Wissenschaftskommunikation, plakativ aufbereitet: Molekularbiologe und "Science Buster" Martin Moder.

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Wien – "Wer nichts weiß, muss alles glauben", heißt es wieder ab Mittwoch im ORF, wenn eine neue Staffel der "Science Busters" anläuft. Neuer Sendetermin der Wissenschafterspaßtruppe um Dompteur Martin Puntigam ist künftig mittwochs um 22 Uhr in ORF 1. Mit von der Partie ist auch wieder Molekularbiologe Martin Moder. Im Interview mit dem STANDARD spricht er über den Stellenwert von Wissenschaftskommunikation, Lob und Hass im Internet und die Frage, warum er Servus TV abgeschrieben hat.

STANDARD: Ob im ORF, auf Youtube oder als Experte im Privat-TV: Sie sind zum Corona-Erklärbären mutiert. Wie wohl fühlen Sie sich in dieser Rolle?

Moder: Ich habe mich immer schon sehr für Viren interessiert. Nachdem ich selbst viele Jahre mit Viren gearbeitet habe, wenn auch in einem vollkommen anderen Kontext, kann ich mich derzeit auf gar nichts anderes konzentrieren als auf die Pandemie und Impfstoffe. Wenn ich etwas verstehe, habe ich das große Bedürfnis, es so zu verpacken, dass es auch andere verstehen, und das scheint bei vielen gut anzukommen.

STANDARD: Gehören Sie beruflich zu den Corona-Profiteuren?

Moder: Es kommt darauf an, wie man Profiteur definiert. Finanziell hat sich nicht viel verändert. Es ist ungefähr genauso viel weggefallen wie dazugekommen ist. Rein emotional war ich kaum ein Jahr so schlecht drauf wie dieses, weil mich alles anzipft. Ich hasse es, von daheim aus zu arbeiten. Ich sitze am liebsten im Kaffeehaus, wenn ich Texte lese oder ausarbeiten muss. Mir geht das Soziale wie allen anderen ab. Ich habe Glück, dass ich kein Geschäft habe, das ich verlieren könnte, und dass in meinem Umfeld niemand schwer erkrankt ist. Meine Twitter- und Instagram-Follower haben sich verzehnfacht. Davon habe ich zwar nichts, aber es gibt Leute, die sagen, es ist super, wenn das passiert. (lacht)

STANDARD: Quasi eine Umwegrentabilität?

Moder: Wahrscheinlich gehöre ich langfristig nach Amazon und Biontech zu den größten Profiteuren, das kann schon sein.

STANDARD: Ihre Videos auf dem Youtube-Kanal "Make Europa Gscheit Again" erreichen hunderttausende Leute. Das erfolgreichste, das auch vom Robert-Koch-Institut in Deutschland geteilt wurde, kommt auf über eine Million Abrufe. Das lässt sich wohl in Geld umsetzen, oder?

Moder: Na ja, ich habe ein paar Projektpartner, die ich am Ende auch immer einblende. Da bekomme ich für jedes Video ein paar hundert Euro. Ich habe mir einmal meinen Realstundenlohn dabei ausgerechnet, und rechnet man die Recherchearbeit mit ein, hatte ich damals als Ferialpraktikant bei H&M, als ich den ganzen Tag die T-Shirts zurückhängen musste, einen deutlich besseren Stundenlohn als durch diese Videos. Man könnte das natürlich viel mehr monetarisieren, indem man Werbung schaltet, aber ich mag das nicht, weil ich selbst nicht gerne Werbung schaue.

Robert Koch-Institut

STANDARD: Ihre Tweets und Erklärvideos sind ein klares Plädoyer für die Impfung. Haben Sie das Gefühl, dass Sie damit schon viele Skeptiker überzeugen konnten?

Moder: Es heißt immer, man bekommt so viel Hass im Internet. Ich bin auch schon als Arschloch, Faschist oder Dr. Mengele bezeichnet worden, aber die meisten Rückmeldungen gehen in die Richtung: Vielen Dank für die Videos! Ich habe meinem Vater die Sorgen nehmen können, er wird seinen Impftermin wahrnehmen, obwohl er vorher so skeptisch war. Das ist wahnsinnig motivierend. Ich bekomme solche Nachrichten beinahe jeden Tag.

STANDARD: Das ist erstaunlich, da die Stimmung doch sehr aufgeheizt ist. Es gibt kaum Drohungen und Hassmails?

Moder: Das gibt es schon. Meine Strategie ist aber folgende: Ich weiß, auf welchen Plattformen es sich lohnt, die Nachrichten zu lesen und auf welchen nicht. Zum Beispiel habe ich mir noch nie die Kommentare auf Youtube durchgelesen. Weil ich weiß, dass Youtube das ist, was es ist. Da sind natürlich diverse Drohungen dabei, aber wenn man es nicht liest, ist es wurscht. Ich lese vor allem die Nachrichten auf Instagram, weil ich das Gefühl habe, dass es hier konstruktiv ist. Und wenn man antworten möchte, kann man das einfach als Sprachnachricht formulieren.

STANDARD: Es ist plattformabhängig?

Moder: Hundertprozentig. Der Anschober (Rudolf, Gesundheitsminister, Anm.) hat zum Beispiel einmal ein Video auf Facebook von mir geteilt, da ist es abgegangen. Du glaubst, das ist der siebente Weltkrieg mittlerweile, was da in den Kommentaren los ist. Facebook war einmal okay, aber jetzt sind die meisten Coolen zu Instagram abgewandert. Ich mag Facebook eh auch, aber es ist nicht die Plattform, die mir am meisten Spaß macht.

STANDARD: Die Angst sitzt nicht im Nacken?

Moder: Nein, überhaupt nicht. Dies nackten Beleidigungen sind wurscht, weil es nicht um dich als Person geht. Ein Kritiker verliert seine Legitimität und Glaubwürdigkeit, wenn er auf ein Video, in dem ich erkläre, was das Spike-Protein an der Oberfläche deiner Zelle im Laufe der Immunreaktion macht, so reagiert, dass er dich mit dem NS-Arzt Dr. Mengele vergleicht. Ich wüsste nicht, weshalb ich so einen Menschen ernst nehmen sollte. Ärgern würde ich mich, wenn ich eine Behauptung aufstelle und sich durch die Kommentare herauskristallisiert, dass ich falsch liege. Dann müsste ich in den sauren Apfel beißen und es korrigieren.

STANDARD: Ihre Stärke ist ja, dass Sie sehr plastisch kommunizieren, indem Sie sich diverser Hilfsmittel wie Orangen, Zucchini oder was auch immer bedienen.

Moder: Das hat ganz pragmatische Gründe: Ich ernähre mich katastrophal. Meine Freundin aber ernährt sich sehr gesund, deshalb haben wir meistens diverse Obst- und Gemüsesorten im Haus. Ich konsumiere sie nicht gerne, verwende sie aber gerne als Requisiten. Es gibt so viele verschiedene Formen, da lässt sich beinahe jeder Bestandteil einer Zelle damit darstellen.

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STANDARD: Und das würde mit Ihren Lebensmitteln nicht funktionieren?

Moder: Eher nicht. (lacht) Und dann stehen überall Markennamen drauf, das darf man gar nicht herzeigen.

STANDARD: Aber das ist schon ein wichtiges Kriterium Ihrer Videos, dass Sie komplexe Sachverhalte sehr anschaulich erklären?

Moder: Ich tue mir auch viel leichter, Dinge zu verstehen, wenn ich sie sehe. Hört man RNA und ist jemand, der sich jetzt nicht jahrelang in Lehrbüchern die RNA angeschaut hat, dann fällt es einem schwer, sich darunter etwas vorzustellen. Sieht man aber jemanden, der einen Faden aus einer Kugel herauszieht – und im Endeffekt ist die RNA ja ein Faden –, dann fällt einem das viel leichter. Wenn Leute über die RNA reden, sagen sie häufig: Das ist die Blaupause der DNA. Das hat sich so etabliert. Vielleicht ist es meinem Alter geschuldet, aber ich habe in meinem Leben noch keine Blaupause gesehen. Diese Analogie ist nicht greifbar. Mit Obst geht das aber gut.

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STANDARD: Zielscheibe Ihrer Kritik – etwa auf Twitter – ist ja immer wieder einmal Servus TV und seine Corona-Berichterstattung. Warum?

Moder: Ich glaube, der Sender hat eine Nische gefunden, die sehr gut funktioniert. Früher fand ich Servus TV okay, wir haben auch gelegentlich zusammengearbeitet. Deswegen war ich auch so wahnsinnig enttäuscht, dass sie so dermaßen abgedriftet sind. Sie behaupten, sie würden beide Seiten herzeigen wollen, und nehmen das als Vorwand, um ihre Sendungen mit Pandemieverharmlosern vollzustopfen. Da sitzen dann Leute wie Sucharit Bhakdi, der allen Ernstes nicht nur vor der zweiten Welle behauptet hat, dass es keine zweite Welle geben wird, sondern sich sogar an ihrem Höhepunkt hinstellt und sagt: Es gibt keine zweite Welle, das ist was anderes, nehmt die Masken runter, denn die Masken vergiften die Leute, reicht euch die Hände und fangt an zu singen. Man hat ihn nicht versehentlich eingeladen, ohne zu wissen, wer das ist, sondern man setzt ihn als regelmäßigen Gast hin. Das ist vollkommen verantwortungslos. Ich kenne ein paar ehemalige Mitarbeiter, die schockiert sind, was mit dem Sender passiert.

STANDARD: Sie halten es für verantwortungslos, Leuten wie Bhakdi ständig eine Bühne zu bieten, indem man ihn zum Stammgast im "Corona-Quartett" macht und regelmäßig interviewt?

Moder: Auf jeden Fall. Es gibt das generelle Medienproblem mit dieser False-Balance-Sache. Man setzt drei Leute mit dieser Position rein und drei mit jener. Obwohl die erste Position von kaum jemandem vertreten wird, während sich in der Forschung praktisch alle längst auf die zweite Position einigen konnten. Ich gehe auch auf keinen Geologiekongress und lade dort zehn Flacherdler ein, nur weil es die auch gibt. Die Aufgabe des Journalisten ist, dass er Dinge fundiert einordnet und vermittelt. Das wird oft ausgeklammert. Man entzieht sich dieser Verantwortung und sagt stattdessen: Wir zensieren niemanden und lassen alle zu Wort kommen. Das klingt erstmal gut in den Ohren der Zuseher, ist aber nur eine Umschreibung für "Wir haben keine Lust zu recherchieren und Verantwortung zu übernehmen".

STANDARD: Wenn Servus TV bei Ihnen anfragt, ob Sie als Experte auftreten und in eine Sendung kommen: Lehnen Sie die Einladung dann ab?

Moder: Es gab eh eine Anfrage für eine Diskussionssendung. Ich habe aber abgelehnt und dazugeschrieben, dass ich mich zu dem Thema bei ihnen nicht äußern möchte.

STANDARD: Solange sie diese Corona-Linie fahren?

Moder: Allgemein, weil ich so enttäuscht bin von der Position, die sie eingenommen haben. Es gibt nicht viele Medien, die ich dauerhaft abgeschrieben habe, aber Servus TV ist eines davon.

STANDARD: Ob Zuseherinnen oder Leser: Es gibt nicht wenige, die den Medien vorwerfen, dass sie zu regierungshörig sind.

Moder: Ich bin bestimmt niemand, der die Regierung verteidigen möchte. So toll ist es ja nicht gelaufen. Ich finde aber, dass man fair bleiben muss. Dass die Regierung die Lockdowns so geil findet, das ist ein Vorwurf, der nicht aus dem Überlegen, sondern aus Frust geboren wird. Niemand macht sich politisch beliebt, indem er alles schließt. Lockdowns werden nicht gemacht, weil sie jemanden politisch weiterbringen, sondern weil sich gezeigt hat, dass andere Maßnahmen leider oft nicht ausreichen. Jetzt haben wir die gegenteilige Situation. In der Forschung sind sich im Prinzip alle einig, dass Lockerungen in Anbetracht der Mutanten und Infiziertenzahlen das Schlechteste sind, das man in der Situation machen kann. Die Politik fühlt sich aber so unter Druck gesetzt von dem Wunsch nach Lockerungen und der Pandemiemüdigkeit der Leute, dass sie sagt: Gut, machen wir auf und warten, bis die Situation wieder so dramatisch wird, dass die Leute nervös genug werden, um die Maßnahmen wieder einzusehen. Emotional kann ich das gut nachvollziehen, aber es richtet insgesamt mehr Schaden an, als notwendig wäre.

STANDARD: Sie haben sich Anfang März gegen zu starke Lockerungen ausgesprochen und gemeint, dass wir einen sehr hohen Preis dafür zahlen werden. Bestätigt sich Ihre Befürchtung?

Moder: Die Zahlen steigen jetzt schon, und eine Mutante wird immer dominanter, von der wir wissen, dass sie deutlich ansteckender ist. Wenn wir die Situation beibehalten, rollt eine weitere Welle auf uns zu. Was aber nicht heißt, dass die Argumente jener Leute, die Lockerungen fordern, nicht vollkommen nachvollziehbar wären. Die Tragödie bei dieser Pandemie ist mitunter, dass die Toten mit einer mehrwöchigen Verzögerung zum Infektionszeitpunkt kommen. Sodass man zwangsläufig die Maßnahmen bereits dann ergreifen muss, wenn die Situation noch nicht so schlimm erscheint. Das macht es undankbar und frustrierend, dass man dieses Präventionsparadox vor sich herschiebt. Wenn es so arg ist, dass man offensichtlich reagieren muss, dann ist es schon zu spät. Reagiert man rechtzeitig, wirkt es so, als wäre es komplett überzogen. Deshalb möchte ich auch mit niemandem tauschen, der jetzt solche Entscheidungen treffen muss.

STANDARD: Mit welchen Verschwörungstheorien sind Sie am häufigsten konfrontiert?

Moder: Ich selbst werde fast gar nicht mit Verschwörungstheorien konfrontiert, weil ich diesen Diskussionen aus dem Weg gehe. Wenn es etwa um so einen Blödsinn wie Mikrochips und neue Weltordnung geht. Ergreift man solche Positionen, ist mit Evidenz und Diskutieren eh nichts mehr zu gewinnen. Wieso sollte so jemand etwas glauben, nur weil es ein paar Studien zeigen. Die sind ja eh alle gekauft und Teil der Verschwörung und so weiter. Da ist mir meine Zeit zu schade und meine innere Ruhe.

STANDARD: Die Verschwörungstheoretiker sind für Argumente verloren, da lohnt sich die Energie nicht?

Moder: Die können gerne untereinander ihren Spaß haben, und wahrscheinlich ist es vielen davon in ein paar Monaten eh wahnsinnig peinlich.

STANDARD: Wann springen Sie dann auf?

Moder: Ich fühle mich zuständig, wenn es legitime Sorgen gibt, die sich mit ausreichend Zeit gut einordnen lassen. Da geht es um Fragen wie Langzeitfolgen, um dieses Gerücht der Unfruchtbarkeit nach der Impfung oder dass Masken vergiften. Solche Sorgen sind verständlich, es gibt dazu aber gute wissenschaftliche Arbeiten, und man erreicht damit Leute, die für Argumente und empirische Belege zugänglich sind. Es gibt so gute Informationen und Studien, die oft aber nicht sehr verdaulich aufgearbeitet sind. Dann arbeite ich mich längere Zeit in die Literatur ein und überlege mir, wie ich das Thema am besten präsentieren kann.

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STANDARD: Sind Sie bereits geimpft?

Moder: Nein, leider, ich werde wahrscheinlich bei den Allerletzten sein. Ich habe keine Position, die das sinnvoll machen würde. Ich bin kein Lehrer, kein Vortragender und arbeite in keinem Krankenhaus, sondern bin ein normaler Selbstständiger, der die meiste Zeit von daheim arbeitet. Es wäre auch nicht fair. Trotzdem ist es frustrierend, dass ich noch so lange warten muss. Wahrscheinlich bin ich irgendwann im Laufe des Sommers an der Reihe. Meine Freundin hat an dem Tag nach der Zulassung des ersten Impfstoffes bereits die erste Spritze bekommen. Sie arbeitet aber als Ärztin fast jeden Tag mit Corona-Patienten im Krankenhaus, da macht das natürlich Sinn.

STANDARD: Und als ihr Freund kommen Sie auch nicht in den Genuss?

Moder: Nein, vielleicht bekomme ich durchs Schmusen ein paar Antikörper ab, aber auf viel mehr kann ich nicht hoffen.

STANDARD: Welche Rolle spielt die Tätigkeit Ihrer Freundin, die als Ärztin täglich mit Corona konfrontiert ist, in puncto Sensibilität für Ihre Arbeit?

Moder: Das spielt eine sehr große Rolle, weil ich mitbekomme, wie es den Leuten geht. Wenn ich mit ihr morgens am Frühstückstisch sitze und erzählt bekomme, wie viele in den letzten Tagen wieder an Covid-19 gestorben sind, wie das war, wie die Leute leiden und wie viele Patienten sich im Krankenhaus angesteckt haben, weil es die Situation nicht mehr erlaubt, die Leute sauber voneinander zu trennen. Und dann drehe ich abends Servus TV auf und bekomme dort erzählt, dass es nicht schlimmer sei als eine Grippe und es gar keine zweite Welle gibt. Da möchte ich am liebsten gewalttätig werden, wenn ich es rein emotional betrachte. Wenn ich von meiner Freundin geschildert bekomme, wie das ist, wenn man an einem Tag mehrere Familien anrufen muss, weil auf der Covid-Station wieder so viele verstorben sind. Es ist mitunter eine ihrer Aufgaben, diese Anrufe zu tätigen. Da entwickelt man einen anderen Zugang, als wenn man die Pandemie nur auf Facebook verfolgt.

STANDARD: Kommt das in der medialen Vermittlung der Pandemie zu kurz, dass vergleichsweise wenige Bilder vom Leid und Leiden in den Krankenhäusern gezeigt werden, die dokumentieren, wie es zugeht?

Moder: Ich weiß nicht, wie schnell man sich an solchen Bildern auch sattsieht. Aber ich finde es auch immer wieder beeindruckend, wenn man das sieht und sich denkt: Wie ist es möglich, dass es Leute gibt, die ernsthaft behaupten, das wäre nur ein gröberer Schnupfen. Anscheinend kann man sich sein Weltbild immer so zurechtbiegen, dass man fein raus ist mit seiner Position.

STANDARD: Die "Science Busters" laufen im ORF künftig am Mittwoch um 22 Uhr statt wie zuvor dienstags um 23 Uhr nach "Willkommen Österreich". Ihre Vorgängersendungen wie Peter Kliens "Gute Nacht Österreich" und "Wir sind Kaiser*in" haben an dem Sendeplatz mäßig funktioniert. Willkommen in der Todeszone, oder ist das doch eine Verbesserung, weil Sie früher zu sehen sind?

Moder: Mit so etwas kenne ich mich überhaupt nicht aus. Ich habe keine Ahnung von Sendeplätzen und Zuseherzahlen. Mir macht es Spaß, die Dinge aufzunehmen. Meine Vermutung ist, dass das meine Generation vor allem in der TVthek nachsehen wird – unabhängig von der Uhrzeit. Deswegen gibt es auch die großen Bemühungen um den ORF-Player im Internet. Aber wie gesagt, damit kenne ich mich nicht aus, und ich bin froh, dass sich andere Leute damit beschäftigen, damit ich mehr Zeit habe, Forschungsarbeiten zu lesen.

Drei "Science Busters": Kabarettist Martin Puntigam, Astronom Florian Freistetter und Molekularbiologe Martin Moder.
Foto: ORF/Regina Schöttel

STANDARD: Wann, glauben Sie, werden Sie wieder vor Publikum auf der Bühne stehen und es so etwas wie Normalität gibt?

Moder: Ich bin insgesamt sehr pessimistisch, was die nächsten paar Monate anbelangt, aber ich bin ziemlich optimistisch, was die Situation gegen Ende des Sommers betrifft. In Wirklichkeit geht es um viele Faktoren, die wir nicht alle beeinflussen können. Etwa darum, wie sich die neuen Mutanten verhalten werden, wie wirksam die Impfungen dagegen sind und wie viele Leute sich impfen lassen. Zumindest Letzteres lässt sich beeinflussen. So wie ich das einschätze, sind alle Impfstoffe so effektiv, dass es gelingen sollte, die drohende Überlastung der Krankenhäuser gut in den Griff zu bekommen. Wenn es uns endlich gelingt, in den nächsten Monaten ausreichend Impfstoff aufzutreiben und sich genug Leute impfen lassen.

STANDARD: Wie sehr vermissen Sie die Bühne und das Publikum?

Moder: Sehr. Diese Tätigkeit macht mir von allen Projekten am meisten Spaß: Wenn ich über Wissenschaft spreche und dreidimensionale Leute zuhören. Und nicht nur eine Webcam vor mir positioniert ist. Es fällt so viel leichter zu erkennen, was ankommt und verstanden wird, wenn man eine Reaktion sieht. Es ist auch ungewohnt, die Fernsehstaffeln vor einem leeren Saal aufzunehmen. Ich habe im Vergleich zu vielen anderen, die auf Bühnen arbeiten, aber einen großen Vorteil: Als jemand, der aus der Forschung kommt, bin ich es gewohnt, sehr lange zu sprechen, ohne dass ein einziger Mensch lacht. Bei den "Science Busters" muss ich mich erst daran gewöhnen. (Oliver Mark, 17.3.2021)