Straflandesgericht Wien wurde Wagner in 16 teilweise wortidenten Artikeln Ende 2019 zu Unrecht in die Nähe eines kriminellen Netzwerks gestellt. Die meisten der inkriminierten Artikel waren namentlich vom damaligen Oe24.at-Chefredakteur Schmitt gezeichnet.

Konstruierte Vorwürfe

Für die Behauptung, Wagner sei bei der Produktion oder Verwertung des Ibiza-Videos involviert gewesen, fehle jeder Beweis: "Die Veröffentlichungen sind tendenziös", so das Gericht. Der Verdacht sei "mutwillig herbeigeredet", die Behauptungen "konstruiert". Schmitt habe zudem seine journalistische Sorgfaltspflicht missachtet.

Außerdem würden die Artikel "mangelnde Recherche" und/oder eine "böswillige Absicht" zeigen, urteilte das Gericht. Ein Artikel machte den Eindruck "einer gezielten Kampagnisierung für Strache und gegen Wagner", heißt es in der Urteilsbegründung weiter. Gemeint ist hier Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache, der selbst kurz vor der Nationalratswahl 2019 ähnliche Vorwürfe gemacht hatte und dafür einen Rechtsstreit mit Wagner in Kauf nehmen musste, der mit einem Vergleich endete.

Rechtskräftig entschieden ist das Verfahren gegen "Österreich" und "Oe24" wegen eines Artikels vom September 2019, in dem Schmitt als Autor den Ex-Kriminalbeamten Geiger in die Nähe einer "mutmaßlich kriminell agierenden Firma", die den Ibiza-Hintermännern zugerechnet wurde, stellte. Dadurch entstand laut Oberlandesgericht Wien der Eindruck, Geiger habe bei einer Firma mitgearbeitet, die kriminell agiere. Auch in diesem Verfahren konnte Schmitt als Autor im Zeugenstand nicht zum Wahrheitsbeweis beitragen. Der Artikel sei "reißerisch dargestellt", die behaupteten Verbindungen "reißerisch wahrheitswidrig" ausgeführt, so das Gericht. Auf Nachfrage wollte Schmitt keines der Urteile kommentieren, er sei lediglich als Zeuge geladen gewesen.

Schmitt wird mit Strache seit dem Ibiza-Video oft in einem Atemzug genannt: In der Finca nannte ihn Strache als positive Ausnahme unter Journalisten. Auch fanden Ermittler auf Straches Handy Nachrichten, die zeigten, dass beide ein gemeinsames Online-Medium aufbauen wollten.

ÖVP-Kreise

Jetzt ist Schmitt Chefredakteur bei "Exxpress". Herausgeberin ist Eva Schütz, einstige stellvertretende Kabinettschefin des Ex-Finanzministers Hartwig Löger (ÖVP). Für das Projekt stünde jährlich ein einstelliger Millionenbetrag bereit. Geld, das womöglich auch von ihrem Ehemann und ÖVP-Großspender Alexander Schütz kommt. Ihre beiden Vermögen seien nicht mehr genau unterscheidbar, sagte Schütz.

Auf eine STANDARD-Anfrage, die sich nach dem möglichen Einfluss ihres Ehemanns im Unternehmen erkundigte, gab es keine Antwort. Schmitt veröffentlichte aber einen "Exxpress"-Artikel, der die Anfrage als sexistisch anprangerte.

Die Vorgänge hinter dem Medienunternehmen interessieren mittlerweile auch die Politik: Die SPÖ brachte am Mittwoch eine parlamentarische Anfrage an das Bundeskanzleramt ein. Sie erkundigt sich über Schmitt und seine Informanten und will mehr über die ÖVP-Nähe von Schütz wissen. (Laurin Lorenz, 18.3.2021)